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Kapitel 9
ОглавлениеSchnell waren sie auf dem Parkplatz vor dem Polizeigebäude und im Wagen. Quietschend fuhr das „Wilemerbähnli“ langsam an ihnen vorbei. Endlich wechselte die Signallampe auf freie Fahrt. Es ging über den Kreisel und vorbei am Postgebäude. Schwungvoll unterquerten sie die Unterführung beim
Bahnhof zum Lindenwegkreisel.
„Mir dreht sich in der Unterführung jedes Mal fast der Magen“, stöhnte Marina.
„Bei mir ist es gerade umgekehrt. Ich fahre hier gerne mit Schwung“, sagte Alexander und lachte.
Umgehend waren sie auf der Rheinstraße am Schaffhauser Kreisel. Schnell war er überquert und in die Thurstraße wieder verlassen. An der neuen Kaserne vorbei bogen sie beim Findling rechts ab in die Weststraße.
„Das ist nicht gerade meine Lieblingsstelle. Wie viele Motorradfahrer hier wohl schon ihr Leben verloren haben? Das Bild des jungen Mannes vom letzten Sommer bringe ich nur schwer aus meiner Erinnerung.“
„Nimmst du die Polizeipsychologin nicht in Anspruch?“, erkundigte sich Alexander erstaunt.
„Ich kenne sonst eine gute Psychologin in der Nähe von Frauenfeld, wenn du diesbezüglich Hilfe brauchst.“
„Nein danke. Ich habe meine eigenen Methoden, nett von dir“, sie überquerten die Rorerbrücke, um kurz nach der Ortstafel Warth nach links in die Dorfstraße einzubiegen.
„Nochmals zurück zur Zeugenbefragung, Alexander. Einerseits wurde uns von der Kartause keine herrenlose Kleidung gemeldet. Andererseits hatte Frau Hälfenberg auch keine größere Tasche bei sich, in der sie noch andere Kleidung mit sich getragen hätte.“
„In welchem Zusammenhang steht aber der Kleiderdiebstahl in Hüttwilen mit dem Fall in der Kartause? Es muss eine Verbindung geben, die wir nicht sehen“, versuchte Alexander die Fakten zu ordnen.
„Aber warum sollte Frau von Hälfenberg Kleidung so quasi aus Nachbars Garten stehlen und diese dann auch noch in seiner unmittelbaren Nähe tragen? Das wäre höchst unlogisch“, sagte Marina und schaltete auf der kleinen Steigung einen Gang zurück.
„Also, wenn ich die Kleidung meines Nachbarn klaue, würde ich sie wohl eher verkaufen, aber sicherlich nicht selber tragen. Es stellt sich grundsätzlich schon mal die Frage; warum klaut einer überhaupt Kleider?“, fuhr Marina fort und aktivierte vor der Haltestelle Kreuz den linken Blinker.
„Spanner?“ Alexander feixte.
„Klar. Die von Hälfenberg, eine verkappte Spannerin.“ Sie zeigte ihrem Kollegen mit dem Zeigefinder den Vogel an der Stirn.
„Warst du hier im Kreuz schon mal essen? Ich habe gehört, es soll recht fein sein. Das wäre doch mal was für dich und deinen Freund - oder nicht?“, scherzte Alexander.
„Klar, warum nicht“, Marina grinste.
„Werde es ihm dann vorschlagen, wenn ich mal einen habe.“
„Dein nächstes Date – denk daran“, sagte Alexander und lachte.
„Aber im Ernst“, wurde er wieder bestimmter.
„Denken wir doch einfach mal etwas unkonventioneller. Vielleicht ist das Außergewöhnliche gar nicht so abwegig. Nehmen wir die C14-Ergebnisse jetzt einfach mal als klare Fakten. Ziehen wir auch die Ausdrucksweise von Judith von Hälfenberg in Betracht. Sie benutzt Worte wie Niedergericht, edler Herr, Steineggersee, nennt die Ruine einen Burgstall, bezeichnet die Diphtherie als Rachenbräune und hat keinerlei Erfahrung im Umgang mit modernen Toiletten. Auf mich wirkt das alles irgendwie ...!“
„Du meinst mittelalterlich?“
„Genau, Marina, du sagst es, mittelalterlich.“
„Du meinst also wirklich im Ernst, sie hat sich aus dem Mittelalter hierher verirrt? Das erinnert mich an die Lieblingsserie meiner Mutter, Catweazle aus den 1970er-Jahren. Ein schrulliger, ziegenbärtiger, angelsächsischer Hexenmeister, der im Jahr 1066 lebt und mit Hilfe eines Zaubertranks aus Bilsenkraut, Schierling, Fingerhut und Butterblumen vergeblich zu fliegen versucht und auf der Flucht vor den Normannen in unserer Gegenwart landet.“
„So ungefähr. Der Vergleich ist nicht schlecht. Dann würde zumindest die gestohlene Kleidung einen Sinn als Tarnung machen.“
„... die sie aber im besagten Moment bei ihrem Erscheinen in der Kartause nicht getragen hat – warum aber nicht?“
„Das ist das große Rätsel, Marina.“ Sie überfuhren gemächlich die kleine Schwelle vor dem Haupteingang und bogen kurz darauf rechts in den Parkplatz der Kartause ein.
