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|85|Jesus, der Israelit

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Die Menschlichkeit Jesu im Zusammenhang der paulinischen Christologie

Karl-Wilhelm Niebuhr

Mit der Titelformulierung für meinen Beitrag zum Thema dieser Tagung ist eine Zuspitzung des mir gestellten Themas verbunden und zugleich eine Eingrenzung. Im Rahmen der Vorträge zum Zweiten Artikel des Apostolikums sollte es um »Jesus Christus als Person der Trinität und als Mensch unter Menschen« gehen. Neben dem neutestamentlichen Beitrag stand der systematisch-theologische, der stärker die hermeneutischen Probleme im Blick auf das trinitarische Dogma und die Beziehung zwischen dem christlichem Glauben und dem Judentum artikuliert hat.[1] Die Zuspitzung meines Themas liegt im Fokus auf Jesus als Israelit, womit ein aus meiner Sicht konstitutiver Aspekt, wenn auch nicht das Ganze seines Menschseins erfasst wird.[2] Die Eingrenzung des Blickfeldes ist durch Konzentration auf die paulinische Christologie gegeben, die freilich wesentliche Grundlinien neutestamentlicher Christologie insgesamt zur Sprache bringt und in ihren biblisch-theologischen Zusammenhängen die Schriftbasis für die Christologie des Glaubensbekenntnisses bildet. Hinsichtlich der Zuweisung Jesu zum Volk Israel setzt Paulus dabei einen bisher zu wenig berücksichtigten Akzent.

|86|Mit solcher Fokussierung und Zuspitzung meines Themas möchte ich ein Strukturelement neutestamentlicher Christologie erfassen, das im Zuge der altkirchlichen Bekenntnisbildung weitgehend verloren gegangen ist: Jesus Christus als Mensch unter Menschen, das bedeutet im Horizont biblischer Theologie auch: Jesus, der geborene Jude, Jesus, der Messias aus Israel, Jesus, der Israelit. Während die Messianität Jesu und seine Gottessohnschaft im Zweiten Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses (ebenso wie in den übrigen ökumenischen Bekenntnissen) im Zusammenhang des trinitarischen Gottesverständnisses stark akzentuiert wurden, blieben Aussagen zum irdischen Leben und Wirken Jesu hier auf seine Geburt aus der Jungfrau Maria, seine Passion und seinen Tod am Kreuz unter Pontius Pilatus beschränkt. Dass sich dahinter die konkrete Lebens- und Leidensgeschichte eines Juden zur Zeit des Zweiten Tempels verbirgt, war zwar zu Lebzeiten Jesu und zur Zeit der Entstehung der neutestamentlichen Schriften noch selbstverständlich, wurde aber in der Rezeptionsgeschichte des Apostolikums immer weniger wahrgenommen. Der für ein gesamtbiblisches Verständnis der christlichen Glaubensüberlieferung theologisch zentrale Gedanke der Heilsoffenbarung Gottes in seinem Volk Israel wurde damit weitgehend ausgeblendet. Diese »Israel-Vergessenheit« der altkirchlichen Bekenntnisse[3] muss und kann m.E. mit Hilfe von Grundaussagen der paulinischen Theologie und Christologie biblisch-theologisch aufgebrochen werden.[4]

Ich werde dazu im Folgenden drei Argumentationszusammenhänge aus der paulinischen Theologie verfolgen: Zuerst werde ich biographische Implikationen des christologischen Grundbekenntnisses: |87|»Jesus [ist] Christus« benennen. Anschließend werde ich das paulinische Christusbekenntnis in den Rahmen des biblisch-jüdischen Gottesverständnisses einordnen. Schließlich werde ich zwei Grundaussagen paulinischer Christologie etwas näher beleuchten, in denen Paulus die Zugehörigkeit Jesu zu Israel und die Beziehung seines Dienstes auf das Geschick Israels explizit zur Sprache bringt. Während ich die beiden ersten Themen nur ganz knapp ansprechen kann, werde ich die beiden letzten etwas näher exegetisch entfalten.

Die Rede von Jesus Christus als Glaubensaussage

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