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2. ‚Kampf‘ gegen die Naturphilosophie

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Damit ist nicht nur eine Abgrenzung der Philosophie der Natur von der Philosophie des Wissens vollzogen, sondern auch eine deutliche Grenze zur Naturwissenschaft markiert. Diese Naturphilosophie hatte zwar wegen ihrer Öffnung gegenüber naturwissenschaftlichen Themen und der Betonung der Selbständigkeit der Natur einige Anhänger, die meisten Naturwissenschaftler jedoch blieben von Anfang an skeptisch oder haben sie nach anfänglicher Euphorie vehement abgelehnt.

Für Hermann von Helmholtz (1821–1894) hat diese Naturphilosophie dazu geführt, dass die Naturforscher ihre Arbeit von philosophischen Einflüssen frei halten wollten (Helmholtz [1862] 1968: 8f.). Viele verdammten „alle Philosophie nicht nur als unnütz, sondern selbst als schädliche Träumerei“. Auch Helmholtz, der auffordert, die Natur gewissenhaft zu erforschen, lehnt den „kühnen Icarusflug der Speculation“ ab. Diese Kritik an der Naturphilosophie betrifft v.a. deren spekulative, assoziative und empirieferne Tendenz. Auch wenn es gemäßigte Stimmen gibt, etwa Carl G. Carus (1789–1869), der überzeugt ist, dass Beobachtung und Spekulation nicht getrennt werden können (Carus [1822] 1986: 14f.), oder Ernst Haeckel (1834–1919), |59|der die Bedeutung naturphilosophischer Vorannahmen für die Naturwissenschaft betont (Haeckel [1877] 1924: 144f.), so ist doch die Ablehnung der Naturphilosophie vorherrschend (vgl. Schlüter 1985). Emil Du Bois-Reymond (1818–1896) etwa grenzt die Tugenden des Experimentators und Beobachters gegen die „unter dem Namen der Naturphilosophie bekannte Verirrung der deutschen Wissenschaft“ ab (Du Bois-Reymond [1890] 1912: 421) und Rudolf Virchow (1821–1902) kritisiert deren „labyrinthische […] Ideengänge“, „kunstvolle Phraseologie“ sowie das „Dunkle und Unverstandene“ in ihr (Virchow 1893: 20).

Die Frontlinien dieses Kampfes gegen die Naturphilosophie, v.a. aber die herrschende Unversöhnlichkeit, demonstriert der Angriff von Matthias J. Schleiden (1804–1881). Bei ihm werden wesentliche Aspekte und Vorgaben aller späteren Konfliktlinien und Abgrenzungen erkennbar, wenn er zwei methodische Ansätze unterscheidet (Schleiden [1844] 1988: 18–22): Die Naturphilosophie nach Art von Schelling folge der dogmatischen Methode und tue so, als ob sie schon alles wisse. Von ihren Schülern verlange sie keinen anderen Grund zur Annahme von Überlegungen, als eben das Wort des Lehrers. Die Naturwissenschaft hingegen folge der kritischen Methode der Induktion und bescheide sich, noch wenig zu wissen. Die Schüler sollen im eignen Geiste und in der Natur nach Antworten suchen. Die Naturwissenschaft strebt nach Gewissheit und garantiert neben der Freiheit des Forschens einen kontinuierlichen Fortschritt. Schleiden ist überzeugt: Würden alle Wissenschaftler diesem Ansatz folgen, wären keine revolutionären Brüche mehr zu befürchten; alle wissenschaftliche Entwicklung würde sich in friedliche Reformen verwandeln, bei denen bisherige Bestände erhalten blieben. Die angeblich vollendeten Wissenssysteme der Naturphilosophie würde man zwar einbüßen, dafür aber einen kontinuierlich wachsenden Bestand überprüfbaren Wissens gewinnen.

Da es insb. in der Biologie keinen Konsens über Aufgaben und Methoden gibt, droht v.a. ihr ein naturphilosophischer Dogmatismus. Deshalb nimmt in ihr die Auseinandersetzung den Zug eines unversöhnlichen „Kampfes“ an. Diesen kann man nur gewinnen, wenn „diejenigen, die den richtigen Gesichtspunkt einmal erfasst haben, fest zusammenhalten und sich mit allem Ernst den lästig sich aufdrängenden dogmatisirenden Träumereien widersetzen“ (ebd.: 21). Ein Sieg ist erst „mit der völligen Vernichtung und Ueberwindung“ derjenigen Positionen erreicht, die „dem Dogmatisiren in Philosophie und Naturwissenschaft“ (ebd.: 22) das Wort reden.

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