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Maria 2.0 bis zum Synodalen Weg – ein Hoffnungsschimmer?
ОглавлениеEine neue Reichweite, um die Anliegen der Frauen stark zu machen, hat die Initiative Maria 2.0 erreicht, aus der, zunächst initiiert von Frauen in Münster, eine bundesweite Reform- und Protestbewegung hervorgegangen ist, die auch außerhalb des kirchlichen Raumes ein großes Medienecho erfährt. Das Besondere an dieser Bewegung ist, dass ihr Anstoß nicht aus der „organisierten Katholikenschaft“ erfolgte und dass sich Maria 2.0 zahlreiche Frauen (und unterstützende Männer) angeschlossen haben, die bis dato ihren Status in der Kirche still akzeptiert hatten. Vielen Frauen hat die Initiative den Mut gegeben, ihr Schweigen zu brechen, sich bestehenden engagierten Netzwerken anzuschließen – und mit neuer Hoffnung auf Veränderung bewusst in ihrer Kirche zu bleiben. Auslöser für Maria 2.0 und sicherlich der Grund für die breite Beteiligung waren die seit 2010 auch in Deutschland bekannt gewordenen Missbrauchsfälle und ihre zögerliche Aufarbeitung. So wird in der offenen Petition von Maria 2.0 an Papst Franziskus zuerst eine vorbehaltlose Aufklärung der Missbrauchsfälle und uneingeschränkte Kooperation mit den staatlichen Instanzen bei der Weiterverfolgung gefordert. Eng mit der Forderung nach einem Ende der Vertuschung verknüpft ist der Wunsch, die männerbündischen Strukturen in der Kirche aufzubrechen, in der einer der begünstigenden Faktoren für die mangelhafte Aufarbeitung der Missbrauchsfälle gesehen wird. So war die sogenannte MHG-Studie (vgl. Dreßing et al.), welche die deutschen Bischöfe in Auftrag gegeben hatten, ein wesentlicher Schritt, jedoch müssen ihre Einschränkungen ebenso berücksichtigt werden wie später das unterschiedliche Vorgehen einzelner Diözesen mit selbst in Auftrag gegebenen Einzelgutachten. Weitere Forderungen des Schreibens von Maria 2.0 an den Papst, das über 42.000 Menschen unterzeichnet haben, betreffen neben dem Zugang für Frauen zu allen Ämtern die Abschaffung des Pflichtzölibats sowie die stärkere Ausrichtung der kirchlichen Sexualmoral an den Lebenswirklichkeiten der Gläubigen, ein Aspekt, der bereits in den Fragebögen von den deutschen Gemeinden und Verbänden zur Familiensynode 2015 als zentral adressiert worden war. Im Mai 2019 hatte die Initiative zu einer Aktionswoche aufgerufen, in der Frauen dem Gottesdienst und kirchlichen Ehrenamt fernbleiben und damit sichtbar machen sollten, was und wie viel der Kirche ohne sie fehlte. Stattdessen wurde in Gebeten vor der Kirche die Geschwisterlichkeit in der Kirche angemahnt. Viele Frauen haben sich seither angeschlossen und zeigen bundesweit in wiederkehrenden Aktionszeiträumen auf, dass Austreten für sie keine Option ist und sie weiter für eine partnerschaftliche Kirche eintreten, die freudig und glaubwürdig die Botschaft des Evangeliums verkündigt. Zwei der Gründerinnen von Maria 2.0 sind inzwischen leider aus der Kirche ausgetreten.
Ebenfalls durch die Erschütterung aufgrund des Missbrauchsskandals angestoßen wurde der Synodale Weg der Kirche in Deutschland, der als Weg der Umkehr und der Erneuerung auch Antworten auf drängende Fragen der Kirche finden soll. Zwei Jahre lang erarbeiten die 230 Teilnehmenden (in gleicher Anzahl Mitglieder der Bischofskonferenz und Delegierte des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ZdK, ebenso sind die geistlichen Dienste und kirchlichen Ämter sowie junge Menschen und Einzelpersönlichkeiten vertreten) in vier Synodalforen konkrete Reformvorschläge – wobei für den zeitlichen Verlauf berücksichtigt werden muss, dass auch die Synodalversammlung und die Foren durch die Corona-Pandemie nur eingeschränkt tagen konnten. Es ist bemerkenswert, dass neben den Themenfeldern Macht, priesterliches Leben und Sexualmoral auch die Stellung der Frau in der Kirche ein eigenes Forum bekommen hat. Bereits in Protokoll und Geschäftsordnung (der online live übertragenen Sitzungen) gelten ungewöhnliche Gepflogenheiten, so erfolgt die Sitzordnung alphabetisch, ohne die kirchliche Hierarchie zu berücksichtigen. Für die Beschlussfassung ist (neben der satzungsgemäßen Zweidrittelmehrheit der Bischöfe) in der Geschäftsordnung vorgesehen, dass bei Antrag auf getrennte Abstimmung auch eine Zweidrittelmehrheit der weiblichen Delegierten erforderlich ist. Eine spätere Umsetzung von Beschlüssen bleibt jedoch dem Diözesanbischof vorbehalten, Themen mit gesamtkirchlicher Bedeutung bedürfen eines Votums aus Rom.
Fallhöhe und Hoffnung sind entsprechend groß: Sollten aus dem synodalen Weg konkrete Reformschritte hervorgehen – gar das Frauendiakonat? –, könnte die deutsche Kirche entscheidende Anstöße für die Weltkirche geben. Sollte nach dem hoffnungsvollen Start der Weg ohne konkrete Ergebnisse enden, würde die katholische Kirche (nicht nur in Deutschland) zu Lasten der Frauen und Männer erheblich geschwächt.