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2 Was drücken expressive Sprechakte aus?

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Sprechakte werden als grundlegende Einheiten zwischenmenschlicher Kommunikation angesehen (Searle 1976: 1). Darunter sind Äußerungen zu verstehen, die nicht nur etwas bedeuten bzw. für eine Bedeutung stehen, sondern auch etwas in der sozialen Welt leisten bzw. bewirken. Austin (1962) ist der Meinung, dass in jedem Sprechakt drei verschiedene Handlungen vollzogen werden, die er Lokution, Illokution und Perlokution nennt. Die Illokution sieht er als denjenigen Akt an, der den kommunikativen Zweck einer Lokution bzw. ihre „Kraft“ (force) deutlich macht und somit anzeigt, wie die gegebene Äußerung zu verstehen ist. Die illokutionäre Kraft ist diejenige Bedeutung einer Äußerung, die unabhängig von ihren Wahrheitsbedingungen dank der Konvention realisiert wird, dass mit der Äußerung bestimmte illokutionäre Zwecke erreicht werden, z.B. kann die Äußerung Befehl, Behauptung oder Begrüßung zum Zweck haben (cf. Austin 1962: 98–99).

Während Lokutionen reale oder fiktive Sachverhalte in einem Satzmodus ausdrücken, wird mit Illokutionen die soziale Wirklichkeit gestaltet bzw. verändert. Austin (1962) nennt drei Folgen einer gelungenen Illokution: ein uptake seitens des Rezipienten, normative Sachverhalte und eine Folgehandlung. Eine gelungene Behauptung wird z.B. der Sprecherintention gemäß verstanden, verändert den normativen Kontext, indem sie den Sprecher zur Wahrheit des Gesagten verpflichtet, und wird in einer Antwortäußerung akzeptiert oder abgelehnt. Die normativen Folgen einer Illokution liegen dann vor, wenn sie verbindlich für die Interaktionspartner ist, d.h. ihnen Verpflichtungen auferlegt bzw. Rechte erteilt. Der normative Kontext wird der externalistischen Interpretation zufolge durch Glückensbedingungen eines Sprechakts bestimmt; die internalistische Interpretation macht sein Glücken von den mentalen Zuständen, d.h. den Intentionen des Sprechers abhängig (cf. Harnish 2009).

Austin (1962) berücksichtigt in seinem sprechaktheoretischen Modell, dass sprachliche Äußerungen neben Intentionen sowie deskriptiven Kognitionen auch Emotionen der Sprecher ausdrücken. Sie werden vordergründig bei der Charakterisierung der sog. konduktiven Sprechakte (Behabitives) behandelt, die emotionale Einstellungen der Sprecher zum Ausdruck bringen. Emotionen können zwar in jedem Sprechakt ausgedrückt werden, z.B. durch expressive Wörter, Topikalisierungen, Wiederholung sprachlicher Einheiten, Interjektionen, Intonation, brüchige bzw. misstrauische Stimme u.ä., denn potenziell können jedem Sprechakt alle drei Bühlerschen Funktionen zugeschrieben werden: neben einer appellativen und einer referentiellen auch eine expressive Funktion. Was aber sonst eher symptomatisch mittels Sprache ausgedrückt wird, kommt in den expressiven Sprechakten im symbolischen Modus zum Ausdruck1.

Die Spezifik der Behabitiva im Vergleich zu anderen Sprechakten liegt nach Austin (1962) auch darin, dass sie weder eine Veränderung der Welt durch Worte bewirken (wie Behauptungen, die Emotionen beschreiben) noch Worte an die Welt anpassen (wie etwa Kommissiva), sondern den Empfindungen (feelings) des Sprechers Luft machen, und zwar auch dann, wenn sie die Empfindungen zugleich beschreiben. Auch in diesem Fall steht der Ausdruck von emotionalen Einstellungen nicht im Dienste einer anderen Intention, sondern macht den eigentlichen Zweck der gegebenen Illokution aus.