„Ich schlage vor, wir gehen zuerst mal ins Restaurant Mühle. Vielleicht kann sich dort noch jemand an sie erinnern.“ Sie verließen den Wagen und marschierten zielbewusst vorbei am kleinen Weiher, dem Scheiterturm von Kawamata bis zum hinteren Eingang am Werkhof.
„So oft, wie in den letzten Tagen, war ich schon lange nicht mehr hier“, scherzte Marina und schlängelte sich elegant zwischen den Sonnenschirmen des Gartenrestaurants hindurch zum Eingang.
„Bitte nach Ihnen“, Alexander öffnete ihr, verfolgt von den erstaunten Blicken der Gäste des Restaurants, galant die schwere Metall-Tür.
„Das alte Mühlrad imponiert mir immer wieder“, bestaunte Alexander das prächtige Wunderwerk klösterlichen Schaffens und stellte sich neben die Küchentür.
„Grüezi mitenand. Ich komme gleich“, wurden sie von einer freundlichen Kellnerin begrüßt.
„Worum geht es, kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie kurz darauf die beiden Beamten.
„Kapo Frauenfeld, Adler und meine Kollegin Keller. Wir führen Ermittlungen im Fall der Unbekannten im Priorat. Dürfen wir Ihnen kurz ein paar Fragen stellen?“
„Ja sicher.“
„Kennen Sie diese Frau oder ist sie Ihnen in der Kartause schon einmal begegnet?“, Marina überreichte ihr das Polizeifoto.
„Nein, leider nicht. Die Frau ist mir völlig unbekannt“, sie betrachtete aufmerksam die Aufnahme, „... aber einen kurzen Moment bitte“, sie rief eine ihrer Kolleginnen aus der Küche.
„Du, Daniela, kommt dir die Frau nicht irgendwie bekannt vor?“, gab sie das Bild an ihre erstaunte Kollegin weiter.
„Grüezi mitenand. Daniela Stadler.“ Sie reichte den beiden die Hand.
„Ja natürlich, die Frau war schon einmal hier. Ich weiß sogar noch genau, wo sie gesessen hat.“
„Spannend. Erinnern Sie sich noch daran, wann genau das war?“, reagierte Alexander überrascht.
„Lassen Sie mich kurz überlegen“, sie schaute durchdringend auf das Bild.
„Das war vor rund zwei Wochen. Sie ist mir nämlich gleich aufgefallen wegen ihrer sehr langen Haare. Sie saß dort drüben am Fenster, an dem kleinen Tischchen“, erklärte die Kellnerin bestimmt.
„Sie ist mir nämlich aufgefallen, weil sie in einem Duden gelesen hat.“
„Sie las in einem Duden?“
„Ja, in einem gelben, dicken Duden.“
„Das ist wirklich außergewöhnlich“, sagte Alexander.
„Ist Ihnen sonst noch etwas Besonderes an ihr aufgefallen. Wie war sie gekleidet?“, erkundigte sich Marina weiter.
„Ja genau. Ihre Kleidung hat mich auch etwas befremdet. Sie trug eine hellblaue Jeans und eine Bluse mit verschiedenfarbigen Blumenmustern. Es hat mich an die Bettwäsche meiner Großmutter erinnert, darum weiß ich das noch so genau. Sie hatte auch immer diese altmodischen rosafarbenen Rosenblüten.“ Die Angestellte verdrehte lächelnd die Augen.
„Hat sie sich irgendwie auffällig verhalten? Haben Sie irgendetwas mit ihr gesprochen?“
„Das wollte ich eben noch erwähnen. Sie bestellte einen Met.“
„Einen Met, also einen Honigwein?“, fragte Marina staunend nach.
„Ja, einen Honigwein. Ich habe ihr dann erklärt, dass wir keinen Honigwein im Angebot haben. Sie wollte dann eine Sauermolke und war offensichtlich erstaunt, dass wir auch keine Molke haben.“
„Wie hat sie reagiert?“
„Ich fragte sie, ob sie vielleicht ein Rivella bestellen möchte. Das besteht aus Molke. Sie hat aber abgelehnt und um ein Glas Wasser gebeten.“
„Wie hat sie bezahlt?“
„Ein Glas Wasser ist umsonst. Sie hat sich freundlich bedankt und ist dann gegangen. Sie war eigentlich überhaupt nicht lange da.“
„Schade, das wäre interessant gewesen, ob sie Geld bei sich hatte“, wandte sich Marina an Alexander.
