Читать книгу Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов - Страница 414

b) Zweitwohnungsteuer

Оглавление

238

Die Zweitwohnungsteuer gehört zu denjenigen örtlichen Aufwandsteuern, die erstmals nach der Verfassungsänderung von 1969 erhoben wurden und somit nicht dem Kreis der traditionellen Gemeindesteuern zuzuordnen sind[851]. In der Rechtsprechung ist die Zweitwohnungsteuer als zulässige Aufwandsteuer mit örtlichem Charakter anerkannt[852]. Gleichartigkeit zu bundesrechtlich geregelten Steuern besteht nicht[853]. Ratio dieser Steuer ist es, die Inhaber einer Zweitwohnung an der Finanzierung kommunaler Lasten, wie Vorhaltekosten für Wasser, Abwasser, Müllabfuhr[854] äquivalent zu beteiligen[855].

239

Die Zweitwohnungsteuer knüpft dabei an den besonderen Aufwand an, der in dem Bereithalten einer Zweitwohnung zur privaten Nutzung zu sehen ist[856]. Das Innehaben einer solchen Wohnung erfordert die Aufbringung besonderer finanzieller Mittel und wird somit zum Indikator der für die Aufwandsteuer charakteristischen individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners[857]. Für die Steuerpflicht ist unerheblich, ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet[858]. Eine (Zweit-)Wohnung besteht dann, wenn der Raum oder die Räume ihrer Ausstattung nach zumindest vorübergehend zum Wohnen geeignet sind[859]. Auf die tatsächliche Nutzung kommt es für die Steuerfähigkeit dabei nicht an, vielmehr genügt die objektive Möglichkeit eines Wohnaufenthaltes des Inhabers[860]. Daneben sind auch mobile Unterkünfte, die nicht nur vorübergehend auf dem Gemeindegebiet abgestellt werden, der Zweitwohnungsteuer zugänglich[861].

240

Die Gerichte wurden in der Vergangenheit mehrfach mit der Problematik konfrontiert, inwiefern sog. Erwerbszweitwohnungen der Zweitwohnungsteuer unterworfen werden dürfen[862]. Eine Erwerbszweitwohnung besteht dann, wenn die Zweitwohnung aus Gründen der nicht täglich zu bewältigenden Wegstrecke zwischen Arbeits- bzw. Ausbildungsort und Hauptwohnung gehalten wird[863]. Zu klären war, ob dieser Aufwand lediglich der Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs dient[864] oder unabhängig von den Motiven und Zwecken der Zweitwohnsitznahme in jedem Fall die besondere Leistungsfähigkeit des Zweitwohnungsinhabers zum Ausdruck bringt[865]. Ausgehend vom Begriff des Aufwands soll der steuerfähige Tatbestand nicht erst bei besonders aufwendigen oder luxuriösen Einkommensverwendungen erfüllt sein, sondern sich bereits und ausschließlich in einem äußerlich erkennbaren Konsum erschöpfen[866]. Als ausreichend werden damit Wohnungen angesehen, die sich in der Nutzung eines Zimmers in einer Wohngemeinschaft[867] oder eines feststehenden Campingwagens auf einem Campingplatz[868] erschöpfen. Damit werden nur solche Zweitwohnungen nicht von der Aufwandsteuer erfasst, die ausschließlich als Kapitalanlage dienen[869]. Die Besteuerung von Erwerbszweitwohnungen ist damit zulässig. Um den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG gerecht zu werden – so das Bundesverfassungsgericht – „dürfen die Gründe für den Aufenthalt am Ort des Zweitwohnsitzes nicht zur Begründung der Steuerpflicht herangezogen werden, da die Aufwandsteuer eine wertende Berücksichtigung der mit dem getätigten Aufwand verfolgten Absichten und Zwecke ausschließt. Allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist für die Aufwandsteuer maßgeblich. Dem entsprechend darf für die Begründung der Steuerpflicht nicht differenzierend darauf abgestellt werden, ob eine Person eine Zweitwohnung nur aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken innehat“[870]. Einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG hat das Bundesverfassungsgericht hingegen angenommen für den Fall, dass ein Verheirateter neben seiner Familienwohnung eine Zweitwohnung am Erwerbsort nahm und dort zur Zweitwohnungssteuer herangezogen wurde. Aufgrund melderechtlicher Vorschriften konnte – anders als bei einem Unverheirateten – die Zweitwohnung nicht als Hauptwohnung angesehen werden (sog. melderechtliche Zwangslage), wodurch der Ehepartner der Zweitwohnungsteuerpflicht hätte entgehen können. Darin sah das Bundesverfassungsgericht eine Diskriminierung der Ehe[871]. Auch hierbei sind die Motive für die Zweitwohnung oder die Frage, ob die Nutzung der Wohnung als vernünftig anszusehen ist, irrelevant. Entscheidend ist allein, dass eine melderechtliche Zwangslage besteht[872]. Das OVG NRW hat zudem angedeutet, dass es auch nicht darauf ankommen kann, dass es sich um eine Erwerbszweitwohnung handelt[873]. Inzwischen sehen viele Zweitwohnungsteuersatzungen Befreiungen für Erwerbszweitwohnungen für Verheiratete vor[874]. Nutzen Eheleute jedoch sowohl die Hauptwohnung am Familienwohnsitz als auch die Erwerbszweitwohnung gemeinsam, verstößt die Besteuerung nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG[875]. Ebenfalls verstößt die Besteuerung der Zweitwohnung mangels melderechtlicher Zwangslage nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG, wenn Ehegatten ihren Hauptwohnsitz berufsbedingt an zwei verschiedenen Orten und am Hauptwohnsitz des jeweils anderen ihren Nebenwohnsitz angemeldet haben[876].

