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III. Rundfunkbeitrag

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Der Streit über die abgabenrechtliche Einordnung von Rundfunkgebühr bzw. Rundfunkbeitrag schwelt seit langer Zeit. Er dürfte mit der jüngsten Reform und auch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 nicht beendet sein[618]. Mit dem Urteil des EuGH vom 13. Dezember 2018 ist allerdings die Frage entschieden, ob es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine euoroparechtswidrige staatliche Behilife handelt. Der EuGH verneinte dies erwartungsgemäß[619]. Ein Teil der Schwierigkeiten, die sich bei der abgabenrechtlichen Einordnung des Rundfunkbeitrags stellen, dürften darauf beruhen, dass der Rundfunkbeitrag dogmatisch „zwischen“ Rundfunk- und Finanzverfassungsrecht zu verorten ist. Zum 1.1.2013 wurde durch den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag mittels des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags und seiner landesgesetzlichen Umsetzungen die Rundfunkgebühr durch einen Rundfunkbeitrag als Haushaltsbeitrag ersetzt[620]. Nach § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber als Beitragsschuldner ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Auf das Bereithalten eines Empfangsgeräts oder darauf, ob Rundfunkleistungen konsumiert werden, kommt es dabei nicht mehr an. Zahlreiche Sondertatbestände treten hinzu. Hintergrund dieser Entwicklung war es, dass das Anknüpfen an klar definierte Empfangsgeräte angesichts der Konvergenz der Endgeräte – Fernsehgeräte, Radiogeräte, Computer mit zahlreichen Zwischenformen – obsolet zu werden drohte[621]. Da der finanzverfassungsrechtlich angezeigte Weg einer Steuerfinanzierung unter Wahrung der Unabhängigkeit und Staatsferne[622] des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von den Rundfunkanstalten aus wenig überzgeugenden Gründen bekämpft wird, gingen die Reformbemühungen dahin, einen geräteunabhängigen Haushaltsbeitrag zu schaffen. Die Abgrenzung zur Steuer gerät so noch mehr ins Schwimmen, gegen diesen neuen Abgabentyp bestehen verfassungsrechtliche Bedenken[623].

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Eine große Bedeutung hat die Klassifizierung des Rundfunkbeitrags schon allein aufgrund der Frage, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an ihn zu stellen sind, auch die Höhe betreffend[624]. Das Bundesverfassungsgericht wie auch das Bundesverwaltungsgericht haben die Frage der abgabenrechtlichen Einordnung der bisherigen Rundfunkgebühr offen gelassen[625]. Zum neuen Rundfunkbeitrag lag bisher nur Judikatur von Landesverfassungsgerichten[626] sowie der Verwaltungsgerichtsbarkeit vor[627]. Da es sich bei den Rundfunkanstalten um Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, ist der Rundfunkbeitrag zumindest auch nach öffentlich-rechtlichem Abgabenrecht zu beurteilen, insbesondere nach den Vorschriften des X. Abschnitts des Grundgesetzes, der sich am Leitbild des Steuerstaates orientiert[628]. Die Bezeichnung als „Beitrag“ kann allenfalls als Indiz herhalten, letztlich ist der materielle Gehalt entscheidend für die Qualifikation[629].

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Eine Einordnung als Steuer wird teilweise in der Literatur vertreten[630], jedoch überwiegend abgelehnt[631] obgleich mit der Neugestaltung der Abstand sich weiter verringert hat. Da der Rundfunkbeitrag zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung öffentlich-rechtlicher Rundfunk gezahlt wird[632], mithin nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt, sondern vielmehr von den Ländern zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt wird, liegt eine Einordnung als Steuer nahe[633]. Allerdings spricht gegen die Annahme einer Steuer nicht nur das Argument, dass die hoheitlich auferlegte Abgabe den Landesrundfunkanstalten und somit nicht der öffentlichen Hand im Sinne der unmittelbaren oder mittelbaren Staatsverwaltung, d.h. nicht einem nach der Finanzverfassung Ertragsberechtigten zufließt[634], sondern auch, dass eine Gesetzgebungskompetenz der Länder nach Art. 105 Abs. 2a GG nicht in Frage kommt und somit nur die Annahme einer nichtsteuerlichen Abgabe plausibel ist[635]. Es handelt sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer[636].