„Und Sie sind sich ganz sicher, dass es sich um die Person auf dem Bild handelt?“
„Ja, da bin ich mir absolut sicher. Ich bin es von meiner Arbeit gewohnt, dass ich mir Gesicht oder Kleidungen der Gäste merke.“
„Danke vielmals, Frau Stadler. Sie haben uns sehr geholfen. Ich lasse Ihnen gerne noch meine Karte hier, falls Ihnen vielleicht noch irgendwelche weiteren Details einfallen sollten.“ Die beiden Beamten verabschiedeten sich und verließen das Restaurant. Aufmerksam musterten sie auf dem Weg zum Ausgang der Kartause den riesigen Innenhof. Der Duft von Kräutern lag in der Luft und ein leises Plätschern aus dem Mühleweiher war zu hören. Interessiert blieben sie in der Nähe des Klosterladens stehen.
„Was denkst du, Alexander. Deine Theorie mit der Verirrung aus dem Mittelalter ist doch irgendwie gar nicht so abwegig. Irgendwie auch faszinierend. Stell dir vor, es wäre so. Da stellt sich natürlich die Frage, wie sie das gemacht hätte?“ Marina stützte sich an den Zaun.
„Sie bestellt sich einen Met, das Edelgetränk aus dem Mittelalter. Sauermolke war damals neben Dünnbier das Getränk der Bauern. Sie zieht die Mittelalternummer voll durch“, sinnierte Alexander und verfolgte den Flug eines Storches, welcher sich auf dem Kamin eines Gebäudes niederließ.
„Und vergiss nicht, sie las in einem Duden. Offensichtlich lernt sie das aktuelle Deutsch“, ergänzte Marina seine Überlegung.
„Fassen wir also nochmals zusammen“, er stellte sich neben Marina.
„Sie benutzt Worte wie Niedergericht, edler Herr, Steineggersee, nennt die Ruine einen Burgstall, bezeichnet die Diphtherie als Rachenbräune und hat offenbar keine Erfahrung im Umgang mit den modernen Toiletten“, sammelte er die Fakten.
„Genau, und sie las in einem Duden, bestellte sich einen Met oder Sauermolke. Abgesehen davon entspricht die Beschreibung der Kleidung, die von ihr im Restaurant getragen wurde, dem Diebesgut aus Hüttwilen“, ergänzte Marina.
„Das klingt alles irgendwie nicht gut!“, Sie blickte sich ratlos um.
„Zumindest ist alles etwas verkehrt. Da hast du recht, Marina.“
„Es besteht aber immerhin ein gewisser Bezug zur Kartause. Offensichtlich war sie bereits vor ihrem Erscheinen mit dem Kind zumindest einmal vor Ort.“
„Du sagst es, Marina. Unsere Theorie, dass sie die gestohlene Kleidung als Tarnung verwendete, bekommt dadurch wieder einen Sinn. Zumindest hat sie diese wohl im Restaurant getragen.“
„Du weißt schon, dass wir uns mit der Annahme einer Verbindung zum Mittelalter auf einem sehr spekulativen und unbeweisbaren Terrain bewegen? Die Vorstellung wirkt auf mich schon etwas skurril, wenn ich das genau betrachte.“
„Ich weiß auch, dass es absolut irreal und utopisch klingt. Das geht mir auch so: Frau aus dem Mittelalter reist in die Kartause Ittingen. Ich lese jetzt schon den Polizeibericht.“
„... und vergiss nicht das Gesicht von Ramseier, wenn er es der Presse klar machen soll“, schmunzelte Marina und blickte zur Loggia hinüber, in der Judith vor mehreren Tagen aufgefunden worden war.
„Jetzt stellt sich aber die Frage, warum sie die gestohlene Kleidung nicht getragen hat, als sie mit dem Kind in der Kartause erschienen ist? Eine Tarnung war ihr doch wichtig. Andernfalls hätte sie sich die Kleidung nicht organisiert.“ Sie schlenderten nachdenklich zum Parkplatz.
„Offensichtlich wollte sie bei einem früheren Besuch ganz bewusst nicht erkannt werden. Das wiederum würde bedeuten, dass die Reisen hierher für sie planbar sind“, spekulierte Marina. „Zumindest ist sie dir auch zweimal an verschiedenen Orten und Zeitpunkten erschienen.“
„Das klingt einleuchtend“, stimmte ihr Alexander zu.
