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6. Die Aristotelischen Angaben über Platos Ideenzahlen

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Aristoteles hat sich, abgesehen von ein paar kurzen Andeutungen in der Physik, die den Kommentatoren der Physik dann zu näheren Notizen Anlaß gegeben haben, zweimal eingehend mit der Ideenlehre Platos auseinandergesetzt; und diese Auseinandersetzung läuft bei ihm immer ausschließlich auf eine solche mit den Ideenzahlen hinaus, die hier ganz anders als es die Platonischen Dialoge erkennen lassen, als der Kern der gesamten Ideenlehre erscheinen. Das eine Mal tut er es in Buch I der Metaphysik – das ist in § 5 schon genau berichtet worden. Er schließt daran in I 9 eine ausführliche – nicht die oben erwähnte, ganz kurze – Kritik, die fast wörtlich in XII 5.6 wieder eingefügt ist – ein Umstand, der vom rein philologischen Standpunkt seit langem und besonders in W. Jaegers Theorie des Werdens der Metaphysik eine bevorzugte Rolle spielt. Unmittelbar nach diesem doppelt erhaltenen Stück findet sich (991b13–21) die Möglichkeit erörtert, es wären die Ideenzahlen nicht Zahlen, sondern Verhältnisse von Zahlen.

Das andere Mal vollzieht er die Auseinandersetzung mit Plato und seine Schule in XII, XIII, den beiden letzten Büchern der Metaphysik, noch viel ausführlicher.

Sucht man aus alledem dasjenige heraus, was an expliziten Worten oder Aussagen Platos daraus mit einiger Klarheit entnommen werden kann, so erhält man nur ein paar ganz geringfügige Fetzen, deren wichtigste in § 5 bereits verwertet worden sind. Die ἀόιστος δυάς ist δυοποιός, ὥς ϕασι (1082a13, 1083b36 u.s.w.), d.h. aus allem zweierlei machend – das ist für ein Paarungssprinzip, als das ich das Groß und Klein auffasse, ein sehr passendes Epitheton und paßt sich an die Deutung, die Stenzel nach der Seite der Diairesis gegeben hat, ausgezeichnet an, natürlich ohne irgend etwas für meine These zu beweisen. 1081a23–25 spricht von dem πτος επών, d.h. dem, der das alles zuerst ausgesprochen hat, also von Plato. Die Polemik, die nie Namen nennt, aber sich abwechselnd mit Plato selbst, mit Speusipp, mit Xenokrates auseinandersetzt, steigert sich in XIII zu außerordentlicher Heftigkeit: die beiden Bestandteile des unbestimmten Paars, das Groß und das Klein, schreien, als würden sie hin- und hergezerrt, angesichts der Unlogik der ganzen Theorie – heißt es 1091a9–12.

Soweit die direkten Zitate aus Plato, die bei weitem das wichtigste wären. Aus den am Ende von § 3 dargelegten Gründen ist davon auch dann nicht viel zu erhoffen, wenn das Dunkel, das über dieser Polemik des Aristoteles liegt, sich einmal lüften sollte. Diese vielen Textseiten sind als Ganzes genommen materiell noch völlig unverstanden. Gelegentlich ist es an einer Stelle gelungen, die Wolken zu zerreißen; immer hat sich dann der Blick auf eine sonnenklare Landschaft erschlossen, vom Nebel einer Zahlenmystik oder solchen Dingen war dann nichts mehr zu spüren, und die Mystik blieb ganz auf seiten derer, die vorher mit unzureichenden Vorstellungen an die Interpretation solcher Stellen – bei Plato oder bei Aristoteles – herangegangen waren. Aber zugleich hat sich, soweit es sich insbesondere um Aristoteles handelte, auch jedesmal gezeigt, daß die endgültige Deutung nur möglich wurde etwa durch das Heranziehen irgendeiner Parallelstelle bei einem Kommentator und daß man nachträglich sagen muß, durch bloßes Nachdenken aus der Stelle selbst heraus hätte man die stenographische Sprache des Aristoteles nie deuten können. Ob es im großen, nicht nur für einzelne Stellen, je ganz gelingen wird, wer will es wissen?25.

Wenn es gelingen soll, so gilt hier in verstärktem Maße, was am Ende von § 5 bezüglich Plato gesagt wurde. Nur eine systematische Analyse der ganzen mathematischen Denkweise des Aristoteles und seines ganzen mathematischen Vokabelschatzes kann hier weiterführen. Jede einzelne Vokabel muß dabei so betrachtet werden, wie der Mathematiker eine Unbekannte betrachtet und jede Stelle, wo die Vokabel vorkommt, als eine Gleichung, die diese Unbekannte mit anderen Unbekannten verbindet. Es sind viele Gleichungen mit vielen Unbekannten, die man hier aufzulösen hat und der Reihe nach auflösen muß. Ein Lexikon der mathematischen Termini bei Plato und bei Aristoteles wird die unentbehrliche Grundlage sein, deren eine solche Analyse bedarf26.

Für den Mathematiker, der seinen Blick auf diesen Bereich lenkt, wäre es sehr verlockend und ein leichtes, aus der Rüstkammer seiner Begriffe und Tatsachen einen Roman zu zimmern, der die in dieser Arbeit erlangten Teilergebnisse zu einem Ganzen zusammenfügt, aus dem modernen mathematischen Grundlagenstreit pointierte Thesen zu entnehmen, die Plato und Aristoteles für ihre Kontroverse in den Mund gelegt werden können. Demgegenüber habe ich es als das Ziel dieser Seiten angesehen, das Problem einer systematischen Analyse, wie ich sie eben geschildert habe, zu umreißen und wenigstens soviel zu erweisen: daß dieses Problem lohnend und fruchtbar ist.

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