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3.3. König – Hirte – Zebaoth und Allmächtiger

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Wie die anderen Götter des Alten Orients und der klassischen Antike kann Jhwh im Alten Testament mit einer Vielzahl von Titeln angesprochen und unterschiedlichen Epitheta ausgeschmückt werden. Insbesondere die Psalmen als an Jhwh gerichtete Bitt-, Dank-, Lob- und Klagegebete weisen hierin einen großen Reichtum auf. Dabei besitzt jedes Epitheton eine eigene religionsgeschichtliche Herkunft, einen spezifischen soziokulturellen und literarischen Verwendungszusammenhang sowie eine eigene Funktion im Blick auf den so titulierten Gott, dem damit auch jeweils eine bestimmte Rolle zugewiesen wird. Dabei können sich einzelne Epitheta motivisch mit anderen überschneiden und je nach Kontext in ihrem Bildgehalt und in ihrer Funktion variieren. Im Neuen Testament begegnen eine Reihe der wichtigsten Jhwh-Epitheta wieder (Zimmermann 2007), sei es zur Bezeichnung des Gottes Israels, woraus sich dann Aspekte der besonderen Korrelierung Jesu zu diesem ablesen lassen, sei es als Anrede Jesu selbst, wodurch dieser wie im Fall des Kyrios-Titels als Erbe Jhwhs erscheint und woraus sich ein bestimmtes christologisches Verständnis erheben lässt.

3.3.1. Die Bezeichnung Jhwhs als König (Ps 98,6; Jes 6,5; Jer 46,18) wurzelt religionsgeschichtlich im syrisch-kanaanäischen Polytheismus. Sie setzt ein Pantheon voraus, über das der als König bezeichnete Gott herrscht. In der Jhwh-Verehrung taucht die Bezeichnung Jhwhs als König im Lauf des 1. Jahrtausend v. Chr. auf und spiegelt vor allem eine Übertragung von Elementen aus der Baal-Verehrung |26|sowie eine Aufnahme solarer Motive (»Solarisierung Jhwhs«) wider. Zum Kontext der Bezeichnung Jhwhs als König gehören die Beschreibung der himmlischen Herrschaft über die »Göttersöhne« (benê hāʼælohîm, Hi 1,6; vgl. Ps 82,1.6; 97,9), die Beschreibung des himmlischen Throns (Jes 6,1; Ps 47,3–9; 93,1f.), die Vorstellung von Jhwhs königlichem Handeln im Himmel und auf der Erde (Ps 103,19) sowie die in eschatologischen Entwürfen des Alten Testaments und nicht kanonischen frühjüdischen Apokalypsen breit entfaltete Vorstellung von der kommenden Königsherrschaft Gottes (s.u. 4.6.).

In theologischer Hinsicht erfüllt die Bezeichnung Jhwhs als König eine doppelte Funktion: Zum einen lassen sich mithilfe des Königstitels auch ursprünglich nichtjahwistische Gottesvorstellungen in die Jhwh-Verehrung einbetten. Jhwh erscheint demnach weniger als König über Israel als vielmehr als König über die ägyptischen, assyrischen, babylonischen, phönizischen oder syrischen Götter, die in seinen himmlischen Hofstaat eingegliedert und ihm so untergeordnet werden (vgl. Ps 29). Zum anderen wird, wie im Fall des Titels »Herr«, jede menschliche Herrschaft durch die Bezeichnung Jhwhs als König relativiert (vgl. Ps 82; 146). Letzteres wird in der vor allem in jüdischen Texten aus hellenistischer Zeit verwendeten superlativischen Bezeichnung Jhwhs als »König aller Könige« unterstrichen (Sir 51,12n [HB]; vgl. DtnLXX 9,26; EstLXX 14,12) und in der neutestamentlichen Rezeption fortgesetzt (1Tim 6,15; Apk 17,14).

3.3.2. Religionsgeschichtlich eng verwandt mit der Bezeichnung Jhwhs als König ist seine Anrede als Hirte. Die Titulierung eines Gottes als Hirten findet sich in zahlreichen antiken und altorientalischen Religionen und umfasst die Aspekte einer macht- und kraftvollen Herrschaft einerseits und einer gütigen, verantwortlichen Herrschaftsausübung andererseits. Als solche begegnet die Hirtenmetapher sowohl in Bezug auf Gott als auch auf den König. Die alttestamentliche Benennung Jhwhs als Hirten basiert auf dieser altorientalischen Vorstellung. Dabei kann Jhwh als Hirte des einzelnen Beters (Ps 23,1) und als Hirte des ganzen Volkes Israel (Gen 49,24; Ps 80,2) bezeichnet werden.

