Читать книгу Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln - Arved Fuchs, Hannes Lindemann - Страница 11
Um eine Daumenbreite
ОглавлениеIn Cuxhaven war die Reise losgegangen, und bald hätte sie dort auch ein Ende gefunden: ein Küstenmotorschiff wollte die LIBERIA IV mit aller Gewalt versenken – am hellichten Tage! Wenn es dem Kapitän der „Niederrhein“ aus Duisburg-Ruhrort nicht geglückt ist, so war das bestimmt nicht sein Verdienst.
Die LIBERIA IV lag am frühen Abend bekalmt1 da, als die „Niederrhein“ von achtern aufkam. Da kein Wind herrschte, hatten wir doppelt das Recht, beachtet zu werden. Der Dampfer kam bedrohlich auf die LIBERIA zu.
Nun wird’s aber Zeit, daß er ausweicht, dachte ich bei mir, mein Mast ist gute zwölf Meter hoch, den muß man doch sehen! Jedoch der Kapitän sah nicht. Es war kein Meter zwischen uns, als wir aneinander vorbeifuhren – die berühmte Daumenbreite!
In der Nordsee gab es dann harte Böen, im Kanal dicke Erbsensuppe und in der Biskaya den üblichen Weststurm. Mir fiel ein, was der deutsche Seglerkönig „Hein Mueck“ erklärt hatte, als ich mich von ihm verabschiedete: „Doktor, das Boot wird Sie nicht im Stich lassen, solange Sie das Boot nicht im Stich lassen.“ Graf Luckner sagte dasselbe anders: „Männer bezwingen Ozeane, nicht Boote!“
In der Biskaya brach die Motorenwelle. Motor und Umsteueranlage waren nicht ausgefluchtet gewesen; der Dorfschmied in Freiburg hatte sich besser auf das Beschlagen von Pferdehufen als auf moderne Motoren verstanden. Bei seinem Sohn wird’s wohl umgekehrt werden, aber solange konnte ich nicht warten.
Bei bestem Zylinderhutwetter warf die LIBERIA IV im nordspanischen Hafen La Coruña schüchtern ihren Anker. Sie hatte Glück im Unglück, denn dort traf sie den „Seefalken“, einen deutschen Hochseeschlepper, dessen erster Ingenieur mir half, Umsteueranlage und Motor millimetergenau auf Vordermann zu bringen. Der „Seefalke“ lag im geschützten Hafen La Coruña und war stets bereit, in Seenot geratene Dampfer aus ihrer mißlichen Lage zu befreien und abzuschleppen.