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Aufgrund der fehlenden konkreten Gegenleistung – eine Inanspruchnahme des Programms der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist nicht Bestandteil des die Zahlungspflicht auslösenden Abgabentatbestands – und der nicht unbedingt gegenleistungsbezogenen Verwendung des Aufkommens liegt auch keine Gebühr vor[637].

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Von nicht wenigen Autoren und jetzt auch vom Bundesverfassungsgericht wird die Abgabe als Beitrag angesehen[638]. Die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme spricht für die Einordnung als Beitrag, da es nicht auf die tatsächliche Nutzung des Angebots der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ankommt. Allerdings muss die Beitragspflicht eine unmittelbare Verbindung zu „konkreten, einzeln greifbaren wirtschaftlichen Vorteilen“ aufweisen[639]. An diesem Vorteil fehlt es, wenn der Empfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überhaupt nicht gewünscht wird. Ein Vorteil entsteht noch nicht durch das bloße Angebot, da dieses auch noch abgefragt werden muss. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts liegt der durch den Rundfunkbeitrag ausgeglichene Vorteil in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. Für die Staatspraxis dürfte die Qualifikation dieser Abgabe damit zunächst entschieden sein, angesichts des Streitpotentials die Diskussion jedoch anhalten. Einzige überfällige Korrektur des Ersten Senats war die Verfassungwidrigerklärung der Erhebung des Beitrags auf Zweitwohnungen.[640]

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Auch die Einordnung als Sonderabgabe ist zu erwägen[641]. Ist der Gegenleistungscharakter des Rundfunkbeitrags schon problematisch hinsichtlich der Einordnung als Sonderabgabe[642], kann die Gruppe der Rundfunkteilnehmer jedenfalls schon allein aufgrund ihrer Größe nicht als homogen angesehen werden und unterscheidet sich nicht hinreichend von der Allgemeinheit. Spätestens seit der Umstellung von der Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag und damit auf die Anknüpfung an jeden Haushalt sind die Abgabepflichtigen mit der Allgemeinheit identisch. Auch die besondere Sachnähe zur finanzierten Aufgabe und die Gruppennützigkeit der Aufkommensverwendung erscheinen problematisch[643].

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In der Rundfunkgebühr wurde – und Entsprechendes gälte wohl auch für den Rundfunkbeitrag – von einigen Autoren eine sog. sachkompetenzimplizite Abgabe gesehen[644]. Demnach soll eine eigene, verfassungsunmittelbare Abgabenerhebungskompetenz bestehen[645]. Diese könnte aus Art. 70 Abs. 1 und aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG hergeleitet werden, nach denen die Länder ein funktionsfähiges öffentlich-rechtliches Rundfunksystem zu gewährleisten hätten[646]. Allerdings ergäben sich daraus keine weitergehenden Rückschlüsse in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Abgabe[647], da in erster Linie die Kompetenz für die Erhebung der Rundfunkgebühren geklärt würde – diese liegt unbestritten bei den Ländern[648].

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Es bleibt das dogmatisch nicht sehr befriedigende Ergebnis, den Rundfunkbeitrag anders als das Bundesverfassungsgericht als Abgabe sui generis einzuordnen[649]. Aufgrund der großen Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kommt dem Rundfunkbeitrag damit eine Sonderstellung im Bereich der öffentlich-rechtlichen Abgaben zu[650]. Die Ausgestaltung durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag mit der Grundanknüpfung der Wohnung und zahlreichen problematischen Erweiterungen ist im Detail problematisch (Zweitwohnungen[651]; Betriebstätten bzw. Kraftfahrzeugen[652] usw.) und Gegenstand zahlreicher Streitigkeiten[653]. Die weitere Entwicklung ist insbesondere angesichts des Bedeutungsverlusts des klassischen Rundfunks und der unausgeglichenen Regelung offen.

Elftes Kapitel Haushalts- und Abgabenrecht§ 67 Abgabenrecht › H. Kommunale Abgaben

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