Nach Searle (1969) sind Illokutionen regelgeleitete Handlungen, die kommunikative Intentionen von Sprechern den geltenden Konventionen gemäß ausdrücken. Die Intentionen werden dabei als mentale Zustände verstanden, die auf außerhalb ihrer selbst liegende Sachverhalte ausgerichtet sind. Sie entscheiden über die illokutionäre Kraft einer Äußerung und sind auch für die Benennung von Sprechakten ausschlaggebend, zugleich ist aber ihr kommunikativer Einsatz konventionell geregelt. Man kann nicht sagen Hier ist es kalt im Sinne von ‚Hier ist es warm‘ „ohne einen entsprechenden Bühnenhintergrund“ (Searle 1973: 71), denn auch eine illokutionäre Bedeutung (z.B. der Gebrauch von Ironie) „ist zumindest manchmal auch eine Sache der Konvention“ (ebd.).

Die Struktur eines illokutionären Akts beschreibt Searle (1973: 51) mit der allgemeinen Formel F (p) und nimmt somit an, dass sich die illokutionäre Kraft einer Äußerung als Funktion ihres propositionalen Gehalts beschreiben lässt2. Um grundsätzliche Formen von Sprechhandlungen zu identifizieren, bedient sich Searle (1976) insgesamt dreier Definitionskriterien: des Kriteriums des illokutionären Zwecks (illocutionary point bzw. purpose), der Anpassungsrichtung (direction of fit bzw. propositional content condition) und des Ausdrucks eines psychischen Zustands (expression of a psychological state). Weder die Eingangsregel noch die Aufrichtigkeitsregel, die Searle (1969) für seine Beispiele von Sprechakten nach der Bedingung des propositionalen Gehalts angibt, werden von Searle (1976) bei den Definitionskriterien für Illokutionen berücksichtigt. Nur die wesentliche Regel bzw. die wesentliche Bedingung wird mit dem illokutionären Zweck identifiziert:

If we adopt illocutionary point as the basic notion on which to classify uses of language, then there are a rather limited number of basic things we do with language: we tell people how things are, we try to get them to do things, we commit ourselves to doing things, we express our feelings and attitudes and we bring about changes through our utterances. (Searle 1976: 22–23)

Searles klassifikationstheoretischer Ansatz wurde unter verschiedenen Gesichtspunkten kritisiert. Einer davon betrifft die Frage der zuverlässigen Ermittlung von illokutionären Zwecken, die konstitutiv für die einzelnen Sprechaktklassen sind und in der wesentlichen Regel für den Vollzug des jeweiligen Sprechakttyps angegeben werden. Es ist jeweils derjenige Zweck, der im korrekten Vollzug eines Sprechaktes notwendigerweise realisiert wird und somit den wichtigsten Bestandteil der illokutionären Kraft einer Äußerung darstellt. Bei seiner Deskription werden aber von Searle stellvertretend für die Sprechakte selbst die Bedeutungen von sprechaktbezeichnenden Verben untersucht. Aus diesen Bedeutungen schließt Searle auf den illokutionären Zweck und folglich die illokutionäre Kraft entsprechender Sprechakttypen. Dass dieses Vorgehen eine verkürzte Sichtweise bedingt, hat z.B. Marten-Cleef (1991: 99–122) gezeigt. Die Autorin weist darauf hin, dass die illokutionäre Kraft von Beschimpfungen wie in Beispiel (1) – (2) nicht unbedingt mit der Bedeutung des Verbs verachten zusammenfällt, sondern auch Enttäuschung, Bewertung und ggf. sogar Scherz beinhalten kann, wenn die Äußerung z.B. von einem freundlichen Lachen begleitet wird.

(1) Ich Trottel!
(2) Du Idiot!

Im Anschluss an Bühlers Sprachtheorie könnte man argumentieren, dass hier nicht nur der Satztyp und nicht in erster Linie ein expressiver Ausdruck (Trottel, Idiot) als Illokutionsindikator angenommen werden soll, sondern die gesamte Äußerung, die dem Sprechhandlungsmuster (3) folgt, Träger der Illokution ist. Bühler (19652: 32) führt als Beweis dafür, dass es bei solchen Äußerungen nicht so sehr auf das Schimpfwort selbst ankommt, sondern auf den „Ton“ der Gesamtäußerung, das Beispiel vom Bonner Studenten an, der „im Wettkampf das schimpftüchtigste Marktweib mit den Namen des griechischen und hebräischen Alphabetes allein (῾Sie Alpha! Sie Beta! …’) zum Schweigen und Weinen gebracht haben“ soll.

