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Simon GrynaeusGrynaeus, Simon

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Der Widmungsbrief fällt in seiner Ausführlichkeit und vor allem, was seinen grundsätzlichen Zugriff auf Bildungsfragen angeht, aus dem Schema des Üblichen heraus. Das Verfassen von Vorworten erfolgte – damals vermutlich nicht anders als heute – in letzter Sekunde und meist wohl recht rasch und mit leichter Hand. Der erwähnte Simon GrynaeusGrynaeus, Simon, der postum als Spiritus Rector dieser Schrift genannt wird, bezeichnete sich einmal selbst in einem Brief an Camerarius als berüchtigten Vorwortschreiber. In dem nämlichen Brief, datiert auf einen 1. August, abgefasst in Basel und an den seinerzeit in Tübingen lehrenden Camerarius gerichtet, kündigt GrynaeusGrynaeus, Simon das baldige Erscheinen der Übersetzungen von PtolemaeusPtolemaeus, Claudius und TheonTheon von Alexandria an, und zwar his nundinis, auf der bevorstehenden Messe. Damit ist, wie Heinz Scheible gezeigt hat1 und wie sich aus dem Erscheinungsdatum der Ptolemaeus-Übersetzung ergibt, die Frankfurter Herbstmesse des Jahres 1538 gemeint. Während Camerarius sein Vorwort schon geliefert hatte, stand dasjenige des GrynaeusGrynaeus, Simon noch aus:

Tua praefatio sic ut voluisti legetur. De mea etiam delibero, et quid et cui. Infamis praefando sum, adeo me typographi ad quidvis, id est ad hos usus natum scriptorem utuntur.2

Dein Vorwort wird so zu lesen sein, wie du es wolltest. Über meines denke ich noch nach, sowohl über den Inhalt als auch über den Adressaten. Ich bin berühmt-berüchtigt im Vorwortschreiben, sosehr missbrauchen mich die Drucker als einen Schreiber, der für alles Mögliche, besonders für solche Zwecke geboren ist.

Das nur wenige Zeilen umfassende Schreiben ist erstens ein eindrucksvoller Beleg für GrynaeusGrynaeus, Simon’ nahezu unleserliche Schrift, über deren Zumutungen auch zeitgenössische Drucker regelmäßig Klage führten und die sogar ErasmusErasmus von Rotterdam, Desiderius von Rotterdam zu mildem Spott veranlasste.3 Zweitens dokumentiert es seinen kolloquialen Umgangston in Privatbriefen, der selbst vor falschem Latein nicht gefeit war – etwa wenn uti einen Akkusativ regiert. Drittens wird hier die Praxis offenkundig, Vorworte sozusagen „auf den letzten Drücker“ und ohne besonderen Anspruch niederzuschreiben. Umso auffälliger ist die lange Abhandlung, die dem Medizin-Glossar voransteht. In welchem Zusammenhang steht sie also, wie ist sie zu bewerten?

Ein erster Schlüssel könnte ein undatierter Brief des erwähnten GrynaeusGrynaeus, Simon sein, den Camerarius an sein Vorwort anhängt (ohne Paginierung). Er lautet in auszugsweiser Übersetzung folgendermaßen:

Simon GrynaeusGrynaeus, Simon grüßt Joachim Camerarius

[…] Was das Lexikon angeht, so erfolgte es auf meinen Rat hin; hatte ich doch gehört, dass du einige Notizen gesammelt hattest. Sorge dafür, dass du mehr als genug Kraft und Muße hast, damit du uns immer wieder eine Frucht deiner einzigartigen Begabung und Sorgfalt zuteilwerden lässt. Leb wohl und sei mir gewogen. Eine Krankheit hielt uns zum Herbstanfang leicht im Griff, jetzt hat sie geradewegs eine Pause eingelegt. Der Herr möge uns vor der Krankheit der Hoffart (impietas) schützen. Sei nochmals gegrüßt, mit deiner Familie.

Dieser Brief ist in zwar kolloquialem, aber tadellosem Latein abgefasst, was jedoch nichts besagt. Scheible konnte aus dem Vergleich von handschriftlich erhaltenen Briefen des GrynaeusGrynaeus, Simon an Camerarius mit solchen, die der Adressat nachträglich in seine gedruckten Briefsammlungen aufnahm, zeigen, dass der Bamberger Schulmeister mitunter seiner Profession erlag und korrigierend oder wenigstens glättend eingriff.4 Wir müssen bei gedruckt vorliegenden Briefen in Camerarius’ Briefsammlungen davon ausgehen, dass sie uns in überarbeiteter Form vorliegen. Die Erschließung der gedruckten Camerarius-Briefe wird darüber näheren Aufschluss geben. Es zählte für Camerarius offenbar der dokumentarische Wert, wie er ihn verstand, nicht aber das Monument.

Weshalb ist Simon GrynaeusGrynaeus, Simon in diesem Zusammenhang so interessant? GrynaeusGrynaeus, Simon starb 1541, im Jahr von Camerarius’ Berufung nach Leipzig, an einer Epidemie, hat also die Publikation des Glossars nicht mehr miterlebt. Mit Camerarius hatte ihn jedoch eine in das Jahr 1524 zurückgehende Freundschaft verbunden. In diesem Jahr war GrynaeusGrynaeus, Simon seinem einstigen Schulkameraden MelanchthonMelanchthon, Philipp nach Wittenberg gefolgt, wo letzterer eine Griechischprofessur bekleidete. MelanchthonMelanchthon, Philipp widmete ihm eine programmatische Schrift über humanistische Bildung, das Encomium eloquentiae.5 In Wittenberg lehrte zu derselben Zeit aber auch Camerarius. Zwischen ihm und GrynaeusGrynaeus, Simon entwickelte sich eine tiefe Freundschaft. Beide pflegten schließlich enge Kontakte zu ErasmusErasmus von Rotterdam, Desiderius in Basel, die ihrerseits in die Edition und Übersetzung antiker Autoren mündeten, so etwa die Erstausgabe der Bücher 41–45 des T. LiviusLivius.6 Die Jahre zwischen 1524 und Erasmus’ Tod im Jahr 1536 dürften also der Auslöser für das humanistische Programm des Camerarius gewesen sein. Er war Teil dessen, was man heute als ein wissenschaftliches Netzwerk bezeichnen würde.

Camerarius Polyhistor

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