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1.5.2 Bisherige wirtschaftspolitische Maßnahmen 1.5.2.1 Begrenzung der Miethöhe bei Neuvermietung (»Mietpreisbremse«)

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Die sog. »Mietpreisbremse« ist die prominenteste und zugleich umstrittenste wohnungspolitische Maßnahme der letzten Jahre. Seit 2015 darf die Miete zu Beginn eines neu geschlossenen Mietvertrags in Städten mit angespannten Wohnungsmärkten die sog. »ortsübliche Vergleichsmiete« um maximal 10 % übersteigen.9 Die ortsübliche Vergleichsmiete entspricht dabei den Entgelten, die auf dem lokalen Wohnungsmarkt für vergleichbare Wohnungen bezahlt werden. Sie wird üblicherweise mithilfe eines kommunalen Mietspiegels ermittelt.

Volkswirte haben die Mietpreisbremse wiederholt scharf kritisiert. Im Zentrum der Kritik steht die Feststellung, dass die Mietpreisbremse lediglich am hauptsächlichen Symptom der Wohnungsknappheit herumkuriert, jedoch keine einzige zusätzliche Wohnung schafft. Erfahrungsgemäß verschärfen Preisobergrenzen das Knappheitsproblem sogar noch (vgl. Sebastian und Lerbs 2016, S. 348). Darüber hinaus ist die Mietpreisbremse wenig treffsicher: Da Vermieter nach wie vor aus vielen Bewerbern auswählen können, profitiert von der Regelung nicht primär die eigentliche Zielgruppe der einkommens- und bonitätsschwächeren Mieter. Wer den Zuschlag für eine freie Wohnung in der gewünschten Stadt nicht bekommt, hat von der Mietpreisbremse schlichtweg nichts. Trotz dieser Einwände wurde die Maßnahme von Mieterverbänden und weiten Teilen Politik begrüßt und vehement verteidigt.

Inzwischen vorliegenden Studien zufolge hat die Mietpreisbremse ihr primäres Ziel, den Mietenanstieg zu verlangsamen, zudem nur in begrenztem Ausmaß erreicht. Der Anstieg der Neuvertragsmieten hat sich durch die Bremse zwar leicht verlangsamt, allerdings liegen die in der Praxis vereinbarten Mieten oftmals weiterhin deutlich oberhalb der gesetzlichen Vorgabe (vgl. Michelsen und Mense 2018, S. 15). Erstens erlaubt es die Mietpreisbremse eine höhere Miete als die Obergrenze zu verlangen, wenn der Vormieter bereits eine über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Miete gezahlt hat. Zweitens wurden die Rechtsverordnungen, die die Festlegung von Kommunen mit angespannten Wohnungsmärten regeln, in gleich acht Bundesländern von Verwaltungsgerichten für unwirksam erklärt, sodass die Mietpreisbremse faktisch nicht gilt. Drittens gibt es bei vielen kommunalen Mietspiegeln methodische Probleme oder sie existieren erst gar nicht (vgl. Sebastian und Lerbs 2016, S. 351 f.).10

Jenseits der Mietpreisbremse hat das Land Berlin im Jahr 2020 den sog. »Berliner Mietendeckel« eingeführt. Ziel dieser Regelung ist laut Berliner Senat eine Rückführung der Mieten auf ein »sozialverträgliches Maß« (Abgeordnetenhaus Berlin 2018, S. 2). Je nach Einzelfall bedeutet dies konkret ein Einfrieren oder sogar ein staatlich verordnetes Absenken freiwillig vereinbarter Mietpreise. Erste empirische Studien zeigen, dass sich der Mietendeckel – bzw. allein seine Ankündigung – sehr negativ auf die Funktionsfähigkeit des Berliner Wohnungsmarktes auswirkt, insb. auf die Preise unregulierter Wohnungen und die Zahl der Mietwohnungsinserate (vgl. z. B. Dolls et al. 2020, S. 33 ff.). Im April 2021 erklärte das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel gar für mit dem Grundgesetz unvereinbar und damit nichtig, da der Bund das Mietpreisrecht in den §§ 556 bis 561 BGB abschließend geregelt habe. Sollte sich ein entsprechendes Parteienbündnis durchsetzen, wäre jedoch durchaus denkbar, dass es nach der Bundestagswahl durch eine Reform des Mietrechts bundesweit zu einer vergleichbaren Regelung kommen könnte. Wie zahlreiche internationale Erfahrungen mit Mietenstopps zeigen, wären in diesem Fall langfristig verheerende Auswirkungen für den privaten Mietwohnungsmarkt zu erwarten.

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