(3) Du X!

Searle (1969) weist bei seiner Besprechung einiger Beispiele für Sprechakte, die er später der Klasse der Expressiva zurechnet, darauf hin, dass die psychischen Zustände, die in diesen Handlungen ausgedrückt werden, im Grunde emotionale Zustände (feelings) sind, z.B. Dankbarkeit beim Danken, Freude über die Ankunft des Hörers beim Willkommenheißen, Freude über das Glück des Hörers beim Beglückwünschen. Andere Sprechakttypen bringen andere Typen von Intentionen zum Ausdruck, z.B. Glauben (Assertiva), Wünsche (Kommissiva), Verlangen (Direktiva). Während aber die anderen Sprechakttypen die jeweiligen mentalen Zustände zusätzlich zu ihrem illokutionären Zweck zum Ausdruck bringen, ist deren Ausdruck im Falle von Expressiva der illokutionäre Zweck schlechthin (cf. Searle 1976: 23). Damit eng verbunden ist ihre Eigenschaft, keine Anpassungsrichtung zu haben und die Wahrheit der ausgedrückten Proposition zu präsupponieren (Searle 1976: 12, cf. auch Kissine 2013: 181). Da Searle zugleich davon ausgeht, dass beinahe allen Sprechakten eine Proposition zugrunde liegt, beschreibt er die Expressiva mit der symbolischen Formel (4), wo E für den illokutionären Zweck, das Nullsymbol ø für das Fehlen der Anpassungsrichtung, die Variable P für die möglichen psychologischen Zustände und die Variablen S/H für den Sprecher bzw. Adressaten stehen, dem eine Eigenschaft (property) auf der Ebene der Proposition zugeschrieben wird.

(4) E ø (P) (S/H + property)

Auf die in der gegebenen Proposition dargestellte Sachlage soll sich die emotionale Einstellung des Sprechers beziehen, die dem Hörer kommuniziert wird (cf. Searle/Vanderveken 1985: 58). Diese Auffassung der Proposition wird von Hanks (2018) entschieden zurückgewiesen. Hanks rechnet Expressiva zu den „non-propositional speech acts“, wofür nicht zuletzt die Unmöglichkeit spricht, ihre Anpassungsrichtung zu bestimmen. Ähnlich wie Austin den Behabitiva konnte auch Searle den Expressiva keine Anpassungsrichtung zuweisen, was damit zusammenhängt, dass ihnen keine Glückensbedingungen zugewiesen werden können. Expressiva können weder wahr noch falsch sein, weder kann die jeweilige Sprecherintention vom Hörer erfüllt werden, noch kann der Hörer den Sprecher für Ihre Erfüllung verantwortlich machen. Wenn also der propositionale Gehalt Ausgangspunkt für die Bestimmung von Erfüllungsbedingungen der Sprechakte sein soll, verfehlt seine Annahme ihren Zweck bei Sprechakten, die keine Erfüllungsbedingungen besitzen (cf. Hanks 2018: 141)3.

Auf die Unmöglichkeit, Glückensbedingungen für Expressiva anzugeben, verweist auch Sander (2013): „[W]eder sind hier die Wörter ‚deskriptiv‘ auf die Welt ausgerichtet, noch soll sich im ‚präskriptiven‘ Modus die Welt nach dem Wort richten“ (Sander 2003: 12). Im Unterschied zu Deskriptionen stellen sie keine Berichte über innere Zustände dar, und im Unterschied zu Versprechungen und Aufforderungen entbehren sie einer sozialen Verpflichtung. Der soziale Aspekt spielt dabei dennoch eine wichtige Rolle. Was mit ihnen ausgedrückt wird, sind sozialisierte Emotionen bzw. Kognitionen davon, und erst sekundär individuelle emotionale Einstellungen (cf. Sander 2003: 22).

