Читать книгу Adoption - Hannelore Kleinschmid - Страница 7

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Benno und Beate hatten der Sozialarbeiterin von Anfang an gesagt, sie würden in einigen Jahren nach Deutschland zurückkehren. Daraus ergab sich ein weiteres Problem. In England vertrat man in den 1970er Jahren Vorstellungen über den Rassismus in Deutschland, die noch aus der Hitler-Zeit herrührten. Deswegen wurde der kleine Winston für die Deutschen ausgesucht. Er war bei der Geburt so hellhäutig, dass man seiner sehr jungen Mutter, einer blauäugigen Weißen, kaum glauben wollte, der Vater, ebenfalls 15 Jahre alt wie sie, sei ein Schwarzer.

Dark brown hat sie ihn beschrieben.

Doch der Sohn ist dunkelblond.

So wird er das Kompromisskind, das die Adoptionsgesellschaft auswählt. Für die Ausländer.

Verabredungsgemäß fährt Beate zur Pflegemutter in den Südosten Londons. Sie werden einen Vormittag gemeinsam mit dem kleinen Jungen verbringen. Doris Keen lebt in einem achtgeschossigen Wohnblock mit Sozialwohnungen. Sie ist verwitwet und seit einigen Jahren Pflegemutter. Während Winny schläft wie jeden Vormittag, erzählt sie von den anderen Kindern, die sie aufnimmt und die – meistens nur wochenweise – bei ihr leben. Der vierjährige Peter etwa, der häufig seiner Mutter weggenommen werden muss, weil sie zu viel trinkt. Oder der kleine Ian, der manchmal vom Freund der Mutter geschlagen wird. Kein Wunder, sagt Doris Keen, wenn die Kinder nach solchen Erfahrungen schreien oder um sich schlagen. Ein Baby wie Winny bleibe davon nicht unberührt, sagt sie weiter.

Beate fragt nach. Aber die Frau antwortet nur, es sei nicht einfach, einen jähzornigen Vierjährigen und ein Baby wie Winston gleichzeitig zu versorgen.

Als der kleine Junge aufwacht und sich durch Meckern bemerkbar macht, lässt die Pflegemutter Beate den Vortritt. Unsicher nimmt sie ihn hoch, wickelt und füttert ihn unter den Augen der erfahrenen Frau. Sie spielt mit ihm und denkt wie beim ersten Besuch, dass dieses lebhafte Kind nicht zurückgeblieben sein kann. Es wurde zu früh geboren und braucht einfach noch Zeit, bis es läuft und erste Worte spricht.

Beim Abschied suchen sie gemeinsam einen Termin, zu dem Mrs. Keen mit Winston zu Grimms zu Besuch kommen wird.

Derweil fragt Anne Martin, die Sozialarbeiterin, wie sie in der Drei-Zimmer-Wohnung Platz für Winny schaffen wollen. Sie haben sich schon überlegt, dass sie das Kinderbettchen bei sich im Schlafzimmer unterbringen werden, um so viel Nähe wie möglich herzustellen zu einem Kind, das die ersten Wochen seines Lebens ganz ohne Bezugsperson verbracht hat, ohne Mama oder Papa, die das kleine Wesen hätten streicheln und zärtlich mit ihm sprechen können. Mrs. Martin nickt zustimmend.

Aber Doris Keen findet die Idee nicht so gut, als sie sich in der Wohnung umschaut. Zögernd gesteht sie, dass der Kleine zum Einschlafen und häufig auch während der Nacht heftig Headbanging macht, auf dem Bauch liegend mit der Stirn auf die Matratze schlägt. Er habe sich das wohl von den anderen Kindern abgeschaut, fügt sie hinzu. Ihr Blick bittet, Winston nicht aufzugeben.

Deswegen doch nicht, sind sich Benno und Beate einig, planen aber, das kleine Esszimmer zu einem Kinderzimmer umzugestalten. Sie ahnen, dass es sich wohl um ein Anzeichen für Hospitalismus handeln könnte. Kinder, die zu viel allein gelassen werden, entwickeln solche Angewohnheiten.

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