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3.5. »Ich-bin-Worte«
ОглавлениеEine prägnante Zusammenfassung des alttestamentlichen Gottesverständnisses bietet die im Alten Testament über zweihundert Mal belegte Selbstvorstellungsformel ʼanî jhwh/ἐγὼ κύριος/egō kyrios/Ich bin Jhwh/der Herr (vgl. Ex 6,2). So konvergieren in dieser Formel, die in ihrer grammatischen Struktur auch in den Religionen des Alten Orients und der klassischen Antike die Offenbarungsrede oder Epiphanie einer Gottheit eröffnen kann, auf |31|der Ebene der Endgestalt des Alten Testaments die genannten Gottesbezeichnungen und Epitheta. Erweitert um einzelne Aussagen wie »der Gott Abrahams« (Gen 28,13; vgl. Mt 22,32), »der dich herausführt (aus Ägypten)« (Ex 6,6f.), »dein Erschaffer« (Jes 43,1), »dein Heiland und dein Erlöser« (Jes 49,26) oder »der Erste und der Letzte« (Jes 48,12, vgl. Apk 1,17) konkretisiert sich in diesen »Ich-bin-Worten« das grundlegende personale, auf Beziehung angelegte Gottesverständnis des Alten Testaments. In Jesu »ich bin’s« (Mk 13,6; Mt 14,27; vgl. Jes 41,4) und zumal in den johanneischen Offenbarungsreden (vgl. Joh 6,48; 10,7; 14,6) wird dieses Gotteseverständnis christologisch erweitert. In Jesu ἐγώ εἰμι (egō eimi/ich bin’s) wird das spätdeuteronomistische ʼanî hû᾽ (Dtn 32,39) aufgegriffen und fokussiert: In Jesus Christus zeigt sich namentlich das Wesen Jhwhs schlechthin. Dieses Phänomen hat in der christlichen Rezeptionsgeschichte eine breite Spur hinterlassen, wenn zahlreiche Epitheta Jhwhs auf Jesus Christus übertragen und gemäß der unter Punkt 2 beschriebenen christologischen Auslegung des Alten Testaments rückschauend im alttestamentlichen Heiland/Retter (hebr. môšîaʽ, griech. oft σωτήρ/sōtēr) oder Erlöser (hebr. goʼel, im Griech. mit wechselnden Wörtern übersetzt) Jesus Christus erblickt werden konnte. Georg Friedrich Händels Oratorium »Der Messias« (1741/1742) mit der Identifikation von Hiobs Erlöser (goʼel, Hi 19,25) mit Jesus Christus ist hier nur ein Beispiel (Sopran-Arie, Nr. 40, gefolgt vom Chorstück, Nr. 41, über 1Kor 15,21f.)