An dieser Stelle muss Searles Konzeption sekundärer und ggf. unbewusster bzw. unbeabsichtigter Intentionen erwähnt werden, die sich auf Austin zurückführen lässt. Austin (1962) lässt z.B. bei seinen Exercitiva die Möglichkeit zu, dass der Sprecher eine Illokution vollzieht, ohne die entsprechende Intention zu haben, lediglich deshalb, weil seine Äußerung im gegebenen Kontext mit guten Gründen als diese Illokution wahrgenommen werden kann. Sie verändert den sozialen Kontext unabhängig von Sprecherintentionen, wenn der Sprecher bestimmte Befugnisse besitzt und die erforderliche Formel vor entsprechendem Auditorium äußert. In Bezug auf expressive Sprechakte kann in diesem Zusammenhang die Frage gestellt werden, ob ihr Glücken von emotionalen Einstellungen bzw. Empfindungen des Sprechers oder von ihrer Rezeption abhängt. Besteht ferner ihr illokutionärer Zweck lediglich darin, Einstellungen zu einem Sachverhalt auszudrücken, „ohne dass weitere Konsequenzen intendiert sind“ (Liedtke 2016: 61)? Können schließlich Expressiva nur tatsächlich beim Sprecher vorhandene innere Zustände ausdrücken, oder sind sie eher Ausdruck sozialer Verpflichtung zu diesen Zuständen? Mit Sander (2003) lässt sich die letztere Frage wie folgt formulieren:

Liegt der ‚Witz‘ solcher Sprechakte wie dem Danken und dem Gratulieren wirklich nur im bloßen Ausdruck von ‚feelings‘, oder wäre hier nicht eher an die soziale Funktion solcher Vollzüge zu denken? (Sander 2003: 12)

Rolf (1997) versucht dieses Dilemma zu lösen, indem er den Expressiva „die regulative Beeinflussung der emotionalen (Gesamt-)Lage des Adressaten“ (Rolf 222–223) als ihren illokutionären Zweck zuschreibt. Eine kommunikative Beeinflussung des Adressaten lässt sich nach Austin (1962) allerdings nicht mit der Äußerung von Worten, sondern nur durch die geäußerten Worte erreichen, sie betrifft also den perlokutionären Zweck einer Äußerung. Rolf begründet seinen Verweis auf die perlokutionären Folgen der Expressiva bereits in der wesentlichen Regel für ihren Vollzug damit, dass die meisten expressiven Sprechakte „essentiell Hörer-gerichtet“ sind (cf. Searle/Vanderveken 1985: 211). Mit anderen Worten, und zwar im Anschluss an Austins Charakterisierung der Behabitiva, lässt sich Rolfs Vorschlag damit begründen, dass alle Expressiva direkt die Beziehung zwischen Sprecher und Adressat betreffen.

Eine auf die Beeinflussung des Adressaten ausgerichtete Sichtweise attestiert Searle (1969) dem Grice’schen bedeutungstheoretischen Ansatz, der zwar nicht zwischen illokutionären und perlokutionären Akten differenziert, aber perlokutionäre Intentionen bei der Bestimmung der Sprecherbedeutung im Blick hat, wenn er die Wirkung des Gesagten auf den Hörer bzw. seine Reaktion auf das Gesagte zum kommunikativen Ziel des Sprechers erklärt. Die Grice’sche Bestimmung der Bedeutung beziehe sich demnach nicht auf die Absicht, einen illokutionären Akt zu vollziehen, obschon gerade diese Absicht das vom Sprecher Gemeinte definieren soll:

Grob gesehen läuft Grice’s Bestimmung [des Bedeutungsbegriffs] darauf hinaus, daß Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Absicht, einen perlokutionären Akt zu vollziehen, definiert werden muss. Aber etwas zu sagen und es zu meinen, ist nicht notwendig mit der Absicht verknüpft, einen perlokutionären Akt zu vollziehen; dagegen ist es untrennbar mit der Absicht verknüpft, einen illokutionären Akt zu vollziehen. (Searle 1973: 69–70)

