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Die Begriffe „Hypnose“ und „Trance“

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Schon dadurch, wie diese Begriffe meist verwendet werden, entsteht leicht Verwirrung. Mit dem Begriff „Hypnose“ werden in der hypnotherapeutischen Fachwelt üblicherweise alle die Interaktions- und Kommunikationsprozesse gemeint, die rituell eingesetzt werden (entweder als Fremd- bzw. Heterohypnose oder als Selbst- bzw. Autohypnose), um bestimmte Erlebnis- und Bewusstseinszustände anzuregen, die meist als „Trance“ bezeichnet werden. „Trance“ meint also das gewünschte Ergebnis der Prozeduren, die als „Hypnose“ bezeichnet werden. Unter „Trance“ wird in unserer Kultur meist verstanden, dass sich jemand passiv-rezeptiv, kataleptisch, tief entspannt, ganz nach innen gerichtet, mit geschlossenen Augen intensiv absorbiert quasi in einer anderen als der üblichen Konsensus-Realitäts-Welt (also der „normalen“ Welt) erlebt, oft so „abwesend“ oder auch wie schlafend, dass er danach, wenn er sich wieder in das „normale“ Alltagswachbewusstsein zurückorientiert, dafür eine Amnesie erlebt. (Der Begriff „Hypnose“ wurde 1842 von James Braid vorgeschlagen und von dem griechischen Wort hypnos = Schlaf abgeleitet.) In diesem „Zustand“ verändern sich auch physiologische Prozesse, Alphawellen im EEG nehmen zu etc. Sehr detaillierte phänomenologische Beschreibungen solcher „Trance“- Zustände finden sich in allen klassischen Lehrbüchern zur Hypnose (siehe z. B. Kossak 1989; Bongartz u. Bongartz 2000).

Solche Trancezustände werden therapeutisch jeweils als Mittel eingesetzt, um das Erreichen bestimmter gewünschter Ergebnisse zu unterstützen, z. B. Analgesie bei Schmerzen, Entspannung, Unterstützung bei der Entwöhnung bei Suchtproblemen, hilfreiche Imaginationen bei Ängsten etc.

Wie weltweite anthropologische und ethnologische Studien aber zeigen, ist dieses seit ca. 250 Jahren speziell in Europa kultivierte Verständnis von Trance viel zu eng und zu einseitig (Bongartz u. Bongartz 2000; Goodman 1994). Die Arbeit mit Trance ist überall auf der Welt seit offenbar mindestens 10 000 Jahren wesentlicher Bestandteil praktisch jeder menschlichen Kultur und wurde und wird besonders für Heilungszwecke und bei religiösen Anlässen intensiv genutzt. Das kulturvergleichende Studium zeigt aber deutlich, dass von Gesellschaft zu Gesellschaft sehr unterschiedliche Arten von Prozessen zur Entwicklung von Trance (Induktion) genutzt und auch sehr unterschiedliche Erlebniszustände als Trance erzeugt werden. In Jäger-und-Sammler-Kulturen (die über die längsten Zeiträume der menschlichen Evolution die vorherrschenden Kulturen waren) wurden z. B. so gut wie nie Entspannungstrancen produziert, sondern solche mit viel Bewegung, sozialer Interaktion, mit optimaler körperlicher Spannung, Gesang und Tanz und niemals mit Amnesie etc. Dies ist nicht überraschend, denn Trance war immer ein Mittel zum Zweck und sollte bestimmten Zielen dienen, insbesondere in diesen Kulturen der Vorbereitung erfolgreicher Jagd, auf der man es sicher nicht gebrauchen könnte, ganz entspannt die Aufmerksamkeit auf die eigenen Innenwelt zu richten.

Der traditionelle europäische Trancebegriff sollte also unbedingt erweitert werden. Entspannungstrancen können sehr angenehm und wertvoll sein, bewirken aber keineswegs grundsätzlich immer Hilfreiches. Ob sie hilfreich wirken, hängt ab vom Kontext, für den man Trance als Hilfsmittel einsetzen will, und vom angestrebten Erleben, welches als zieldienlich angesehen wird. Und besonders relevant ist es, ob die Trance einen wichtigen Unterschied einführt in die bisher problemstabilisierenden Muster. Sind diese z. B. gekennzeichnet durch ein relatives Übergewicht an Passivität, Rezeptivität, Entspannung und Introversion und werden diese Tendenzen im Erleben einer Entspannungstrance womöglich verstärkt, würde dies keine Neuinformation bewirken, im besten Fall würde es nichts Relevantes bewirken.

