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Theater

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In Kärnten gibt es kein ständiges slowenisches Theater, dafür aber eine sehr lebendige und umfassend dokumentierte zweisprachige Theaterszene, an der sich auch überregional tätige Autor_innen beteiligten.Leben, Andreas1 Das Theater ist für die Kärntner Slowen_innen seit der Nachkriegszeit ein wichtiger Ort der Selbstbehauptung, durch Einübung und Verwendung der slowenischen Sprache oder durch Einsatz von Narrativen aus der Zeit der Verfolgung und des Widerstands.Handke, Peter2 Eine grundsätzlich widerständige (antifaschistische) Haltung kennzeichnet auch einige hier exemplarisch genannte Theaterproduktionen, an denen deutschsprachige Autor_innen mitgewirkt haben und denen gegebenenfalls Bedeutung bei der überregionalen Etablierung von Erinnerungsorten der Kärntner Slowenen zukommt.

Die Kontakte der Autorin, Regisseurin und Filmemacherin Tina LeischLeisch, Tina zu Kärnten datieren von den Widerstandstagen gegen die erste schwarz-blaue Regierung, an denen Leisch sich im Jahr 2000 zusammen mit dem von ihr gegründeten Volxtheater Favoriten (Wien) beteiligte. LeischLeisch, Tina blieb anschließend in Kärnten, wurde 2001 Mitbegründerin des Peršman-Vereins zur Neugestaltung des seit 1982 am Peršmanhof nahe Eisenkappel/Železna Kapla – dem Ort eines am 25. April 1945 begangenen Massakers an Zivilisten – bestehenden Museums, war bis 2004 Obfrau des Vereins und zwischenzeitlich Kustodin des Museums. Auf Grundlage der 2002 zugänglich gewordenen Gerichtsakten zum (1949 eingestellten) Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßlich beteiligten Polizisten erarbeitete LeischLeisch, Tina das „Dokumentartheater“ Elf Seelen für einen Ochsen – Enajst duš za enega vola, das 2003 im Rahmen des oberösterreichischen Festivals der Regionen in Linz uraufgeführt wurde und Aufführungen an verschiedenen Spielstätten in Oberösterreich erlebte, bevor es auch in Kärnten gezeigt wurde. Die hier inszenierte Verhandlungssituation hat hohe symbolische Bedeutung, weil das Massaker bis heute Gegenstand schuldumkehrender Darstellungen ist. LeischLeisch, Tina berichtet, dass es bis zur Gründung des Peršmanvereins praktisch keine allgemein zugänglichen Informationen über das Massaker gab und dass der Ort sogar österreichischen Historikern unbekannt war (Leisch 2004). Die Autorin weist auf die Bedeutung der Erinnerungsliteratur von Kärntner Slowen_innen (v.a. Prušnik, Gemsen auf der Lawine, 1974) und von Oral history (Jelka, 1984,Busch, ThomasWindhab, BrigitteKuchar, Helena3 Spurensuche, 1990) als Quelle für ihr Stück hin und streicht neben der Zusammenarbeit mit engagierten Zeithistorikern in Kärnten insbesondere die Rolle Zdravko HaderlapsHaderlap, Zdravko (s.u.) als Informationsgeber und Bahner von Kontakten hervor (Interview vom 11.07.2017).4

Auch der aus Griffen/Grebinj stammende Autor und Regisseur Bernd Liepold-MosserLiepold-Mosser, Bernd widmet sich der slowenischen Widerstandsthematik aus einer allgemein widerständigen Haltung heraus, die er als Grundlage seiner Arbeit bezeichnet (Interview vom 31.05.2017). Zum Teil in Zusammenarbeit mit dem Slowenischen Kulturverband (SPZ) schrieb Liepold-MosserLiepold-Mosser, Bernd Stücke mit „slowenischer“ Thematik. Die Produktion Das Dorf an der Grenze (Klagenfurter Stadttheater 2003) bestand zu etwa einem Viertel aus Textpassagen in slowenischer Sprache und gastierte auch am Slowenischen Nationaltheater in Ljubljana. Die dreisprachige (deutsch-slowenisch-englische) Produktion Romeo & Julija ging im slowenischen Kulturzentrum in St. Johann im Rosental/Šentjanž v Rožu über die Bühne (k&k 2007). Auf dem Plakat zur Uraufführung ist das ursprünglich in Völkermarkt stehende Partisanendenkmal abgebildet, das 1953 von unbekannten Tätern gesprengt und dreißig Jahre später vor dem Peršmanhof wiedererrichtet worden war. Das Stationendrama Partizan (artecielo 2008) war eine zweisprachige Theaterproduktion in Zusammenarbeit mit dem SPZ und dem ORF Kärnten und wurde auch als Buch mit beiliegender DVD produziert; die slowenische Übersetzung stammt von Theaterregisseur Marjan ŠtikarŠtikar, Marjan. Der Autor zitiert darin ausgiebig Quellen aus dem Bereich der Oral history (z.B. Spurensuche, oder Rettl/Obid: Partisanenkinder, 2006), die im Buch allerdings ungenannt bleiben. Liepold-MosserLiepold-Mosser, Bernd erarbeitete für die neuebühnevillach auch eine stark gekürzte Bühnenfassung von Peter HandkesHandke, Peter Stück Immer noch Sturm, die am 20. September 2012 zum zehnjährigen Bestehen des Theaters im Villacher Stadtkinosaal uraufgeführt wurde.Handke, PeterHaderlap, Maja5

