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2 Frühe Formen des Musikeinsatzes im Französischunterricht 2.1 Die Reformation und der Musikeinsatz im Französischunterricht

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Bereits bei Martin Luthers Bildungskonzeption spielt der Musikeinsatz im Unterricht eine zentrale Rolle: Das Singen der Schulchöre diente dem Lob Gottes, und dazu sollten alle Gläubigen angehalten werden, in ihrer Muttersprache mitzusingen. Luthers Bedeutung für das Kirchenlied mündet in die Rolle der Reformation als Singbewegung.1 Er dichtete 36 Kirchenlieder, bei mindestens 20 dieser Lieder stammen die Melodien sicher von ihm selbst. Viele Kirchenlieder von Luther greifen nach dem Prinzip der Kontrafaktur2 vorreformatorische deutsche Lieder, aber auch lateinische Gesänge der katholischen Kirche, wie Hymnen sowie Volks- und Gesellschaftslieder, auf. Hierbei wird das didaktische Konzept ‚Vom Eigenen zum Fremden‘3 angewendet. Da viele (vormals katholische) Choräle und Volkslieder bekannt waren und zum Allgemeingut gehörten, konnte Luther diese erfolgreich verbreiten und für den protestantischen Kirchenchoral nutzen. Ein bekanntes Beispiel ist das Kirchenlied Ein feste Burg ist unser Gott, dessen Text von Martin Luther zwischen 1527 und 1529 geschrieben wurde und bis heute zum Reformationstag in den evangelischen Gemeinden gesungen wird.4 Die Rezeption und musikalische Fortentwicklung des Lutherschen Reformationschorals ist für den zeitgenössischen Französischunterricht sehr interessant. Das Kirchenlied, das fester Bestandteil des evangelischen Gottesdienstes war, ist vermutlich auch zu Tischgebeten in den protestantischen Familien gesungen worden und wurde auch ins Französische übersetzt. Ein Beispiel dafür ist die Interlinearversion des Lutherchorals in einer zweisprachigen Ausgabe von Mömpelgard/Montbéliard 1618 mit dem Titel Gesangbüchlein/Teutsch und Frantzösisch nebeneinander gesetzt (Luther/Foillet 1618, 174 f.). Die Interlinearversion des Mömpelgarder Gesangsbüchleins ist sofern aufschlussreich, da es ein Zeugnis für die Zweisprachigkeit der Enklave ist.

Eine interessante parallele Entwicklung stellt die Evolution der Sprach- und Kulturassimilation der Hugenotten in Preußen dar. Seit 1560 nannte man die Evangelischen reformierten Bekenntnisses huguenots.5 Mit dem Revokationsedikt von Fontainebleau 1685 durch Ludwig XIV. wurde das Edikt von Nantes aufgehoben und das reformierte Bekenntnis verboten. Dies löste einen Exodus der Glaubensflüchtlinge aus. Dabei kam die Aufnahme der Hugenotten in Preußen der „fürstlichen Einwanderungs-, Wirtschafts- und Peuplierungspolitik entgegen, die darauf gerichtet war, die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges zu überwinden und das kulturelle und wirtschaftliche West-Ost-Gefälle in Europa auszugleichen“ (Kuhfuß 2014, 302). Kuhfuß (ebd.) schreibt, dass sich 1672 die ersten Hugenotten in Berlin niederließen; 1688 erhielten sie Versammlungsfreiheit in den Kirchen der Stadt und ab 1700 verfügten sie über eine eigene Kirche. Die Hugenottenprivilegien umfassten wirtschaftliche und kulturelle Vorrechte (ebd., 304). Das Französische wurde besonders gepflegt und zur offiziellen Sprache in den Domänen Kirche, Familie sowie Schule.

Noch vor dem Aufbau eines Elementarschulwesens erhielten die Hugenotten mit dem Collège royal françois 1689 ein erstes eigenes Gymnasium, wobei der Unterricht auf Französisch stattfand (vgl. Roosen 2008, 190). Die weltoffene, frankophile Politik Friedrichs II. favorisierte französische reformierte Glaubensflüchtlinge als Lehrer und Erzieher (vgl. Kuhfuß 2014, 308).6 Der Psalm galt für die Reformierten als gesungenes Gebet und der Hugenottenpsalter als wichtiger Bestandteil hugenottischer Frömmigkeit. Die Psalmen wurden seit dem 16. Jahrhundert auch im Unterricht gesungen. Noch im Jahr 1783 hatte das Berliner Konsistorium im Bereich des Liedgutes und Psalmengesangs eine Neuauflage der vom hugenottischen Pastor Hauchecorne7 herausgegebenen Psalmensammlung beschlossen (vgl. Böhm 2010, 223).

Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart

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