In Kombination mit der Wiedergabe des Tetragramms mit |27|κύριος bildet die Bezeichnung Jhwhs als Hirten einen wichtigen literarischen und motivischen Hintergrund für neutestamentliche Beschreibungen und Deutungen des Lebens Jesu (vgl. Mk 14,27 [als Zitat aus Sach 13,7]; Joh 10,11; Hebr 13,20).

3.3.3. Noch nicht im Neuen Testament, wohl aber seit der Alten Kirche finden sich inschriftliche, literarische oder ikonographische Belege für die Anwendung der Jhwh-Epitheta Zebaoth und Allmächtiger auf Jesus Christus. Mit Zebaoth liegt ein genuin hebräisches Jhwh-Epitheton vor, während der Titel »Allmächtiger« eine erst durch die Septuaginta in die Geschichte der Jhwh-Religion eingeführte Gottesbezeichnung ist. So hat die Septuaginta mit dem Wort παντοκράτωρ/pantokratōr/Allherrscher, das in der lateinischen Bibel als omnipotens und bei Martin Luther durchgehend als Allmächtiger erscheint, die hebräischen Begriffe eʼôt und ʼel šaddaj übersetzt (Witte 2011: 229–243).

Bei Zebaoth handelt es sich vor allem um einen kriegerisch konnotierten Titel, der für »Jhwh, den Gott der Heerscharen« steht. Er bezeichnet Jhwh als den vor dem Heer (hebr. ṣābāʼ) Israels herziehenden Kriegsgott (1Sam 17,45), als den Anführer der kosmischen Heerscharen/der Sterne (Jes 45,12; Neh 9,6), als den Herrn des himmlischen Hofstaates/der Engel (Jes 45,12; Ps 89,7–9; 103,21; 1QHa XI,22) oder als das Haupt aller irdischen und himmlischen Wesen (Gen 2,1). Die Septuaginta hat die Gottesbezeichnung Jhwh Zebaoth mit κύριος παντοκράτωρ/pantokratōr/der Herr, der Allmächtige übertragen und damit einen Grundstein für die Identifikation mit Jesus Christus gelegt, wie sie Martin Luther (1529) unter Verwendung von Ps 46 in dem Lied »Ein feste Burg ist unser Gott« (EG 362,2) explizit oder Georg Weisel (1623/1642) in der Nachdichtung von Ps 24 in dem Lied »Macht hoch die Tür« (EG 1) implizit vollziehen.

Über die Verwendung in der Übersetzung der Hebräischen Bibel hinaus findet sich die Bezeichnung παντοκράτωρ konzentriert im jüdisch-hellenistischen Schrifttum. In allen Fällen steht »παντοκράτωρ« für die umfassende Herrschermacht Gottes, die sich in seinem Wirken als Schöpfer, Richter und kriegerischem Beschützer artikuliert. Insgesamt fließen in der jüdischen Prägung |28|des παντοκράτωρ-Titels mehrere Komponenten zusammen: erstens Vorstellungen von der Herrschermacht der Götter, wie sie in der altorientalischen Welt vom 3. Jahrtausend v. Chr. bis in die römische Zeit nachweisbar sind, zweitens die Rezeption griechischer Terminologie, drittens die Auseinandersetzung mit dem in hellenistischer Zeit, vor allem in Ägypten auftretenden Phänomen der Zuschreibung umfassender Kompetenzen an einzelne Allgottheiten wie Zeus, Isis oder Sarapis, und viertens Reaktionen des hellenistischen Judentums auf die universalen Herrschaftsansprüche zunächst Alexanders des Großen (356–323 v. Chr.), sodann der sich etablierenden Reiche der Diadochen und schließlich des Imperium Romanum (Witte 2011). In römischer Zeit kann der Titel παντοκράτωρ im Judentum und im Christentum zudem als kritischer Reflex auf den im Herrscherkult wichtigen Begriff αὐτοκράτωρ/autokratōr/Alleinherrscher gedient haben (Zimmermann 2007: 238–240). Im frühen Christentum markiert »παντοκράτωρ« in seiner Anwendung auf Jesus Christus die diesem zugeschriebene universale Herrschaft und Frontstellung gegen pagane Götter (Zeus, Isis, Sarapis u.a.), die diesen Titel tragen, und gegen den römischen Kaiser.

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