Das Theaterstück Zala von Simone SchönettSchönett, Simone und Harald SchwingerSchwinger, Harald entstand für das teatr trotamora und wurde als Beitrag zum 90. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung in Auftrag gegeben, die Uraufführung fand 2010 im Kulturzentrum k&k in St. Johann/Šentjanž statt. Das Stück nimmt einen der bekanntesten kollektiven Mythen der Kärntner Slowen_innen auf, der seit der Dramatisierung durch Jaka ŠpicarŠpicar, Jaka (1909) fester Repertoirebestandteil des slowenischen Theaters in Kärnten ist, spätestens mit der Bearbeitung durch Janko MessnerMessner, Janko und Peter MilitarovMilitarov, Peter 1987 aber auch zum Gegenstand ideologischer Kontroversen innerhalb der slowenischen Volksgruppe wurde.6 Sprachwechsel und Mehrsprachigkeit sind konstitutiv für den Text von SchönettSchönett, Simone und SchwingerSchwinger, Harald, der in der Theateraufführung synchron in slowenischer bzw. deutscher Sprache projiziert wurde (Schönett/Schwinger 2011: 138). Das Slowenische wird auch dadurch sichtbar, dass Zala im Lauf des Stückes slowenische Wörter in den Rücken „tätowiert“ werden. Da sich die Inszenierung als ungeahnt erfolgreich erwies, tourte sie im Frühjahr 2011 durch Slowenien; es gab auch – angeblich durch Vermittlung Peter Turrinis – ein Gastspiel am Klagenfurter Stadttheater (Schönett/Schwinger 2011: 130). Die in der Edition Meerauge bei Heyn erschienene Buchausgabe ist ebenfalls durchgehend zweisprachig gehalten: links der (vorwiegend) deutsche, rechts der (vorwiegend) slowenische Text – in welchem slowenische Textelemente im Original reziprok ins Slowenische übersetzt werden; die Übersetzung ins Slowenische stammt von Marjan ŠtikarŠtikar, Marjan, der das Stück auch inszenierte (Schönett/Schwinger 2011: 130–139).

Das für das klagenfurter ensemble geschriebene Stück Loibl-Saga des Wiener Autors Erwin RiessRiess, Erwin wurde in einer zweisprachigen Gemeinschaftsproduktion mit teatr trotamora und teatr zora am 2. Dezember 2015 in der Theaterhalle 11 in Klagenfurt uraufgeführt (Regie: Marjan ŠtikarŠtikar, Marjan). Die geschilderten Ereignisse im Zwangsarbeitslager am Loibl, eines Außenlagers des KZ Mauthausen, reichen bis zur Verlegung der Häftlinge in das Lager Süd im April 1945. Im Hintergrund ständig präsent ist Janko TišlerTišler, Janko, der als Vermessungstechniker beim Loibl-Tunnel eingesetzt war und als Fluchthelfer mit den Partisanen zusammenarbeitete. TišlerTišler, Janko zählt als Autor einer 1995 bei Drava erschienenen Dokumentation (Tišler/Rovšek 1995) auch zu den wesentlichen Referenzen zum KZ am Loibl.Tišler, JankoKuehs, WilhelmMessner, Janko7 Eine treibende Kraft des Projekts war der Gründer des Mauthausen Komitees Kärnten/Koroška Peter GstettnerGstettner, Peter, der mehrere Anhänge zur Buchausgabe (Kitab 2015) schrieb und auf dem Titelblatt als Coautor des Buches genannt ist. Das Titelwort „Saga“ bezieht sich somit nicht nur auf das Stück, sondern auf den Gesamtkontext aus Verdrängung und Leugnung, der die Etablierung des Loibls als Erinnerungs- und Gedenkort in Österreich so lange verunmöglicht hat.

Die erwähnten Theaterproduktionen repräsentieren nicht annähernd das zweisprachige Theater in Kärnten. Als prominentere Produktionen der letzten fünfzehn Jahre, an denen deutschsprachige Autor_innen beteiligt waren, zeigen sie jedoch exemplarisch die Bedeutung von Erinnerungsliteratur und Oral history als literarische Quelle.

Literarische Mehrsprachigkeit im österreichischen und slowenischen Kontext

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