Читать книгу Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln - Arved Fuchs, Hannes Lindemann - Страница 14

Segelgepäck einer Lady

Оглавление

Ein paar Tage später traf per Flugzeug meine Verlobte ein, und wir unternahmen die schicksalsschwere Fahrt nach Madrid, von deren zweitem Teil schon die Rede war. Als wir, ein frischgebackenes Ehepaar, wieder in Vigo ankamen, empfing uns die Stadt mit scheußlichen Regengüssen, doch focht uns das wenig an.

Ich pullte Ilse zu unserem Boot, um ihre Sachen zu verstauen. Vorsorglich hatte ich ihr schon etwas Platz eingeräumt, doch viel Erfahrung mit den Bedürfnissen junger Damen schien ich nicht zu haben, sonst hätte ich mich nicht gewundert über das, was nun geschah. Und ich wunderte mich sehr. Da kam ein Fläschchen zum Vorschein … und noch eines, und noch eines und immer mehr.

Verwirrt und im Unklaren über den Zweck so vieler Flaschen fragte ich sie: „Sind die roten Bottels da alle für das Boot?“ Ich wurde belehrt, daß es sich um Nagellack handele, der mit dem jeweiligen Kleid harmonieren müsse. Der Kleider aber waren es noch mehr!

In meinen Briefen hatte ich Ilse immer wieder gewarnt vor dem, was sie auf dem Meer erwartete. Nichtsegler – Ilse kannte Segelboote bisher nur aus der Feme – glauben, eine Segelfahrt sei etwas Herrliches, die reinste Erholung, der beste Urlaub. Das stimmt auch – wenn man jeden Abend wieder an Land ist. Sobald man jedoch mehrere Tage auf dem Meer bleibt, nachts Wache schieben und tags Reparaturen machen muß, hört es mit der Segelherrlichkeit auf. Ilse würde es noch erfahren – – –

Ich ging an Deck, um an einem Sonnensegel zu nähen. Nach wenigen Minuten ließ ich meine Arbeit im Stich und stieg wieder hinunter. Ilse war immer noch beim Auspacken.

„… Und dann habe ich noch dieses Gedicht von einem Nachthemd. Ist es nicht wunderbar? Und, wenn du unbedingt willst, habe ich für dieses Rosa sogar einen Nagellack …“ Ob sie es ernst meinte, weiß ich bis heute nicht. Ich ließ mich fassungslos auf eine Stufe des Niederganges fallen: „Niña! Was soll denn bloß all dieser … dieser Krimskrams?“

Niña? Sie schaute mich mit großen Augen verständnislos an. Und seitdem heißt sie Niña, das spanische Wort für „kleines Mädchen“.

Niña war auch körperlich nicht gerade das, was man eine Athletin nennt; sie hatte aber dies: den Willen zu helfen und die Fähigkeit durchzuhalten. Und das ist viel mehr wert als Segelkenntnisse. Ob Nacht oder Sturm, sie hielt später ihre Ruderwache und bestätigte das alte Wort, nach dem Mann und Frau das beste Segelteam sind.

Vigo liegt an einer tief ins Land geschnittenen Bucht, die von mehreren vorgelagerten Inseln gegen atlantische Weststürme und groben Seegang gesthützt ist. Ein ideales Segelrevier für Anfänger oder auch genau die richtige Atmosphäre für Flitterwöchner. Zudem ist die Bucht vom Hauch des Abenteueuerlichen umwittert, von Überfall, Mord und Totschlag. Sie birgt einen Schatz und keinen legendären, sondern einen mit einem historischen Stammbaum: die Engländer versenkten 1702 hier die Silberflotte, die bis heute noch immer auf dem Meeresgrund ruht.

Welcher Seglerlehrling kann schon vorweisen, er sei in einer Bucht gesegelt, deren Boden aus Silber besteht? Die Niña konnte es. So versuchte ich, ihr das Segeln schmackhaft zu machen.

Eines stellte sie allerdings betrübt fest: eine Bank ist kein Ehebett und ein Boot kein schwimmendes Hotel …

Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln

Подняться наверх