Als Beispiel für illokutionäre Akte, die keine perlokutionären Effekte zum Ziel haben, nennt Searle Begrüßungen wie „Hallo“, bei denen es nur darauf ankommt, dass der Hörer weiß, dass er gegrüßt wird, d.h. das Verstehen der illokutionären Intention soll keine weiteren Folgen bewirken (cf. Searle 1973: 73). Die Frage, ob mit Grüßen dieser Art tatsächlich keine perlokutionären Effekte beabsichtigt werden und man nur höflich wirken will, kann an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden. Festhalten möchte ich nur: Auch wenn Searle die Rolle der Perlokutionen im Vollziehen von Sprechakten marginalisiert, wird von ihm die Möglichkeit einer Reduktion des Illokutionären auf das Perlokutionäre erwogen (cf. Searle 1973: 113)4. Beim Aufstellen seiner Sprechaktklassifikation kommt er allerdings zu dem Schluss, dass perlokutionäre Effekte nicht systematisch mit Illokutionen einhergehen und daher nicht in die konstitutive Regel eines Sprechakttyps aufgenommen werden können:

For many, perhaps most, of the most important illocutionary acts, there is no essential perlocutionary intent associated by definition with the corresponding verb, e.g. statements and promises are not by definition attempts to produce perlocutionary effects in hearers. (Searle 1976: 3)

Alston (2000) folgt Searle (1976) und Searle/Vanderveken (1985) darin, dass er als Ausgangspunkt für seine Behandlung von Expressiva das Vorhandensein entsprechender mentaler Zustände beim Sprecher annimmt. Alston zufolge gibt es keine objektiven Erfüllungsbedingungen für den gelungenen Vollzug eines expressiven Sprechakts, sondern es ist lediglich die Verpflichtung des Sprechers erforderlich, sich in einem bestimmten mentalen Zustand zu befinden. Es kann sich dabei um beliebige mentale Zustände handeln. Da sie aber auch in anderen obligationenerzeugenden Akten (Kommissiva und Direktiva) ausgedrückt werden, erübrigt sich aus Alstons Sicht die Searle’sche Annahme einer eigenen Klasse von Expressiva (cf. Alston 2000: 103–109).

Finkbeiner (2019a: 352) spricht sich für die Beibehaltung der Expressiva als gesonderter Sprechaktklasse aus, findet aber die Searle’sche Definition expressiver Sprechakte insofern problematisch, als die meisten Sprechakte, die Searle dieser Klasse zuordnet, „in bestimmten Situationen sozial hochgradig erwartet sind und deshalb zu Routinisierung neigen“. Sie findet selbst den Terminus „expressiver Sprechakt“ irreführend für Danken, Gratulieren oder Kondolieren, wo das Ausdrücken individueller Emotionen „ein Stück weit gegenüber der Erfüllung einer sozialen Konvention verloren[geht]“ (ebd.). Finkbeiner führt im Anschluss an Bach/Harnish (1979) aus, dass der illokutionäre Zweck dieser Sprechakte in vielen Fällen nicht darin besteht, eigene Emotionen zum Ausdruck zu bringen, sondern darin, die soziale Erwartung zu erfüllen, dass diese Emotionen ausgedrückt werden. Ähnlich wie Austins Behabitiva sind Expressiva diejenigen Sprechakte, mit denen der Sprecher eine Einstellung ausdrückt, auch wenn er sie nicht unbedingt verspürt, sondern lediglich für angemessen hält (cf. Bach/Harnish 1979: 51). Sie sollen in bestimmten Situationen ausgedrückt werden, auch wenn man sie nicht hat, denn ihr Vorhandensein wird konventionellerweise vom Sprecher erwartet bzw. bei ihm vorausgesetzt (cf. Finkbeiner 2019: 131). Die Konvention allein scheint sicherzustellen, dass die gemeinte Illokution vom Adressaten auch im Falle einer unaufrichtigen, ironischen, elliptischen o.ä. Kommunikation verstanden wird.

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