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ERSCHIESSUNG IN PANČEVO GERHARD GRONEFELD Der Berliner Gronefeld (1911–2000) interessierte sich bereits als Jugendlicher für Fotografie und machte nach einem abgebrochenen Studium eine Fotografenlehre beim Zeitungsverlag Scherl. Seine Anstellung beim Hitler-Fotografen Heinrich Hoffmann verlor er, weil er sich weigerte, in die NSDAP einzutreten. Danach hielt er sich mit Aufträgen für illustrierte Blätter über Wasser, wurde mit Kriegsbeginn Kriegsberichterstatter und fotografierte hauptsächlich für die Wehrmachtszeitschrift Signal.Nach dem Krieg setzte er seine Karriere fort und dokumentierte für Illustrierte wie Stern oder Quick das westdeutsche Wirtschaftswunder.

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Es ist bis heute eines der bekanntesten Fotos, die Verbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg zeigen: Ein deutscher Soldat zielt mit einer Pistole auf einen Mann, der mit einem Dutzend anderer Exekutierter an einer Mauer auf dem Pflaster liegt. Aufgenommen hat es der deutsche Kriegsberichterstatter Gerhard Gronefeld, der als Sonderberichterstatter am Balkanfeldzug teilnahm.

Deutsche Soldaten auf dem Balkan? In Hitlers Plänen waren sie eigentlich gar nicht vorgesehen. Doch als der ohne Konsultationen mit Berlin vom Zaun gebrochene italienische Feldzug gegen Griechenland zu einem Fiasko zu werden drohte und in Jugoslawien ein Staatsstreich Ende März 1941 die deutschfreundliche Regierung stürzte, rollten die deutschen Panzerverbände – statt wie vorgesehen nach Osten, nach Russland – zunächst nach Süden. Es dauerte nur elf Tage, bis die jugoslawische Armee kapitulierte; und auch über der Akropolis in Athen wehte schon wenig später die Hakenkreuzflagge.

Wie überall in Europa reagierte die Wehrmacht auch auf dem Balkan mit größter Brutalität auf Widerstand gegen die Besatzungsmacht. Als am 20. April 1941 in Pančevo in der Nähe Belgrads Heckenschützen einen Soldaten der SS-Division »Das Reich« töteten und einen weiteren schwer verwundeten, wurden rund einhundert Einwohner des Orts festgenommen. Ein Standgericht verurteilte 36 von ihnen zum Tode, obwohl keinem eine Tatbeteiligung nachgewiesen werden konnte.

Vollstreckt wurden die Urteile öffentlichkeitswirksam am Schauplatz des Überfalls, einem Friedhof. Die Hälfte der Todeskandidaten wurden auf dem Gottesacker erhängt; die andere Hälfte an der Friedhofsmauer von einem Exekutionskommando des Wehrmacht-Infanterieregiments »Großdeutschland« erschossen. Die Hinrichtung sollte ein Exempel statuieren und als Abschreckungsmaßnahme dienen, um jeden Widerstand in Serbien schon im Keim zu ersticken.

Einer der zahlreichen Augenzeugen der Tat war Gronefeld, der die Geschehnisse in Pančevo mit seiner Kamera dokumentierte. Zunächst habe er nicht das Gefühl von Unrecht gehabt, so Gronefeld: »Ich hatte ja selber Posten in der Nacht gestanden, als die Serben zwei von uns umlegten. Da kocht es in einem.« Dann jedoch habe sich etwas in ihm aufgebäumt, da vollkommen Unschuldige zur Vergeltung sterben mussten. »Als ich die Bilder machte, wusste ich schon, dass ich diese Filme nicht abschicken würde, nachdem ich den Menschen gegenübergestanden hatte und ihnen in die Augen geschaut hatte. Als die mich anstarrten, unter der Schlinge den Henker erwarteten, wusste ich, dass diese Bilder, wenn ich sie zurückschicken würde, niemals erscheinen, sondern verloren gehen würden. Da sagte ich mir: Es ist besser, sie zu behalten.« Erst in den 1960er Jahren machte er sie der Öffentlichkeit zugänglich.

Die deutsche Besatzung in Serbien war auch in der Folgezeit von beispielloser Brutalität gekennzeichnet. Als nach dem Angriff der Wehrmacht auf die Sowjetunion ein Aufstand ausbrach, erschossen oder erhängten die Deutschen allein im Juli und August 1941 1000 Personen. Im September 1941befahl das Oberkommando der Wehrmacht, für jeden getöteten Deutschen 100 und für jeden Verwundeten 50 serbische Geiseln zu exekutieren. Insgesamt sind mindestens 300 000 bis 350 000 Serben der deutschen Guerillabekämpfung zum Opfer gefallen, schätzt der Militärhistoriker Klaus Schmider. Ein Drittel davon dürften unbeteiligte Zivilisten gewesen sein. Gerhard Gronefeld verfolgten die Bilder der unschuldig Getöteten in Pančevo bis an sein Lebensende.

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