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IV.Multilaterale Rechtsstaatsförderung
ОглавлениеDie dritte Grundkonstellation der Rechtsstaatsförderung bilden Maßnahmen einer internationalen Organisation oder eines Verbunds, der bzw. dem Deutschland als Mitgliedstaat angehört. Deutschland wirkt dabei (nur) im Rahmen seiner mitgliedschaftlichen Rechte an der Organisation und Steuerung einzelner Maßnahmen mit. Die Mitgliedstaaten stimmen sich im Vorfeld in den jeweiligen Gremien und der statutenmäßigen Form ab. Die politische und rechtliche Gesamtverantwortung und die Vorhabensträgerschaft, also auch der wesentliche Teil der (unter III. geschilderten) Geberaufgaben, liegen dagegen bei der internationalen Organisation oder in der geteilten Verantwortung des Verbunds. Diese bzw. dieser handelt im Verhältnis zum Empfängerland.
Als Mitgliedstaat der internationalen Organisation trägt Deutschland zur Finanzierung von Missionen und Vorhaben bei. Hierzu zählen etwa die deutschen Beiträge zu VN-Friedensmissionen, die im Bundeshaushalt 2017 in Höhe von ca. 520 Mio. EUR veranschlagt waren, von denen aber nur ein Teil für Rechtsstaatsförderungsmaßnahmen verwendet wurde (ausf. § 4 D.). Dasselbe gilt im Bereich der Europäischen Union, etwa bei der Rechtsstaatsmission EULEX im Kosovo (§ 4 A.). Hiervon unterscheiden sich die von der EU finanzierten Programme, in deren Rahmen einzelne Projekte durchgeführt werden (§ 4 B.). Die Koordination der Mitgliedsstaaten erfolgt innerhalb der institutionellen Strukturen der EU.
Ausnahmsweise kann sich Deutschlands Beitrag an multilateralen Maßnahmen auch auf die Durchführung selbst beziehen. Insbesondere zwei Fälle sind denkbar: Erstens, wenn zur Durchführung einer multilateralen Maßnahme eine deutsche Durchführungsorganisation für den internationalen Vorhabenträger handelt. Der gemeinnützige Teil der GIZ kann für andere Geber zwar nur im Rahmen von Kofinanzierungen Projekte umsetzen. Der Geschäftsbereich International Services darf sich allerdings auch auf sonstige Ausschreibungen (etwa der EU) bewerben. Die politische und rechtliche Verantwortlichkeit für das Vorhaben liegt auch hier bei dem internationalen Akteur. Doch Deutschland behält seine Verantwortung als Gesellschafter für das Handeln des Durchführungsakteurs, die von der Bundesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Aufsicht und Steuerung der ihr nachgeordneten Stellen ausgeübt wird.
Zweitens können deutsche Expert:innen in Rechtsstaatsmissionen und Friedenseinsätzen internationaler Organisationen wie den VN, EU, OSZE oder der Afrikanischen Union (AU) entsendet bzw. sekundiert werden und dort in der Rolle eine:r internationalen Expert:in im Ausland tätig werden (12 D.).
Multilaterale Missionen und/oder Projekte sind vielfach internationale Kooperationen und es kommt zur Bildung von Konsortien, die komplexe Akteursstrukturen schaffen. Dabei kommt es auch zu Überschneidungen zwischen Deutschlands Rolle als Geber, Projektträger und Teil des internationalen Verbunds, der auch Vorhabensträger ist. Etwa in einem kofinanzierten Projekt, das Deutschland gemeinsam mit der EU trägt und in dem die GIZ als Durchführungsakteur agiert: Hier ist Deutschland selbst Co-Träger des Projekts mit den entsprechenden Trägeraufgaben, zugleich aber auch als EU-Mitglied mittelbar an der Trägerschaft beteiligt und zusätzlich für die GIZ als Durchführungsakteur verantwortlich.
Anders zu bewerten sind Justizsektorreform-Vorhaben unter internationalem Mandat der EU oder VN in Gebieten, deren Staatlichkeit so erheblich eingeschränkt ist, dass sie vorübergehend einer international geführten Regierung und Verwaltung unterworfen werden,34 ohne sich souverän gegenüber den internationalen Partnern zur Durchführung von Reformen zu verpflichten. Beispiele für diesen Ansatz, an denen auch deutsche Expert:innen beteiligt waren oder sind, bieten Timor L’Este (1999–2002) und wiederum das EU-Engagement im Kosovo insb. EULEX (ab 2008).
Jenseits einzelner Maßnahmen wirkt Deutschland durch seine Vertreter:innen in den Gremien der internationalen Organisationen an der Entwicklung globaler Standards für Rule of Law mit: etwa beim OECD-DAC, mit Blick auf Rule of Law in Friedensmissionen des Department of Peacekeeping Operations (DPKO) sowie bei den von der Weltbank initiierten Abstimmungen (ausf. § 15 A.). Diese Beratungsprozesse und ihre Produkte zielen auf die Vorstrukturierung der globalen Aktivitäten im Bereich der Rechtsstaatsförderung ab. Sie sind Teil einer Global Governance,35 die zur Herausbildung verbindlicher Standards beitragen kann (§ 14 B.) und dadurch erhebliche Wirkungen für die Durchführung von Missionen und Vorhaben in der internationalen Zusammenarbeit entfaltet.