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Der Friedhof der Neuen Schwarzen

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Eine ähnliche Entdeckung wurde 1996 in Rio de Janeiro gemacht. Archäologische Grabungen auf einem Privatgrundstück im ehemaligen Hafengebiet führten zur Entdeckung eines Friedhofs, der die Überreste Dutzender Sklaven barg. Die Archäologen identifizierten den Ort als Cemitério dos Pretos Novos (Friedhof der Neuen Schwarzen), ein Massengrab, in dem mehr als 6000 Afrikaner beerdigt wurden, die noch vor ihrem geplanten Verkauf auf dem Valongo-Markt gestorben waren. Aber trotz dieser wichtigen Entdeckung vernachlässigten die örtlichen Behörden weiterhin den Friedhof und die Hafenzone.

15 Jahre später hat sich die Lage geändert. Im März 2011 wurden bei den Arbeiten zur Renovierung des alten Hafens von Rio de Janeiro im Rahmen der Vorbereitungen auf die Fußballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 die Ruinen des Valongo-Kais wiederentdeckt. Nach dieser zweiten Entdeckung kam es unter den Beteiligten, schwarzen Aktivisten, Hochschullehrern und Politikern, zu intensiven Auseinandersetzungen über die Gestaltung der künftigen Gedenkstätte. Mehrere Unternehmungen und Organisationen zeigten sich interessiert an der Idee, den Ort in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufnehmen zu lassen. Doch liegt der Kai unmittelbar neben dem Morro da Providencia, dem Hügel der Vorsehung, auf dem sich die größte brasilianische Favela ausgebreitet hat, deren Bewohner mehrheitlich Afroamerikaner sind. Die Verbände von Farbigen fürchteten, dass ein derartiger architektonischer Eingriff am Kai negative Folgen für die benachbarte Bevölkerung mit sich bringen würde. Trotz solcher Streitigkeiten wurden der Valongo-Kai und der Friedhof der Neuen Schwarzen nach und nach in die Stadtlandschaft Rios integriert. Heutzutage sind sie drauf und dran, ein Bestandteil der offiziellen nationalen Meistererzählung zu werden, denn auch Brasilien sieht sich zunehmend dazu gezwungen, öffentlich seine Rolle im transatlantischen Sklavenhandel zuzugeben.

Die Welle der Erinnerung an die Sklaverei und den transatlantischen Sklavenhandel wird noch lange nicht abebben. Jahr für Jahr gibt es Dutzende von Gedenkveranstaltungen, neuen Denkmälern, Gedenkstätten und Ausstellungen. Auch Literatur und Film widmen sich in zunehmendem Maß diesem Thema. So hat im Jahr 2014 der Film 12 Years a Slave des amerikanischen Regisseurs Steve McQueen den Oscar für den besten Film erhalten und 2016 ist The Birth of A Nation des Amerikaners Nate Parker herausgekommen. Dieser Film erzählt die Geschichte von Nat Turner, des Anführers des Sklavenaufstands in Southampton (Virginia) im Jahr 1831. Im selben Jahr wurde in den USA anlässlich des 30. Jahrestags der ersten Ausstrahlung der TV-Serie Roots eine aktualisierte Fassung gesendet. Diese zunehmende öffentliche Sichtbarkeit dürfte ein Zeichen dafür sein, dass die ehemaligen Sklavenhaltergesellschaften endlich die Verantwortung für diese schmerzliche Erinnerung übernehmen. Sie mag aber durchaus auch darauf verweisen, dass die Bevölkerung afrikanischer Herkunft weiterhin unter gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Ausschluss leidet.

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