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4. Grenzen der Mathematisierung

Zu objektiver Naturerkenntnis mit unumstößlicher („apodiktischer“) Gewissheit ist nach Kant jedoch nur die „eigentliche“ Naturwissenschaft in der Lage, und d.h. für ihn: die mathematische Physik. Alle anderen empirischen (Natur-)Wissenschaften, von der Chemie und der Biologie über die physische Geographie bis hin zur empirischen Anthropologie und Psychologie, haben für ihn nur den Charakter einer „uneigentlichen“ Naturwissenschaft oder einer „historischen“ Naturlehre, die ihre Gegenstände nur empirisch klassifiziert, anstatt sie mathematisch zu durchdringen.

4.1 Kant und die Biologie

Insbesondere ist Kant für das Diktum berühmt, es werde nie einen Newton des Grashalms geben (Kant 1790/1793; aber auch schon: Kant 1755). Nach der Kritik der Urteilskraft kann die Struktur von Organismen nur nach teleologischen Prinzipien beurteilt werden, die nicht zur objektiven Erkenntnis der Entstehung und der Funktionsweise von Organismen führen: In einem Organismus sind die Teile, d.h. die Organe, untereinander und mit dem Ganzen, dem Lebewesen, so verbunden, dass die Struktur des Ganzen als zweckmäßig erscheint. Dabei leistet es ein teleologisches Urteil nach Kant nur, diese Struktur so zu beurteilen, als ob sie auf Zweckmäßigkeit angelegt sei. Diese teleologischen Urteile sind aber vereinbar damit, die Funktionsweise einzelner Organe, wie etwa der Muskeln, die zur Beugung eines Gelenks führen, kausal und mechanistisch zu erklären. Die kausalen Mechanismen, nach denen die einzelnen Organe arbeiten, sind dabei den telelogischen Prinzipien unterstellt, die im Organismus insgesamt am Werk sind; letztere sind der kausalen Erklärung entzogen. Damit zählt die Biologie für Kant nicht zur „eigentlichen“ Naturwissenschaft. Dies verbindet er mit der Auffassung, dass es den Newton des Grashalms nie geben wird, weil sich die Struktur von Lebewesen nicht nach dem Vorbild der Physik erklären lässt.

4.2 Ausblick

Was Naturphilosophie heißt, ist also von Descartes bis Kant primär auf die Möglichkeiten mathematischer Naturerkenntnis ausgerichtet. Kants Theorie der Biologie markiert hierfür die Grenzen dieses Denkens in seiner Zeit und zielt darauf, es durch |40|nicht-mechanistische Konzepte zu überwinden. Kant arbeitete in seinen späten Jahren in diese Richtung weiter, wie sein opus postumum zeigt. Dagegen ist die Mathematisierung der Biologie heute viel weiter fortgeschritten, als Kant es sich vorstellen konnte.

Im nachkantischen deutschen Idealismus entwickeln dann Friedrich W.J. Schelling (1775–1854) und Georg W.F. Hegel (1770–1831) Ansätze zu einer nicht-mechanistischen und nicht-reduktionistischen Naturphilosophie, nach der die Natur einen Stufenbau von zunehmend komplexen Organisationformen bildet. Unbelebte Strukturen sind darin die Vorstufen des Lebens, und die belebte Natur stellt eine Vorstufe und Voraussetzung des Geistes dar. Schelling konzipiert die Übergänge zwischen diesen Stufen durchaus im Sinne einer biologischen Evolution (Schelling 1799). Hegel dagegen betrachtet die Natur als das „Andere der Idee“, wobei Natur und Geist nach ihm nur in einer logischen Beziehung stehen (Hegel 1830). Die spekulativen naturphilosophischen Ansätze beider Denker richten sich gegen das zeitgenössische mechanistische Weltbild der Physik und wurden im Verlauf des 19. Jhs. zum Gegenstand scharfer empiristischer Kritik (→ I.6).

Naturphilosophie

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