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POGROME IN LEMBERG POGROME Der aus dem Russischen stammende Begriff bedeutet seinem Wortsinn nach »Verwüstung«, »Zerstörung« oder »Krawall« und wurde zuerst für die antisemitischen Ausschreitungen im Zarenreich ab den 1880er Jahren gebraucht. Später bezeichnete man damit auch die Gewaltaktionen gegen Juden im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Heute wird das Wort auch bei Übergriffen gegen andere Opfergruppen wie religiöse Minderheiten verwendet.

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Ein junges Mädchen, das geschlagen, geschändet und nur noch notdürftig bekleidet auf dem Straßenpflaster kniet und dem Fotografen flehentlich die Hände entgegenstreckt. Eine ältere Frau, vielleicht ihre Mutter, die versucht, sie vor Schlägern und Gaffern zu schützen. Eine Menschenmenge, die begierig lauert, wie sich auf den Straßen von Lemberg der »Volkszorn« blutig austobt.

Am Morgen des 30. Juni war die Wehrmacht in die galizische Metropole einmarschiert. In den Tagen zuvor hatten sowjetische Geheimpolizisten in den Gefängnissen der Stadt fürchterlich gewütet – Stalins Geheimdienstchef Berija hatte befohlen, beim Heranrücken der Deutschen alle »konterrevolutionären Elemente«, deren Deportation nicht mehr möglich war, zu erschießen. Hunderte von Häftlingen waren in ihren Zellen mit Genickschuss getötet, anderen war mit Vorschlaghämmern die Schädel zertrümmert worden. Zuletzt hatten die Bewacher Granaten in die immer noch überfüllten Zellen geworfen.

Nach der Ankunft der Wehrmacht begannen die Lemberger, in den Leichenbergen nach Angehörigen und Freunden zu suchen. Und sie sannen darauf, Rache zu nehmen. Die wahren Täter waren geflohen, rasch fand man Sündenböcke – angefeuert von der neuen Besatzungsmacht, die auf Maueranschlägen verkündete, wer angeblich für die Morde verantwortlich war: die »jüdische Bolschewiken«. Tatsächlich galten Juden vielen Ukrainern – selten zu Recht, meist zu Unrecht – als Träger des kommunistischen Systems. Hinzu kam ein traditionell verwurzelter Antisemitismus.

Die schnell aufgestellte ukrainische Miliz begann, Juden aus der ganzen Stadt zusammenzutreiben. Die deutschen Soldaten hinderten sie nicht. Die Polin Jarosława Wołoszańska sah als 22-Jährige, was in Lemberg, dessen Einwohnerschaft von 340 000 Menschen fast zu einem Drittel aus Juden bestand, geschah: »Sie haben die Juden geholt, um die Leichen aus dem Gefängnis zu tragen. Sie wurden auf der Straße geschlagen, ich habe es selbst gesehen. Es gab ein schreckliches Judenpogrom. Sie kamen in der Morgendämmerung, zerrten die Menschen aus den Häusern. Das Schlimmste ist, dass sie auch Kinder töteten. Alles war ganz furchtbar! In der ganzen Stadt roch es nach Tod und Verwesung … Man hörte das Weinen der Menschen, die auf die Straße gezerrt wurden. Wo ich gewohnt habe, da haben sie eine jüdische Familie mitgenommen, da hörte man das Weinen der Kinder, die Schreie einer Frau. Ich habe nichts gesehen, ich habe nur die Schreie gehört. Es war furchtbar.«

4000 Juden wurden in drei Tagen auf offener Straße erschlagen: von der einheimischen Miliz und von Teilen der Bevölkerung – kein Einzelfall. In einem Bericht des Chefs der Einsatzgruppe A, SS-Brigadeführer Dr. Franz Stahlecker, vom Oktober 1941 heißt es zusammenfassend: »Schon in den ersten Stunden nach dem Einmarsch wurden, wenn auch unter erheblichen Schwierigkeiten, einheimische antisemitische Kräfte zu Pogromen gegen die Juden veranlasst … Es musste nach außen gezeigt werden, dass die einheimische Bevölkerung selbst als natürliche Reaktion gegen jahrzehntelange Unterdrückung durchdie Juden und gegen den Terror durch die Kommunisten in den vorangegangenen Zeiten die ersten Maßnahmen von sich aus getroffen hat.«

Die Pogrome waren willkommen, weil man hoffte, dass Exzesse von Einheimischen die Skrupel und Widerstände gegen den Judenmord unter Wehrmachtsoldaten verringern würden. Die brutale Reaktion der Bevölkerung lieferte zudem eine willkommene Relativierung der eigenen Verbrechen.

Der zweite Weltkrieg

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