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2. Grundsteuer
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Die Grundsteuer ist eine der ältesten Formen der direkten Besteuerung, ein reichs- bzw. bundeseinheitliches Grundsteuergesetz gibt es aber erst seit 1936[718]. Als Realsteuer bezieht sie sich auf die Beschaffenheit und den Wert eines Grundstücks; auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Eigentümers und den Ertrag des Grundstücks kommt es nicht an. „Die Grundsteuer entspricht […] in besonderem Maße dem Äquivalenzgedanken, wonach zwischen den Leistungen der Gemeinde für die Daseinsvorsorge und dem Grundsteueraufkommen ein enger Zusammenhang besteht“ [719].
Die Rechtfertigung der Grundsteuer wird immer wieder diskutiert[720], auch Reformversuche waren nicht selten und sind in letzter Zeit aufgrund der Vorlagen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Oktober 2014[721] und 17. Dezember 2014[722] beim Bundesverfassungsgericht, die mittlerweile entschieden sind, aktueller denn je[723]. Bereits in seinen Urteilen vom 30. Juni 2010[724] hatte der BFH eine allgemeine Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer für erforderlich gehalten und darauf hingewiesen, dass das weitere Unterbleiben einer solchen Neubewertung mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG, nicht vereinbar sei. Dennoch entschied er, dass die Einheitsbewertung des Grundvermögens für Bewertungsstichtage bis zum 1. Januar 2007 noch verfassungskonform sei. Mit seinen Beschlüssen vom 22. Oktober 2014 und 17. Dezember 2014 stellt der BFH nun klar, dass er in der Einheitsbewertung des Grundvermögens ab dem Bewertungsstichtag des 1. Januar 208 einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sieht. Neben den Richtervorlagen sind u.a. auch zwei Verfassungsbeschwerden zu dieser Frage beim Bundesverfassungsgericht anhängig[725]. Anfang des Jahres 2011 hat sich der Wissenschaftliche Beirat beim BMF in seiner Stellungnahme zur Grundsteuerreform für die Abschaffung des bisherigen Einheitswertverfahrens und eine Beibehaltung des Hebesatzrechts ausgesprochen[726]. Der Bundesrat hat am 4. November 2016 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Bewertungsgesetzes beschlossen, in dem der Kostenwert als Bewertungsmaßstab festgelegt wird[727]. Zudem soll durch eine Grundgesetzänderung die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes abgesichert und den Ländern die Möglichkeit zur Festlegung eigener Steuermesszahlen gegeben werden[728]. Mit Urteil vom 10. April 2018 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Grundsteuer wegen Gleichheitsverstößen auf Ebene der Bemessungsgrundlage verfassungswidrig sei. Die unterschiedlichen und veralteten Bewertungsregeln führten dazu, dass sich der Belastungsgrund der Steuer im Verhältnis verschiedener Grundstücke zueinander nicht realitätsgericht abbildete.[729] Mit Gesetz vom 30.11.2019 wurde ein neues Konzept implementiert, bei dem für die Länder die Möglichkeit der Abweichung besteht.
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Steuergegenstand ist der im Gebiet einer Kommune belegene Grundbesitz, wobei zwischen Grundstücken der Land- und Forstwirtschaft und übrigen Grundstücken unterschieden wird (vgl. § 2 BewG). Unter Grundstücken wird die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens verstanden, wozu Grund und Boden, Gebäude, sonstige Bestandteile und das Zubehör gehören. Auch Erbbaurechte, Gebäude auf fremdem Grund und Boden, Wohnungseigentum, Teileigentum, Teilerbbaurecht und das Wohnungserbbaurecht sind Steuergegenstände[730]. Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft unterliegt das land- und forstwirtschaftliche Vermögen der Grundsteuer, wozu alle Wirtschaftsgüter gehören, die einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dauernd zu dienen bestimmt sind[731].
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Steuerschuldner ist derjenige, dem die wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes zugerechnet wird. Regelmäßig ist dies der bürgerlich-rechtliche Eigentümer, im Falle anderen wirtschaftlichen Eigentums tritt der wirtschaftliche Eigentümer an dessen Stelle.
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Die Grundsteuer wird in selbstständigen, aufeinander folgenden Verfahrensstufen ermittelt. Zunächst erfolgt das Einheitswertverfahren, sodann das auf den Einheitswert aufbauende Steuermessbetragsverfahren und zuletzt das auf den Steuermessbetrag aufbauende Grundsteuerfestsetzungsverfahren. Für die Feststellung des Einheitswertes und des Steuermessbetrages (Promillesatz des Einheitswertes, festgelegt in §§ 14, 15 GrStG) ist das Finanzamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich das Grundstück liegt. Die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer einschließlich der Stundung oder des Erlasses obliegen der Gemeinde, in der das Grundstück liegt. Im Rahmen des Erlasses des Grundsteuerbescheides ist die Gemeinde an den Inhalt der Grundlagenbescheide gebunden. Sie hat folglich hinsichtlich des Inhalts des durch das Finanzamt erlassenen Einheitswertbescheides und des Grundsteuermessbescheids weder eine Prüfungspflicht noch ein Prüfungsrecht[732]. Die Gemeinde errechnet lediglich die konkrete Steuerschuld durch Anwendung des für das Gemeindegebiet geltenden Hebesatzes auf den im Steuermessbescheid ausgewiesenen Messbetrag (§ 25 Abs. 1, § 27 Abs. 1 GrStG).
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Befreiungen von der Grundsteuerpflicht sind nach §§ 3 bis 8 GrStG möglich, wobei zwischen Befreiungstatbeständen für Grundbesitz bestimmter Rechtsträger und solchen in Abhängigkeit der Nutzung unterscheiden werden kann. Im Prinzip gelten die Befreiungen für solchen Grundbesitz, bei dem eine kommerzielle Nutzung ausgeschlossen erscheint[733]. Daneben ist auch ein Grundsteuererlass aus Rechts- und Billigkeitsgründen nach §§ 32 und 33 GrStG möglich, der neben die allgemeine Erlassbefugnis der Gemeinden nach § 227 AO tritt.