Darüber hinaus ist eine Wohnung nur dann Gegenstand der Zweitwohnungsteuer, wenn der Inhaber gleichzeitig über eine Hauptwohnung verfügt, in der die private Lebensführung gewährleistet werden kann[877]. Daran fehlt es insbesondere, wenn der Betroffene aus melderechtlichen Gründen gehalten ist, Gemeinschaftsunterkünfte, die eine individuelle Lebensführung nur sehr eingeschränkt zulassen, als Hauptwohnsitz mitzuteilen[878].

241

An den Begriff des Innehabens stellt die Rechtsprechung inzwischen nur noch geringe Anforderungen[879]. Nach mittlerweile ganz überwiegender Auffassung, die insbesondere von der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und auch des Bundesfinanzhofs getragen wird, setzt eine Aufwandsteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung nicht voraus, dass auch eine rechtlich gesicherte Verfügungsmacht über die Erstwohnung gegeben ist[880]. Der Zweitwohnungsteuer kann von Verfassungs wegen auch unterfallen, wer in seiner Erstwohnung als reiner Besitzdiener ohne eigenen Mitbesitz wohnt, wie dies im Fall der Nutzung des Kinderzimmers durch einen Studenten der Fall sein kann[881]. In Bezug auf die Zweitwohnung muss aber ein tatsächliches und rechtliches Verfügungsrecht bestehen. Eine Satzungsregelung, die dritte und weitere Wohnungen eines Inhabers im Gemeindegebiet von der Zweitwohnungsteuer ausnimmt, verstößt deshalb nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz[882].

242

Als Steuerschuldner kommen nur diejenigen Einwohner in Betracht, die in einer Gemeinde eine Zweitwohnung innehaben, ohne sich dort jedoch gleichzeitig überwiegend aufzuhalten[883]. Nicht natürliche Personen scheiden bei der Zweitwohnungsteuer als taugliche Steuersubjekte aus[884], da lediglich natürliche Personen einen steuerbaren Aufwand i. S. e. Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf betreiben können[885]. Mangels Wohnsitznahme einer juristischen Person spielt das Innehaben einer Zweitwohnung nur unter dem Aspekt der Geschäftstätigkeit und damit der Einkommenserzielung eine Rolle[886]. Eine Besteuerung aus Gründen der Einkommensverwendung scheidet somit von vornherein aus.

243

Die Höhe der Zweitwohnungsteuer bemisst sich nach dem Mietwert[887], der abhängig davon, ob der Steuerschuldner selbst Mieter oder Eigentümer ist, anhand der Jahresrohmiete bzw. einer fiktiven „üblichen Miete“ zu bestimmen ist [888]. Der Mietwert darf nicht mehr anhand der Jahresrohmiete, die auf Werten aus dem Jahr 1964 beruht, in Anbetracht des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 zur Grundsteuer und dem darin festgestellen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG berechnet werden, wie eine neuere Kammerentscheidung des BVerfG festgestellt hat[889]. Als Steuersatz sind 10-20% des jährlichen Mietaufwandes als unbedenklich[890] anzusehen, wobei Pauschalierungen und Staffelungen zulässig sind[891]. Eine degressive Staffelung der Steuertarife durch Stufenbildung verletzt laut BVerfG allerdings das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, da es nicht durch hinreichend gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt ist[892]. Die Einnahmeerzielung bzw. eine angespannte Haushaltslage vermögen nach dieser Ansicht eine derartige Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen[893]. Auch die Verfolgung zulässiger Lenkungszwecke – wie den Wohnungsinhaber zu einer Ummeldung von Zweit- in Hauptwohnsitz zu veranlassen oder das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung zu erhöhen – sind kein tauglicher Rechtfertigungsgrund, wenn diese auch durch einen linearen oder gar progressiven Steuertarif erreicht werden würden[894]. Gründe der Verwaltungsvereinfachung genügen den Rechtfertigungsanforderungen ebenfalls nicht, denn die Vorteile der Verwaltungsvereinfachung stehen außer Verhältnis zu der mit den Degressionseffekten verbundenen Ungleichbehandlungen[895]. Degressionseffekte, die innerhalb einer Stufe bestehen (stufeninterne Degression), sind allerdings aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt, sofern der Steuertarif ansonsten keine Degressionseffekte bewirkt[896]. Eine zeitlich beschränkte Eigennutzungsmöglichkeit schließt dabei die steuerliche Veranlagung für den vollen Jahresbetrag nicht grundsätzlich aus[897]. Ein Anspruch auf anteilige Berechnung besteht nur dann, wenn der Jahresbetrag im Hinblick auf den Eigennutzungszeitraum unverhältnismäßig erscheint[898].

Besonderes Verwaltungsrecht

Подняться наверх