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Jesus Christus im Spiegel des Alten Testaments 1. Grund, Ort und Ziel der alttestamentlichen Thematisierung von Jesus Christus

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Die Frage nach Jesus Christus bedingt eine Darstellung der Theologie des Alten Testaments bzw. der in diesem vereinigten vielfältigen Theologien – und dies in dreifacher Hinsicht: erstens, weil die neutestamentlichen Autoren das als letztgültige Offenbarung Gottes geglaubte Leben, Sterben und Auferstehen Jesu im Licht dieser Schriften, die erst mit der Entstehung einer neutestamentlichen Schriftensammlung im Raum der Kirche zum Alten Testament wurden, verstanden und mithilfe alttestamentlicher Bilder, Motive und Vorstellungskomplexe gedeutet haben; zweitens, weil Jesus selbst die später unter dem Namen »Altes Testament« versammelten heiligen Schriften Israels gelesen und interpretiert hat; drittens, weil die Theologie des Alten Testaments das Reden von Gott in den alttestamentlichen Schriften vor dem Hintergrund ihrer geschichtlichen Kontexte reflektiert und im Kontext christlicher Theologie auf die Rede von Gott im Neuen Testament bezieht. Denn das Neue Testament lebt aus der religiösen Sprach- und Denkwelt des Alten Testaments und stellt literaturgeschichtlich eine Fortschreibung desselben dar. Für die neutestamentlichen Verfasser ist der sich in Jesus selbst erschließende Gott identisch mit dem im Alten Testament bezeugten Gott und Jesus die zentrale im Alten Testament erwartete endzeitliche Heilsfigur, der spätestens von den neutestamentlichen Autoren der auch im zeitgenössischen Judentum für eine endzeitliche Heils- und Rettergestalt gebrauchte Titel |14|»Messias/Christus« verliehen wurde. Schließlich versteht sich das frühe Christentum unter Aufnahme der im Alten Testament gesammelten heiligen Schriften des antiken Judentums in Kontinuität und Diskontinuität zum alttestamentlichen Israel als das (neue) Volk Gottes. Wenn aber Jesus Christus als die letztgültige Offenbarung dieses Gottes verstanden wird, dann wird im Horizont christlicher Theologie die Darstellung der Rede von Gott im Alten Testament letztlich zu einem Teil der Christologie (vgl. Gese 1974a: 30).

Der Schriftgebrauch Jesu und der neutestamentlichen Autoren gehört stärker in den Bereich der Auslegungsgeschichte des Alten Testaments und fällt wesentlich in das Gebiet der neutestamentlichen Wissenschaft und der Kirchengeschichte. Die Verhältnisbestimmung der Rede von Gott im Alten und im Neuen Testament ist hingegen genuin ein Teil der Theologie des Alten Testaments im Sinn einer religionsgeschichtlich gestützten Klassifikation der im Alten Testament artikulierten Gotteserfahrungen, einschließlich deren Fokussierung auf im Neuen Testament auf Jesus Christus bezogene Texte, sowie ein Teil biblischer Theologie im Sinn des Versuchs, anthropologische und theologische Basisthemen beider Testamente hinsichtlich ihrer geschichtlichen und sachlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu betrachten.

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