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Welche Didaktik ist richtig?

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Gut zu unterrichten, erfordert ein persönliches und reflektiertes didaktisch-methodisches Repertoire. In Übereinstimmung mit Ergebnissen der Unterrichtsforschung sind wir der Überzeugung, dass eine didaktisch-methodische Monokultur den Anforderungen, die eine moderne Pädagogik an guten Unterricht stellt, nicht genügen kann. Eine einzige und ausschliessliche didaktische Konzeption für den gesamten Unterricht in einer Schulklasse ist nicht in der Lage, Lernende auf das Leben in einer Gesellschaft vorzubereiten, die ganz unterschiedliche Fähigkeiten verlangt. Aus diesem Grund stellen wir in diesem Buch die wichtigsten didaktisch-methodischen Ansätze vor und plädieren für eine integrative, vielfältige Didaktik.

Um gut zu unterrichten, muss jede Lehrerin und jeder Lehrer ein optimales Passungsverhältnis zwischen den verschiedenen Dimensionen finden, die sich in jeglichem Unterricht eröffnen: eine Balance zwischen der Lenkung durch die Lehrperson und den Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Lernenden und eine Balance zwischen einem lehrenden und einem entdeckenden Unterricht.

Die folgende Grafik veranschaulicht die in diesem Buch vorgestellten didaktischen Zugangsweisen in einem Orientierungssystem. Auf der horizontalen Achse werden die unterschiedlichen Ansätze zwischen Steuerung der Lehrperson und Selbstbestimmung der Lernenden lokalisiert, die vertikale Achse führt von direkter Vermittlung zu selbstständigem Entdecken.


Interessanterweise ist die Meinung weitverbreitet, dass selbstbestimmte und explorative Lernformen grundsätzlich besser seien als lehrergesteuerte und instruktionale. Bereits Goethe tradierte mit dem bekannten Zitat «Die Jugend will lieber angeregt als unterrichtet sein» diese Alltagstheorie über scheinbare Schülerinnen- und Schülerwünsche. Die bis heute weitverbreitete Annahme basiert allerdings auf isoliert betrachteten Faktoren von Unterricht und auf isoliert interpretierten Ergebnissen. Sie setzt zudem die Schülerinnen und Schüler sowohl hinsichtlich Lernzielen und Lerninhalten als auch hinsichtlich Unterrichtsorganisation und Arbeitsform gänzlich ins Zentrum. Seit zwei bis drei Jahrzehnten beherrscht folglich ein Trend die Bildungslandschaft, der vor allem die Ansprüche von bildungsnahen Familien prägt: Alternativ organisierter Unterricht, der sich an Elementen der Reformpädagogik orientiert und bei Montessori, Steiner oder Freinet Anleihen nimmt. Eine ausschliesslich selbstbestimmte und explorative Ausrichtung gilt als Versprechen, die einzelnen Schülerinnen und Schüler genau dort abzuholen, wo sie angeblich sind. Die Anzahl an privaten Anbietern eines solchen Unterrichts war noch nie so hoch wie heute und bildet gewissermassen ein Rollback – ein Gegengewicht zur Standard- und Output-Orientierung in den staatlichen Schulsystemen Europas.

Sind selbstbestimmte und explorative Lernformen tatsächlich besser? Wir schliessen uns gerne der Meinung des Unterrichtsforschers Frank Lipowsky an, der seine empirisch gestützten Befunde dazu knapp und prägnant zusammenfasst: «Offene Lernsituationen sind traditionellen von sich aus weder über- noch unterlegen. Die Qualität von Unterricht lässt sich nicht am Grad seiner Offenheit und Wahlfreiheit festmachen.»1

Einfach gut unterrichten

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