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2. Ende des Alten Reichs und Napoleons Rheinbund ab 1806
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Ende des Alten Reichs
Nach Napoleons Sieg über Österreich in Austerlitz sprach der Frieden von Preßburg 1805 Bayern und Württemberg die volle Souveränität und die Erhebung zum Königreich zum 1. Januar 1806 zu, mit der eigenartigen Verpflichtung, Mitglieder „des deutschen Bundes“ zu bleiben, obwohl doch der „Kaiser von Deutschland und Österreich“ ihrer Souveränität keine Schranken mehr setzen sollte. Die deutschen Herrscher, die schon erfolgreich in die Familie ausgerechnet des Stürzers der Dynastien eingeheiratet hatten, mussten sich am 1. August 1806 vom Reich trennen, als sie zusammen mit Napoleons Familien- und Satellitenstaaten Westphalen und Berg seinem Rheinbund beitraten. Er zielte eindeutig auf die militärische und finanzielle Unterstützung durch deutsche Ressourcen an Geld und Menschen; ein langfristiges wirtschaftliches Projekt wie etwa eine Zollunion war nicht damit verbunden. Am 6. August 1806 legte Kaiser Franz II., der seit 1804 auch schon (als Franz I.) Kaiser von Österreich war, in Wien die Reichskrone nieder und beendete damit die Existenz des Alten Reichs.
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Napoleons Modellstaaten
Als hegemonialer „Protektor“ des Rheinbunds baute Napoleon Pufferstaaten nach Osten auf, die ihm dynastisch eng verbunden waren. Nach dem Frieden von Tilsit 1807 errichtete er für seinen Bruder Jérôme vor allem aus abgetretenen preußischen Gebieten westlich der Elbe das neue Königreich Westphalen (Kassel). Es war ähnlich groß wie das erheblich verkleinerte Preußen. Als Modellstaat sollte es nach innen die Segnungen von revolutionärer Freiheit und Gleichheit bringen, darunter 1808 auch die völlige Emanzipation der Juden, die jedoch eher zögerlich umgesetzt wurde. Anders als im Rheinland blieben Universitäten in Marburg und Göttingen erhalten und nur Rinteln, Helmstedt und Halle wurden geschlossen. Napoleon selbst gab Ende 1807 dem Länderkonglomerat eine Verfassung, die es in acht Departements gliederte. Die neue, hierarchisch-bürokratisch bis in die Fläche durchorganisierte Verwaltung sollte nicht mehr absolutistischer Willkür folgen; der Monarch sollte „das Glück der Völker“ sichern – in Napoleons Kalkül aber vor allem sein Expansionsstreben absichern. Die rationale Gebietseinteilung stieß in den Kantonen als untersten Einheiten an Grenzen. Sie waren unterschiedlich groß, die Hauptorte lagen selten zentral, und im langgestreckten Kanton Stendal musste der Steuereinnehmer jeden Monat alle Gemeinden aufsuchen, die bis über 20 km entfernt lagen – weil diese Struktur an ältere Gerichtsbezirke anknüpfte. Finanzpolitisch wurde ein neues, einheitliches Steuersystem mit einer einzigen Staatskasse und einem einheitlichen Staatsbudget verordnet. Durch Abschaffung aller Binnenzölle entstand ein einheitliches Wirtschaftsgebiet, in dem die Maße auf das revolutionär-rationale metrische System umgestellt waren.[13] Das alte bayerische Nebenland des Herzogtums Berg (Düsseldorf) mit seinen frühindustriellen Zentren im Wuppertal gab Napoleon 1806 als Großherzogtum an seinen Schwager Joachim Murat, übernahm es aber 1808 selbst in Personalunion. Die Minister amtierten zwar in Düsseldorf, doch der ihnen vorgesetzte Minister-Staatssekretär residierte in Paris.[14] Mit dem Großherzogtum Frankfurt wurde schließlich Karl Theodor von Dalberg, der 1802 abgesetzte Kurfürst und Erzbischof von Mainz, als „Fürstprimas“ des Rheinbunds versorgt.