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Wie alle Abende hatte der eiserne Gustav auf seinem Fuhrhof gestanden, hatte mit den heimkehrenden Tagesdroschken abgerechnet und die Nachtdroschken zur Arbeit hinausgeschickt, wie alle Abende. Vielleicht war er noch ein wenig wortkarger als sonst gewesen, aber darauf war nicht viel geachtet worden heute, in der allgemeinen Aufregung. Denn aufgeregt waren die Droschkenkutscher an diesem Abend.

„Es gibt Krieg!“ hatten die einen gesagt.

„Quatsch!“ hatten die anderen gerufen. „Der Kaiser ist gleich wieder von Kiel weiter gedampft – der würde hübsch nach Berlin kommen, wenn es Krieg gäbe!“

„Aber die Kieler Regatta ist abgesagt.“

„Weil Trauer ist, nicht wegen Krieg. Er ist doch mit dem verwandt.“

„Der ›Lokalanzeiger‹ hat geschrieben …“

„Du mit deinem dusseligen Skandalanzeiger! Der ›Vorwärts‹ sagt, wir haben hundertzehn Sozialdemokraten im Reichstag, und die sind sich mit den Proletariern der Welt einig: Wir wollen keinen Krieg.“

„Ruhe!“ befahl Hackendahl.

„Wir bewilligen keinen Pfennig für die Kriege von den Kapitalisten …“

„Ruhe da!“ befahl Hackendahl noch einmal. „Auf meinem Hof will ich solch Geschwätz nicht hören.“

Sie schwiegen, aber hinter seinem Rücken flüsterten sie weiter, und das kümmerte ihn diesmal nicht, sosehr es ihn sonst geärgert hätte. Es freute ihn heute auch nicht die Tageskasse, die wieder ungewöhnlich hoch war: Man merkte, es war etwas los in Berlin. Die Leute waren unruhig, sie hielten es nicht aus in ihren Wohnungen, sie liefen auf die Straße, sie fuhren vom Reichstag zum Schloß, vom Schloß zum Kriegsministerium, vom Kriegsministerium ins Zeitungsviertel. Sie wollten etwas hören, etwas sehen. Aber das Schloß war dunkel, die Jacht des Kaisers fuhr mit ihrem Herrn dem Nordkap zu – nur wenn die Wache mit klingendem Spiel aufzog, konnten sie jubeln.

Der alte Hackendahl verbat sich rotes Geschwätz auf seinem Hof, dann kassierte er weiter. Die Tageslosung war reichlich, aber das eine ärgerte ihn nicht, das andere freute ihn nicht, und das Kriegsgeschwätz interessierte ihn, den alten Militär, nicht! – Er dachte immer nur: Mein Erich ist fort! Grade, als ich ihn aus dem Keller holen wollte, ihm sagen wollte, er kann wieder zur Schule gehn, es ist alles in Ordnung, grade da ist er fort!

Es wird still auf dem Hof, die Tageskutscher sind nach Haus gegangen, und die Nachtkutscher sind zu ihrer Arbeit gefahren. Hackendahl sieht am Haus hoch, es ist hier draußen noch dämmrig, aber im gemeinsamen Schlafzimmer brennt schon Licht, Mutter geht wohl schon ins Bett. Er könnte auch ins Bett gehen, aber er dreht kurz um und geht in den Stall.

Rabause schüttet den Pferden das zweite Futter, er sieht den Chef kurz von der Seite an, räuspert sich, als wollte er etwas sagen, und schweigt.

Ein wenig weiter hin reibt Otto ein Pferd mit dem Strohwisch trocken. Der Kutscher hat es überjagt, um einen Zug zu erreichen und ein Trinkgeld von einer Mark zu verdienen. Hackendahl stellt sich dazu und sieht sich gedankenlos die Reiberei an. „Der Bauch, Otto, vergiß den Bauch nicht!“ ruft er schließlich scharf.

