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II.Rezeption von deutschem Recht in Japan
ОглавлениеFreiwillig begann die Beschäftigung mit europäischen Rechtsnormen in Ostasien nicht. Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die europäischen Kolonialmächte große Teile Asiens, darunter Indien, Indonesien, Malaysia und die Philippinen ihrer Herrschaft unterworfen. Großbritanniens Sieg über China im Opiumkrieg von 1840 sandte Schockwellen in die politischen und gesellschaftlichen Eliten der Region. 1853 durchbrach die US-Navy die selbstgewählte Isolation Japans und setzte die Machtinteressen ihrer Regierung in Form eines Freundschafts- und Handelsvertrages durch. Dieser und weitere sog. ungleiche Verträge mit anderen westlichen Großmächten enthielten Klauseln zum Nachteil Japans; so durfte die japanische Regierung nicht eigene Zolltarife festsetzen und Bürger:innen der Vertragspartner japanischen Gesetzen unterwerfen.
Das erste Interesse Japans an westlichem Recht galt dementsprechend dem Völkerrecht, um sich juristisch zur Wehr setzen zu können. Dieses Ziel verfolgte auch die hochrangige Iwakura-Mission, die 1871–1873 durch die USA und Europa reiste. Als ersichtlich wurde, dass es nicht gelingen würde, die ungleichen Verträge aufzukündigen, konzentrierten sich die Mitglieder darauf, Impulse für die innere Modernisierung und außenpolitische Stärkung Japans zu sammeln. In Berlin befassten sich ihre Mitglieder u. a. mit der Verfassung von 1850. Die juristischen Studien vertiefte 1882 eine sechsmonatige Mission in Deutschland unter Leitung des späteren Premierministers Ito Hirobumi.1 Beruhte das Strafgesetzbuch von 1880 noch auf französischen Modellen, so folgte die Gesetzgebung nun zunehmend deutschen Vorbildern. Neben den beiden Missionen trugen Studienaufenthalte von Intellektuellen und Beamten in Deutschland und die Rekrutierung deutscher Rechtsberater und -dozenten2 zum Gelingen der Transfers (§ 8 B.) bei, die inzwischen als freiwillig bezeichnet werden konnten, da sich Japan und Deutschland politisch und wirtschaftlich gleichrangig gegenübertraten.3
China, das zwölf Jahrhunderte lang die bedeutendste politische und kulturelle Zivilisation Ostasiens und regionales Vorbild für die Rechtsentwicklung gewesen war, begann sich nunmehr in umgekehrter Rolle an Japan zu orientieren. Kenntnisse vom deutschen Recht gelangten zunächst auf diesem Umweg in die chinesische Gesetzgebung.4 In Korea hingegen wurde japanisches Recht, das auf deutschen Vorbildern beruhte, zwangsweise eingeführt, nachdem das Land Protektorat und ab 1905 japanische Kolonie geworden war. In beiden Ländern setzte allerdings bald eine direkte und freiwillige Übernahme deutschen Rechts ein.5