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4. Naturphilosophie als Allgemeinste Naturwissenschaft

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Wieder zu Ehren gekommen ist der Name ‚Naturphilosophie‘ v.a. durch Wilhelm Ostwald (1853–1932). In seinen Vorlesungen über Naturphilosophie (1902: 1–13) hebt auch er den negativen Einfluss Schellings hervor, hält jedoch die Konsequenz, wegen der Gefahren der spekulativen Naturphilosophie eine „antiphilosophische“ Haltung einzunehmen, für falsch. Naturforscher würden vielmehr im Laufe ihrer Arbeit notwendig auf die gleichen Fragen stoßen wie Philosophen. Im Unterschied zum romantischen Ansatz folgt jedoch die neue „Philosophie eines Naturforschers“ nicht mehr dem Anspruch, ein geschlossenes System aufzubauen. Wie Schleiden betont auch Ostwald, Naturphilosophie müsse sich am Beispiel der Naturwissenschaften orientieren und Wissen in langsamem Fortschreiten und gemeinsamer Arbeit festigen. Dabei kann die Übereinstimmung von Denken und Welt nicht vorausgesetzt werden; erst die Beeinflussung des geistigen Lebens durch die äußeren Dinge führt zu Übereinstimmung. Nicht aus dem Denken ist Erfahrung abzuleiten, sondern aus der Erfahrung das Denken. Naturphilosophie ist so eine Zusammenfassung der erkannten allgemeinen Verhältnisse der Natur aus geprüftem Material. Der später von Karl R. Popper (1902–1994) betonten Tatsache, dass scheinbar neutrale Beobachtungen von |61|theoretischen Vorannahmen infiltriert sind (Popper [1935] 1994: 75), begegnet Ostwald durch ein Bild, das die Vorläufigkeit allen Wissens und den ‚schwankenden Boden‘ jeder Theorie zum Ausdruck bringen soll: Wie bei der Überquerung eines Sumpfes entsteht wissenschaftlicher Fortschritt über vorläufige und zu verbessernde Hilfskonstruktionen. Naturphilosophie und Naturwissenschaft verbindet der Verzicht auf absolute Gewissheit und die Beschränkung auf nützliche Erklärungen. Der zu erreichende Grad an Wahrscheinlichkeit ist allerdings in der Philosophie stets geringer als in der Naturwissenschaft.

Im Grundriß der Naturphilosophie (1908: 9–18) erweitert Ostwald dieses Konzept. Man darf demnach auf bleibende Ergebnisse der neuen Naturphilosophie hoffen, weil diese auf „breitester erfahrungsmäßiger Unterlage“ aufbaut, während die alte „bald in uferlose Spekulation endete“. Das bisherige Systemanliegen sei damit in ein Methodenanliegen transformiert. Erfolgreiche Philosophie übernimmt die wissenschaftliche Methode, „welche ihre Probleme aus der Erfahrung und für die Erfahrung nimmt und zu lösen versucht.“ Jede Wissenschaft zielt auf Verallgemeinerung; Naturphilosophie ergänzt wissenschaftliche Ansätze durch noch allgemeinere Zusammenfassungen und ist so allgemeinster Teil der Naturwissenschaft. Die Grenze zwischen Naturwissenschaft und Naturphilosophie verschwimmt damit zwar, doch das Fehlen eindeutiger Abgrenzung ist unproblematisch, weil Abgrenzungen lediglich denkökonomische Akzentuierungen sind, um die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen ordnend zu beherrschen. Ebenso ist die Vorläufigkeit des Wissens unproblematisch und kein Argument gegen dessen Wirksamkeit, denn das Wissen schreite fort – allerdings nicht in einer linearen Kette der Akkumulation, sondern nach Art eines „Netzes“ von Beziehungen, die die größten und umfassendsten Geister der Menschheit miteinander verbinden. Der Inhalt des Wissens nimmt zu und die Form seiner Darstellung und Zusammenfassung ändert sich. Insbesondere die Darstellung der Wissenschaft ist geprägt durch den „naturphilosophischen Bestandteil“.

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