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Geleitwort Kompetent und menschlich

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Der US-Präsident Abraham Lincoln wird häufig mit den Worten zitiert:

»Wenn ich acht Stunden Zeit hätte, um einen Baum zu fällen, würde ich sechs Stunden die Axt schleifen.«

Ob es tatsächlich erforderlich ist, drei Viertel seiner Zeit auf die Vorbereitung einer Aufgabe zu verwenden, sei dahingestellt, aber unsere Performance ist sicher besser, wenn wir uns gut darauf vorbereiten. Dies umfasst nicht nur unser medizinisches Know-how für die Arbeit am Patienten, sondern gilt in gleicher Art und Weise auch für die Vorbereitung auf ein Gespräch mit Patienten, Angehörigen oder Mitarbeitern.

Worte können leise und doch machtvoll sein. Dafür müssen sie jedoch nicht nur gehört, sondern auch im Sinne des Sprechers verstanden werden. Bei allem Stress, welchen die parallele Versorgung einer großen Zahl von Patienten in der Notfallaufnahme mit sich bringt, sollten wir vor einem Gespräch mit dem Patienten und den – verständlicherweise in ihrer Sorge oftmals ungeduldig wartenden – Angehörigen innehalten.

Was wir in den nächsten Minuten sagen, soll sachlich über die akute Erkrankung oder Verletzung informieren, die erforderlichen nächsten Maßnahmen klar beschreiben und einen empathischen Ausblick auf den möglichen Verlauf bieten. Unsere Worte können daher Information, Trost und Schwert zugleich sein; sie können aufrichten und ermutigen oder demotivieren und Hoffnung zerstören.

Wer sich dessen bewusst ist, wird seine »Axt schleifen« und nicht unbedacht in ein solches Gespräch gehen. Zu einem empathischen Auftreten gehört, sich mit seiner Funktion vorzustellen und nicht nur die Fakten bezüglich der Diagnose des Patienten zu kennen, sondern auch dessen persönliche Situation einordnen zu können.

Alle Gesprächspartner stehen inmitten eines Beziehungsdreiecks:

• zunächst der Patient mit seinen akuten Beschwerden zwischen seinem Arzt, der betreuenden Pflegekraft und seinen Angehörigen,

• dann die Angehörigen zwischen ihrer Sorge um den Patienten, der Pflegekraft an der Anmeldung der Notfallaufnahme, welche womöglich den Zugang zum Patienten versperrt und in der Wartezeit wenig Auskunft geben konnte, und dem Arzt mit den erwarteten Informationen,

• schließlich der Arzt zwischen der Notwendigkeit, den Patienten kompetent zu behandeln, die Angehörigen empathisch zu informieren und zeitnah dem Ruf der Pflegenden zum nächsten Patienten zu folgen.

Jeder in den beschriebenen Beziehungsfeldern hat ein Anrecht auf gute Kommunikation. In diesem Spannungsfeld kompetent und menschlich zu reagieren, ist eine komplexe Aufgabe, der Sie sich mit der Lektüre dieses Büchleins annähern, die aber darüber hinaus erfordert, dass wir vor jedem Gespräch innehalten, unsere Wortwahl überdenken und im Sinne Abraham Lincolns mit Bedacht schärfen, um unsere Worte in der Notaufnahme gewinnbringend für alle Beteiligten einzusetzen – für unsere Patienten, für deren Angehörige und für das gesamte Team!

PD Dr. med. Björn Hossfeld, OFAUlm, im Mai 2021
Ltd. OberarztNotfallmedizinisches ZentrumKlinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin,Notfallmedizin u. SchmerztherapieRTH Christoph 22Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Angehörigenbegleitung und Krisenintervention in der Notaufnahme

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