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3. Grundrechtliche Grenzen
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Neben den abgabespezifischen sowie den kompetenziellen Voraussetzungen müssen Umweltabgaben auch den sonstigen materiellen Verfassungsanforderungen, insbesondere den Grundrechten, genügen.
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Der Sozialzweck, die Anknüpfung der Umweltabgaben an Ge- und Verbrauch von Ressourcen, eignet sich eher zur (freiheits-)grundrechtlichen Überprüfung als der allen Abgaben innewohnende Fiskalzweck, der aufgrund des prinzipiell maßlosen Finanzbedarfs des Staates nur begrenzt einer Abwägung auf Verhältnismäßigkeitsebene zugänglich ist – die Art. 2, 12 und 14 GG scheinen dabei potentielle Ansatzpunkte zur Überprüfung aus freiheitsrechtlicher Sicht zu sein[1119]. In diesem Zusammenhang muss im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vor allem die Wahrung des notwendigen Existenzminimums des Bürgers im Auge behalten werden, da Umweltabgaben mitunter unvermeidbare Handlungen besteuern können: „Die Unerlässlichkeit der Nutzung von Umweltgütern als Voraussetzung der Grundrechtsausübung ist demnach evident“[1120]. Grundsätzlich kann hinsichtlich der Rechtfertigung der freiheitsrechtlichen Eingriffe von Umweltabgaben auf die legitimen verfassungsrechtlichen Zwecke des nachhaltigen Umgangs mit knappen Ressourcen, der Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen und der Bedeutung gesundheitsverträglicher Umweltbedingungen (vgl. Art. 2 Abs. 2; 20a GG) verwiesen werden[1121]. Neben den Freiheitsrechten spielt wie allgemein im Abgabenrecht der allgemeine Gleichheitssatz eine hervorgehobene Rolle: Art. 3 GG überprüft die Zuordnung der mit den Lenkungselementen bewirkten Belastungen und deren Höhe, wobei insbesondere Ausnahmen von der Umweltabgabepflichtigkeit auf dem Prüfstand stehen. Dabei bildet der allgemeine Gleichheitssatz gerade auch für die nichtsteuerlichen Abgaben eine bedeutsame Schranke, da es rechtfertigungsbedürftig scheint, warum der Einzelne neben seiner Steuerpflicht auch noch abgabenpflichtig sein soll[1122].
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Weiterhin wird aus der Schutzpflichtdimension der Grundrechte auch eine Untergrenze des zu verfolgenden Umweltschutzniveaus und damit zugleich eine weitere grundrechtliche Schranke für den Einsatz von Umweltabgaben hergeleitet. Deren Effektivität erweise sich infolge der verzögerten und unsicheren Wirkung sowie der Möglichkeit zum „Freikauf“ von der Umweltschutzpflicht als zumindest ungewiss, so dass weitere, z.B. ordnungsrechtliche, Mechanismen zur Erreichung eines angemessenen Umweltschutzniveaus aus grundrechtlichen Erwägungen geboten seien[1123]. Aufgrund der weiten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers ergibt sich daraus jedoch kaum eine justiziable Schranke für die einzelne Umweltabgabe.