Obwohl die zahlreichen Konzepte zur Hypnose, die es weltweit gibt, zum Teil sehr unterschiedliche Auffassungen repräsentieren, sind sich alle wichtigen Modelle in einigen zentralen Punkten einig. Der wesentlichste für unsere Themen hier ist der eines qualitativen Verständnisses von Tranceprozessen: Es wird davon ausgegangen, dass alles Erleben, welches von den Beteiligten als „Trance“ definiert wird, immer gekennzeichnet ist dadurch, dass dabei unwillkürliches Erleben (also Erleben im Sinne von „Es passiert ganz unwillkürlich“) vorherrscht, wohingegen im üblichen Wachbewusstsein mehr das Erleben vorherrscht von „Ich mache es willkürlich“, also willkürliches Erleben. Trance wird allgemein aufgefasst als Erlebnisweise, in der im Spektrum des Erlebens von willkürlicher Kontrolle zu mehr unwillkürlicher Selbststeuerung des Organismus übergeleitet wird (Beahrs 1982). Subjektiv werden solche Prozesse meist erlebt, als ob sie wie automatisiert abliefen. Sie erscheinen umso intensiver, je mehr das Erleben der Beteiligten absorbiert wird in diese quasi automatisiert ablaufenden Prozesse, je mehr man sich als davon wie erfasst oder als darin „versunken“ erlebt. Beschreibt man „Trance“-Prozesse so, findet man übrigens erhebliche Verwandtschaft mit „Flow“-Erlebnissen (Csikszentmihalyi 1996).

Genau dieses Phänomen des Absorbiertseins hat wohl auch den Erfinder des Hypnosebegriffs, James Braid, schon kurz, nachdem er den Terminus „Hypnose“ vorgeschlagen hatte, dazu bewegt, ihn wieder zu revidieren und dafür zu werben, an seiner Stelle von „Monoideismus“ zu sprechen (also von Konzentriertsein auf wenige oder nur einen Ideenbereich). Diese Revision hatte aber, wie man ja sieht, keinen Erfolg. Ich vermute, dass diese merkwürdige Vorstellung von „Hypnose“ als Prozess von Fremdsteuerung, völligem „Weggetretensein“ etc. deshalb für viele Menschen so attraktiv war (und auch heute noch immer ist), weil die klassische Vorstellung in den damals herrschenden (und aus meiner Sicht bei vielen Menschen bis heute nachwirkenden) feudalistischen Gesellschaftssystemen mit krassen „Oben-unten“-Verhältnissen so faszinierend angstlustbesetzt war. Außerdem kommt sie den auch heute noch weit verbreiteten Wertesystemen von Fremdsteuerung und Fremdverantwortlichkeit, aber auch der Sehnsucht, quasi aufgehoben zu sein in einem größeren Zusammenhang, in dem man gar nichts mehr selbst tun muss, sehr entgegen.

Werden Tranceprozesse jeweils definiert als solche, bei denen intensives unwillkürliches Erleben vorherrscht, bei denen jemand den Eindruck hat, dass „es wie von alleine passiert“, eröffnet sich uns der Blick auf ein weit gespanntes Spektrum von Variationen von Bewusstseins- oder „Trance“-Prozessen. Dies macht die Arbeit im Dienste der Nutzung solcher Prozesse viel flexibler und umfassender, wir können das Wissen davon, wie man hilfreiches Erleben aktiviert, in viel mehr Kontexten anwenden, als wir es mit dem klassischen Tranceverständnis können. Dann wird es auch viel leichter möglich, „Trance“ als wichtige Hilfe für aktive Handlungsvorbereitungen im Alltag zu nutzen, die dann Handlungen im „Flow“ ermöglicht (also erfüllende Tätigkeiten im Alltag in optimalem Kontakt mit allen dafür hilfreichen Eigenkompetenzen). Im Grunde wird der ganze „Trance“-Begriff abgelöst durch den von „kontextbezogenen und zielbezogenen“, mehr oder weniger funktional wirkenden Bewusstseinsprozessen.

Weshalb könnte das Thema „Trance“-Prozess z. B. für therapeutische Aufgaben überhaupt so interessant sein? Alle Forschungen in dem betreffenden Bereich und übrigens auch alle alltägliche Lebenserfahrung zeigen, dass unwillkürliche Prozesse grundsätzlich immer schneller, wirksamer und auch ökonomischer (d. h. mit weniger Energieaufwand) ablaufen als jeder willkürliche Prozess. Will man also ein Erleben oder ein Verhalten nachhaltig für sich entwickeln und einsetzen, empfiehlt es sich sehr, es auf unwillkürlicher Ebene aufzubauen und ablaufen zu lassen. Haben wir in Therapie oder Beratung einen Auftrag, die Klienten dabei zu unterstützen, gewünschtes Erleben aufzubauen, resultiert aus diesem Verständnis folgerichtig die Aufgabe der Therapeuten, systematisch Angebote zu machen, die so viel Aufmerksamkeit als möglich auf dieses gewünschte Erleben fokussieren, um die „Wunschtrance“ zu aktivieren.

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