Otto wirft einen kurzen, trüben Blick auf den Vater und reibt dann kräftig den Bauch des Pferdes. Das kitzelt den Gaul, er fängt unruhig an zu tänzeln, er schnaubt …

„Fester!“ ruft der Vater. „Du denkst wohl, der Gaul ist ein Mädchen?“

Es ist der alte Unteroffizierston, gewohnheitsmäßig hingesagt, wieder wirft Otto einen Blick auf den Vater. Der Blick kommt aus einem geröteten, verschwollenen Auge, der Vater hat sofort zugeschlagen, als er erfuhr, daß Otto den Erich befreit hatte. Otto ist gar nicht dazu gekommen, den von Tutti eingelernten Satz zu sagen, so rasch und schwer schlug der Vater zu.

Der Vater sieht fast mit Haß auf den reibenden Sohn. Ohne die voreilige Rettungstat dieses Bengels hätte der Vater Erich befreit, und alles wäre in Ordnung gewesen. Einmal tut der Schlappschwanz was aus eigenem Antrieb, ein einziges Mal, und sofort verdirbt er alles.

Der Vater sieht mit Zorn und Haß auf seinen Ältesten. „Heb ihm das Bein!“ schreit er. „Siehst du nicht, daß du dem Schinder weh tust?!“

Der Sohn hebt das Bein, legt es sich übers Knie und reibt weiter. „Du machst heute Stallwache“, befiehlt Hackendahl. „Ich will dich nicht in meinem Hause schlafen haben.“

Der Sohn reibt weiter.

„Du sollst Stallwache machen!“ schreit der Vater. „Hast du mich nicht verstanden?!“

„Jawohl, Vater“, sagt der Sohn, militärisch laut und deutlich, wie es ihm beigebracht worden ist.

Der Vater sieht den Sohn noch einmal mit blitzendem Auge an, er überlegt, ob er noch irgend etwas sagen soll, ihm den Grad seiner Verachtung begreiflich zu machen. Aber er läßt es. Der ist viel zu weich, er wird immer gehorsam „Jawohl, Vater“ sagen, er ist ohne Gegenwehr, wie er auch nicht einmal den Arm hebt, wenn er ins Gesicht geschlagen wird. Ein Schwamm, man kann ihn füllen und ausdrücken, wie man will, er verändert sich nicht.

Hackendahl dreht sich um und geht aus dem Stall. Als er an dem alten Rabause vorbeikommt, der noch mit seiner Futterschwinge läuft, sagt er gnädig: „Wenn du ausgefüttert hast, kannst du nach Haus gehen und dich ausschlafen. Du hast heute frei, Rabause.“

Der Futtermeister sieht ihn von der Seite an, diesmal wagt er es und tut den Mund auf: „Ich habe am Tag geschlafen, Herr Chef“, krächzt er. „Ich brauche in der Nacht keinen Schlaf – der Otto braucht ihn.“

Hackendahl blitzt den Rebellen ärgerlich an, er wünscht keinen Verteidiger seines Sohnes. Der Sohn soll sich selbst verteidigen, wenn ihm Unrecht geschieht. Aber ihm geschieht kein Unrecht.

„Und übrigens habe ich die Kellerschlösser mit aufgeschlagen, Herr Chef“, erklärt Rabause. „Ich fand es auch richtig.“

„So?“ fragt Hackendahl langsam. „So …? Und nun denkst du altes Saufloch, ich hau dir auch in die Fresse wie dem Otto?! Das möchtest du wohl – daß du dich groß und beleidigt fühlen kannst, was? Aber den Gefallen tu ich dir nicht – du bist bloß ein Schlappscheißer, genau wie dein geliebter Otto, Schlappscheißer alle beide! Wie ihr mich ankotzt!“

Fast zitternd vor Zorn sieht er den alten Mann an. „Um zehn bist du aus dem Stall und schläfst zu Hause, verstanden?!“ schreit er noch einmal. „Der – der – der –“ Er zeigt mit dem Finger nach hinten. „Der – soll wachen!“

Krachend fliegt die Stalltür hinter ihm zu.

Der eiserne Gustav

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