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DER BOXER

Konzentriert und doch angespannt sitzt er da, die Fallschirmjägermontur am muskelbepackten Körper: Deutschlands Sportidol Max Schmeling, Schwergewichtsboxer und Superstar der 1930er Jahre. Einst jubelte eine ganze Nation ihm zu – jetzt sitzt er in einer Ju-52 der Luftwaffe und fliegt zu seinem ersten Kampfeinsatz als Luftwaffensoldat.

WELTMEISTER SCHMELING

Schwergewichtsweltmeister war Schmeling (1905–2005) tatsächlich nur zwei Jahre lang: 1930 gewann er den Titel gegen den Amerikaner Jack Sharkey – durch Disqualifikation seines Gegners. Zeitungen verspotteten Schmeling als »Weltmeister im Liegen«. Ein Jahr darauf konnte er seinen Titel verteidigen, diesmal durch technischen K. o. seines Gegners Young Stribling. Umso größer war die Begeisterung in der Heimat. Schon 1932 verlor er den WM-Titel wieder an Sharkey. Dennoch schlug ihm weiterhin die ungeteilte Sympathie der Deutschen entgegen.

1936 hatte er in New York den »braunen Bomber« Joe Louis k. o. geschlagen – ein historischer Triumph, den die NS-Propaganda prompt zum »deutschen Sieg« erklärte und Schmeling zum »Inbegriff des deutschen Boxers«. Die angeheizte Euphorie war so nachhaltig, dass noch Jahrzehnte später viele Deutschen glaubten, Schmeling habe damals den Weltmeistertitel gewonnen. Ein Irrtum. Wer nach der WM-Krone greifen durfte, sollte durch den Kampf erst ermittelt werden. Die Chance erhielt er zwei Jahre später, wieder gegen Joe Louis – und verlor.

Schmeling selbst vermittelte später den Eindruck, die NS-Führung hätte ihn nach seiner Niederlage endgültig fallen lassen. Der Eindruck ist falsch. Seine engen Beziehungen zu den Nazi-Oberen kühlten zwar ab, erloschen aber nicht völlig. Auch dass Schmeling nach Kriegsausbruch als einziger deutscher Leistungssportler an die Front musste, wie er später glauben machen wollte, entsprach nicht den Tatsachen. Viele Olympiasieger und erfolgreiche Sportler mussten an die Front, und je länger der Krieg dauerte, umso weniger Rücksicht nahm das Regime.

Max Schmeling verdankt seinen Einsatz im Mai 1941 bei der Invasion auf Kreta keiner Intrige, sondern seiner freiwilligen Meldung zu den Fallschirmjägern. Doch der Boxchampion erwies sich bei der »Operation Merkur« als Max im Glück. Während jeder dritte deutsche Soldat bei diesem Himmelfahrtskommando fiel, kam er mit einer Knieverletzung davon.

Als sich die Schlagzeilen der internationalen Presse, die Schmelings Tod gemeldet hatten, als falsch herausstellten, wetterte die deutsche Propaganda gegen die ausländische »Lügenpresse«, und Goebbels nutzte das internationale Sportidol als Kronzeugen für angebliche britische Massaker. Allerdings fand nicht jedes Interview, das Schmeling von seinem Athener Krankenhausbett aus gab, die Zustimmung des Propagandaministers. Einem amerikanischen Reporter sagte Schmeling: »Ich hoffe, der Krieg wird bald zu Ende sein, damit ich meine vielen Freunde in den Vereinigten Staaten wieder einmal besuchen kann«. Goebbels tobte über dieses »dumme und kindische« Interview: »Wenn Boxer Politik machen. Er soll lieber kämpfen als in Athen sitzen und Sprüche klopfen.«

Im weiteren Verlauf des Kriegs griff die NS-Propaganda immer wieder auf das Boxidol zurück. Wochenschau-Berichte zeigten den ehemaligen Weltmeister in seiner Fallschirmjäger-Uniform, in der NS-Postille Der Angriff bekannte der zum Unteroffizier beförderte Schmeling, »mit Leidenschaft Soldat zu sein«. Im Rahmen der Truppenbetreuung sorgte er für die moralische Aufrüstung der deutschen Soldaten und genoss dabei Privilegien.

Schmeling, der Nazi? Ein persönliches »Nahverhältnis« zu den Größen des »Dritten Reichs« hat er nie abgestritten, Belege für eine politische Nähe zur NS-Ideologie hingegen gibt es nicht. Er hatte Gönner unter den höchsten Nazi-Größen, trat aber nie der Partei bei. Er hob die Hand zum Hitler-Gruß, wies jedoch NS-Auszeichnungen wie den Ehrendolch der SA zurück. Er verteidigte mit Ergebenheits-Adressen die nationalsozialistische Politik, bestand aber auf seinem jüdischen Manager und rettete Juden vor den Schergen des rassistischen Regimes. Am liebsten hätte er Sport und Politik getrennt. Doch der Zeitgeist erlaubte dies nicht.

Der zweite Weltkrieg

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