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6 Fazit

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Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, mit den neuen Idealen der Französischen Revolution und dem Rückgang der Verkaufszahlen fallen die Illustrationen ganz weg.1 Das Lehrbuch mit einem auf sozialer Identifikation basierenden Geschäftsmodell wird im aufkommenden nationalstaatlichen Paradigma des Fremdsprachenlernens als obsolet empfunden. Und doch kann man von einem herausragenden Beispiel für die Macht der Bilder im Alten Reich sprechen. Das Frontispiz bleibt über ein Jahrhundert lang attraktiv, weil die Inhalte sich geschmeidig den jeweiligen Zeitumständen, den verschiedenen Machtkonstellationen und den Wunschvorstellungen der Käufer, ihren sich wandelnden Träumen vom sozialen Aufstieg und den zugrundeliegenden Motivationen anpassen und damit von den externen Bedingungen des Französischlernens und deren Veränderungen erzählen. Die Entwicklung, soweit sie in den Frontispizen anschaulich wird, verläuft vom archimedischen Bezugspunkt des Französischlernens im Versailles des französischen Sonnenkönigs gegen Ende des 17. Jahrhunderts zum Preußen Friedrichs des Großen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, von den klaren Strukturen der barocken Portalarchitektur, denen eine cartesianische Logik und die clarté de la langue française entsprechen, zu den verschnörkelten Rocaille-Mustern eines imaginären Innenraums um die Jahrhundertmitte. Sie verlagert ihren Schwerpunkt von Versailles und Paris nach Preußen und Sachsen und geht mit einer zunehmenden Zerstörung der ursprünglichen mythologischen Erziehungssituation einher. Die französische Sprache entwickelt sich von der Sprache de la partie la plus saine de la cour zur lingua franca in den Städten, mit einer zunehmenden Ausweitung der bürgerlichen Schülerklientel. Für die Sozialgeschichte des Berufsstandes ist besonders bedeutsam der Wandel des Fremdsprachenlehrerbildes von einer angemaßten Hofmeisterposition im Umkreis des Sonnenkönigs zur schrittweisen Entfernung der prekären Sprachmeisterfiguren aus den dargestellten Zentren der Macht. Welch ein Niedergang von Mentor, der sich in die göttliche Athene verwandelt und der zugleich Erzieher des Herzogs von Burgund ist, zu einer Figur, die im Verkaufsgeschehen des Lehrbuchs schließlich keine darstellenswerte Rolle mehr spielt. Für die bürgerlichen Schüler in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts freilich war das Geschehen, das in den Frontispizen attraktiv gemacht wird, ebenso entfernt wie die mythologische Szene von 1693. Die Frontispize zielen immer auf die Hoffnungen und Wünsche der Klientel. Sie finden ihr übergreifendes Element in der Darstellung des lernenden Prinzen als Identifikations- und Leitfigur für den Französischunterricht im Alten Reich. In den akademisch gebildeten deutschen Sprachmeistern erwächst den muttersprachlichen Franzosen gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein bedeutsamer Gegentypus, der sich mit der Grammatik-Übersetzungsmethode auf Meidingers Practische franzoesische Grammatik (1783) als den neuen Bestseller stützt.

Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart

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