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|19|I.1.B Kosmos und Universum:
Universum, Raum, Unendlichkeit

Angelika Bönker-Vallon

1. Anfänge der Unendlichkeitsspekulationen bei Nicolaus Cusanus und Giordano Bruno

Die mittelalterliche Synthese von Schöpfungslehre und Naturphilosophie (→ II.1, Abschn. 2.2) entlehnt den Naturbegriff von Aristoteles, wobei aber nicht mehr angenommen wird, dass die Naturen der Dinge seit jeher bestehen: Der Schöpfer aller Dinge ist zugleich auch Urheber aller Naturen. Wie bei Aristoteles ist die Welt ein begrenzter Ort, zu dem es kein Außerhalb gibt. Anders als bei Aristoteles ist sie nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich begrenzt. Schon beim spätantiken Aurelius Augustinus (354–430) gilt: Mit dem Himmel hat Gott auch die Zeit erschaffen und er wird sie am Jüngsten Tag aufhören lassen. Wie es kein Außerhalb gibt, gibt es auch kein Zuvor und Danach (vgl. Augustinus, Confessiones XI). Bildlich vorgestellt ist die geschöpflich-endliche Welt ‚umfangen‘ vom unsichtbaren coelum empyreum als dem theologisch angenommenen ‚Wohnort‘ Gottes und seines ‚himmlischen Hofstaats‘, wobei eine kosmologische Notwendigkeit und Funktion des coelum empyreum in Hinblick auf die von Aristoteles entwickelten Vorgaben der Naturphilosophie umstritten ist (vgl. Grant 1996: 374ff.). Jenseits von Raum und Zeit ‚steht‘ zuletzt die Ewigkeit, und die aus der zeitlichen Schöpfung Auserwählten haben an ihr teil. Demgegenüber bringt die Frühe Neuzeit einen Umbruch des Naturverständnisses mit sich, der sich im Übergang von einem geschlossenen Weltbild zu einem offenen und unendlichen Universum artikuliert (→ II.4).

Nicolaus Cusanus (= Nikolaus von Kues, 1401–1464) gilt als einer der frühesten und einflussreichsten Vertreter der neuzeitlichen Einheits- und Unendlichkeitsspekulation. Er unterscheidet zwischen der absoluten unendlichen Einheit Gottes und der kontrakten Einheit bzw. Unendlichkeit des Universums. In Gott sind nach Cusanus’ Lehre alle Gegensätze als schlechthinnige Einheit und absolutes Sein aufgehoben (lat. coincidentia oppositorum) und jede Seinsmöglichkeit ist immer schon Wirklichkeit (De docta ignorantia I 4, §§ 11f.; Trialogus de possest § 9). Das unendliche Universum hingegen umfasst alles, was sein kann, im Modus der Einschränkung, d.h. in der Bestimmung zu einem Etwas. Vor diesem Hintergrund entfaltet der von Cusanus entwickelte, an der Unendlichkeitsspekulation orientierte Begriff der Natur seine Bedeutung. Das unendliche All geht „gleichsam nach der Ordnung der Natur“ (lat. quasi ordine |20|naturae) allem „als das Vollendetste“ (lat. ut perfectissmum) (De docta ignorantia: II 5, § 117) voran, so dass sich die Unendlichkeit des Universums in der jeweiligen kontrahierten Seinsweise der Einzelseienden manifestiert. (Vgl. Miller 2017.)

Giordano Bruno (1548–1600) setzt den cusanischen Ansatz des Einheits- und Unendlichkeitsdenkens konsequent fort. Dabei finden nicht nur das vorsokratische Einheitsdenken und der antike Atomismus Eingang in sein Denken, sondern auch Lehrstücke des Hermetismus[7] und der jüdischen Schöpfungslehre. Von zentraler Bedeutung ist für Bruno die Bekämpfung des Aristotelismus sowie jedes geschlossenen Weltbildes. In radikaler Ausweitung des von Kopernikus gegen den Geozentrismus der Tradition rehabilitierten heliozentrischen Weltbildes versteht Bruno das Universum als durchweg homogenen unendlichen ‚Kugelraum‘, in dem sich unzählig viele feurige und wässrige Weltkörper befinden.

Brunos Verständnis von Natur (ital. natura) ist nicht von der Wirkweise der Weltseele (ital. anima del mondo) zu trennen. Die Weltseele erleuchtet nicht nur das Weltall, sondern sie unterweist auch die Natur, die Arten so hervorzubringen, wie sie sein sollen. Die Natur wird somit grundsätzlich zum Ausdruck der grenzenlos produktiven Vernunft der Weltseele, welche alle nur erdenklichen Formen hervorbringt und das gesamte Universum zu einem lebenden Organismus eint. In der Folge entsteht ein ‚animistischer‘ oder ‚vitalistischer‘ Naturbegriff, der wesentliche Züge von Selbstorganisation und Selbsterhaltung (ital. conservazione) aufweist (De la causa, principio et uno 159ff.; De l’infinito, universo et mondi 115).

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