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6. Naturphilosophie als Optimierung der Naturwissenschaft

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Eine praktisch-methodische Variante dieser theoretisch-logischen Überlegung liefert Hugo Dingler (1881–1954) in seinen Grundlagen der Naturphilosophie (1913). Auch er setzt auf die Leitfunktion der exakten Naturwissenschaften; sie sind das Vorbild, an dem sich lebenspraktische Erkenntnis zu orientieren hat. Auch die auf dieser Basis konzipierte Naturphilosophie verbleibt in den Grenzen der Naturwissenschaft. In Dinglers Geschichte der Naturphilosophie (1932: 1) heißt es: „Vom streng systematischen Gesichtspunkt aus gibt es kein besonderes Gebiet, das als Naturphilosophie betrachtet werden müßte. Denn alle strengen philosophischen Aussagen müssen, ebenso wie alle strengen wissenschaftlichen Aussagen überhaupt, dem Gesamtsystem der rationalen Erkenntnisse angehören“. Dinglers Programm stimmt insofern mit dem Neopositivismus überein, als alle Erkenntnis schließlich auf Logik reduziert werden soll. Es weicht jedoch von der Methodologie der Neopositivisten insofern ab, als Naturphilosophie nicht mehr bloß Sprachphilosophie ist. Sie hat nun die Aufgabe, bestehende Praxen der Naturwissenschaften von zwei Standpunkten aus zu analysieren und zu |63|optimieren: In „allozentrischer“ Weise betrachtet sie die Naturwissenschaft aus einer Außenperspektive, wie diese ihren Gegenstand, um so die typischen Vollzüge exakter wissenschaftlicher Arbeit zu erfassen. In „egozentrischer“ Position wird eine Innenperspektive ergänzt, indem sich der Naturphilosoph die Frage stellt, wie er selbst vorginge, hätte er exakt zu arbeiten. Naturphilosophie ist so gleichermaßen erklärende Erkenntnistheorie wie Heuristik der Naturwissenschaften.

Diese Optimierung erfordert eine intensive Wechselbeziehung: Die exakten Anteile der Naturwissenschaft dienen als Modell und Prüfstein des Optimierungsverfahrens. Die Naturphilosophie fungiert als Korrektiv und Motor des Entwicklungsprozesses. Diese zirkuläre Wechselbeziehung ist die treibende Kraft des Fortschritts der Wissenschaft vom experimentellen zum theoretischen Stadium. Aus einem anfänglichen Sammelsurium von Beobachtungen entsteht ein System wissenschaftlichen Wissens. Die Beseitigung nicht-logischer Anteile deutet Dingler in Analogie zur Evolution: In der Methode des blinden Versuchs werden bestimmte Fundamentalaussagen als Basis des Wissenssystems angenommen; sie müssen lediglich alle bekannten Beobachtungsdaten erklären können; über die Methode der Kritik erfolgt dann die Selektion mit dem Ziel, ein kohärentes Wissenssystem zu erzeugen.

Naturphilosophie

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