Читать книгу Handbuch des Verwaltungsrechts - Группа авторов - Страница 56
§ 2 Verwaltung im langen 19. Jahrhundert
ОглавлениеA. Gleichzeitigkeit von Revolution und Reform bis 18153 – 20
I. Integration in Französische Republik und Französisches Kaiserreich3 – 6
II. Ende des Alten Reiches und Napoleons Rheinbund7 – 10
1. Beginnende Auflösung der Strukturen des Alten Reichs unter Napoleons Einfluss7, 8
2. Ende des Alten Reichs und Napoleons Rheinbund ab 18069, 10
III. Reformschub für Bayern unter dem Ministerium von Graf Montgelas11 – 14
IV. Staatskatastrophe und Reformen in Preußen15 – 20
B. Legitimität der deutschen Staaten als fortbestehende Grundlage von Staat und Verwaltung (1815–1866)21 – 44
I. Republikanische Traditionen der Freien Städte21 – 28
1. Die drei Hansestädte22 – 26
2. Die Freie Stadt Frankfurt27, 28
II. Monarchie und Restauration im Deutschen Bund von 181529 – 38
1. Grundgedanken der inneren Ordnung des Deutschen Bundes von 181529 – 33
2. Spannungen und Prüfsteine34 – 38
III. Beamte als Fürsten- oder als Staatsdiener?39 – 44
C. Staatsaufgaben und Verwaltung45 – 62
I. Innere Verwaltung und Polizei45 – 50
1. Konzeption zwischen Gemeinwohlorientierung und Sicherheitspolizei45 – 47
2. Realität von Polizei bei der Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung48 – 50
II. Finanzverwaltung und materielle Ressourcen51 – 53
III. Ausbildung für die höhere Verwaltung54, 55
IV. Alltagspraktiken der Verwaltung56 – 58
V. Handlungsspielräume der Verwaltung59, 60
VI. Kommunikation mit den Adressaten der Verwaltung61, 62
D. Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1866/71–1914/18)63 – 84
I. Integration annektierter Gebiete als Reformchance (1866)?63 – 66
II. Strukturprobleme67 – 73
1. Föderalismus von ungleichen Monarchen67, 68
2. Gemeinsame Kriegsbeute: Elsass-Lothringen als „abhängiges Land“69 – 71
3. Finanzen im Föderalismus72, 73
III. Aufbau neuer Leistungsverwaltungen zur Daseinsvorsorge74 – 77
IV. Innovative Selbstverwaltungen in Großstädten und deutliche Grenzen auf dem Land78 – 80
V. Herausforderungen im Ersten Weltkrieg 1914–191881 – 84
1. Kriegszustand und Ermächtigungsgesetz 191481, 82
2. Konfliktreiches Nebeneinander von königlicher Regierung und königlichem Oberbefehl83, 84
E. Max Weber und die deutsche Verwaltung im langen 19. Jahrhundert85, 86
1
Metapher vom „langen“ 19. Jahrhundert
Der britische Historiker Erik Hobsbawm sprach im Hinblick auf das 20. Jahrhundert von einem „langen“ 19. Jahrhundert, das 1789 begann und 1914/1917/1918 endete.[1] Hier ist das Bild im Blick auf die Kontinuität der deutschen Monarchien zu verstehen. Oft beschritten sie aus dem Schrecken über die terreur des Wohlfahrtsausschusses 1793/94 in Frankreich und zur Besänftigung ausgreifender Ansprüche Napoleons den Weg von Reformen, doch jeweils anders. Und dann brachen sie am Ende des Ersten Weltkriegs für viele unerwartet zusammen. Für den „langen“ Zeitraum dazwischen legt das Bild Gleichläufigkeit und Kontinuität nahe, wenn nicht eine vom Nationalstaat bestimmte, positiv verstandene Fortentwicklung. Zu diesem „langen“ Jahrhundert zählen aber auch innere Brüche und vorhandene, aber wenig begangene alternative Wege.
2
Gleich scheinende Begriffe
Am 31. Juli 1914 wurden für heute fremdartige Rechtslagen deutlich. Der Kriegszustand als Ausnahmezustand auf Dauer wurde in Form einfacher Verordnungen verhängt. Sie ergingen durch den deutschen Kaiser und König von Preußen als Obersten Befehlshaber und – durch Bündnisverträge seit 1867 an ihn gebunden – den König von Bayern.[2] Politisch ging ihnen weder ein Beschluss einer Reichsregierung (es gab sie nicht; einziger Minister war der Reichskanzler) noch eine Diskussion und Abstimmung im Reichstag oder im bayerischen Landtag voraus. Herrschaftsrechte waren damals anders zwischen Krone, Regierung und Verwaltung aufgeteilt; dadurch wurde auch die Rolle der „Verwalteten“ anders gefasst, als es diese über mehr als zwei Jahrhundert verwendeten, nur gleich scheinenden, Begriffe aus heutiger Sicht suggerieren.[3] Die begriffliche und sprachliche Spannung wahrzunehmen, widerstrebt zunächst einer Verwaltungsrechtswissenschaft, die sich am geltenden Recht orientiert und dieses systematisiert.[4] Das Wissen um die geschichtliche Vielfalt von sehr unterschiedlichen Verwaltungen in vielerlei Situationen kann vermitteln, wie Recht und Verwaltung unsere gewachsene Kultur geprägt haben.[5] So, wie von Menschen bestimmte Antworten auf neuartige Situationen entworfen wurden, können diese von Menschen auch wieder geändert werden.