„Ich bin jetzt mal sehr großzügig mit meinen Spekulationen, Marina. Vielleicht hatte sie bei ihrer letzten Reise mit dem Kind aus irgendwelchen Gründen keine Zeit mehr, sich umzuziehen. Sie machte auch einen ziemlich mitgenommenen Eindruck. Das würde passen“, blieb Alexander beim Scheiterturm stehen und blickte in das Biotop.
„... und sie war gezwungen, in ihrer eigentlichen Hauskleidung in die Neuzeit zu springen, meinst du? Das klingt wie aus einem Fantasy-Thriller – oder etwa nicht?“ Sie stand neben ihm und folgte aufmerksam dem Flug zweier Libellen.
„Ehrlich gesagt bin ich nicht unglücklich, wenn du mir eine vertretbare Lösung vorlegst“, er ging nachdenklich weiter.
„Wir sind gut in der Zeit. Es reicht, um gemütlich zur Kantonsbibliothek zu fahren.“ Alexander öffnete die Wagentür und stieg ein.
„Zumindest sind wir jetzt wieder einen kleinen Schritt weiter.“ Alexanders Blicke schweiften zum Eingang der Kartause hinunter.
„Warte mal kurz mit dem Losfahren. Ist das nicht die Kellnerin, ähm, Frau Stadler – genau!“ Diese kam winkend zum Polizeifahrzeug gerannt.
„Exgüse! - gut, dass ich Sie nochmal erreiche. Mir ist doch noch etwas eingefallen, was Sie vielleicht noch interessieren könnte.“ Sie stützte sich außer Atem an das Fahrzeug.
„Uns interessiert alles an dem Fall“, sagte Marina und stieg wieder aus dem Wagen.
„Vielleicht ist das noch wichtig. Sie waren nicht die einzigen, die sich nach der Frau auf dem Bild erkundigt haben. Gestern Abend war ein älterer Herr im Restaurant und hat nach ihr gefragt.“
„Woher wissen Sie, dass er dieselbe Person meinte?“
„Er zeigte mir dasselbe Bild wie Sie – nur etwas größer. Ich glaube es war von einem kleinen Plakat!“
„Plakat?“, staunte Alexander.
„Möglicherweise ein Plakat von unserer Öffentlichkeitsfahndung?“
„Kann schon sein. Okay. Hat er sich Ihnen namentlich vorgestellt oder wissen Sie, ob es sich um einen Beamten handelte?“
„Weder noch. Er kam kurz rein, zeigte mir das Bild und verschwand danach wieder. Er schien mir in Eile, war aber sehr freundlich.“
„Was haben Sie ihm geantwortet?“
„Nur, dass die Frau einmal hier war und dass ich sie aber seither nicht mehr gesehen hätte. Das war alles.“
„Können Sie uns den Mann beschreiben?“, erkundigte sich Alexander.
„Es war ein älterer, sehr sympathischer Herr mit auffallend weißen, längeren Haaren. Wissen Sie, er hat mich lustigerweise an Sean Connery erinnert. Er hatte aber keine Glatze, dafür einen weißen kurzen Bart. Daran erinnere ich mich gut. Er war schon attraktiv“, schwärmte die Kellnerin schmunzelnd.
„... und seine Kleidung?“
„Ja, die Kleidung. Er wirkte ein bisschen zerzaust und trug einen etwas eigenartigen schwarzen, halblangen Mantel. Darunter eine weite Stoffhose, irgendwie mittelalterlich. Die Schuhe waren einfache Ledersandalen – genauso hat er ausgesehen“, fuhr Daniela Stadler fort.
„Mittelalterlich?“ Die beiden Beamten warfen sich betretene Blicke zu.
„Ja, irgendwie schon, also überhaupt nicht zeitgemäß.“
„Wie war seine Sprache? Hatte er ein Schweizerdeutsch oder einen fremden Akzent?“ Marina notierte die Aussage in ihrem kleinen Heft.
„Nein, er sprach ein fast schönes Schweizerdeutsch mit einem etwas auffälligen Akzent. Irgendwie schwierig zu beschreiben, aber nicht fremdländisch“, beschrieb ihn die schwärmerische Kellnerin weiter.
„Er muss Ihnen aber sehr imponiert haben, so wie Sie strahlen, Frau Stadler“, scherzte Alexander.
„Ja, irgendwie schon. Er sprach mit einer sehr angenehmen Stimme, und wer würde bei Sean Connery schon Nein sagen“, schäkerte sie.
„Doch ich muss wieder zurück in die Küche. Auf Wiedersehen.“
„Besten Dank für den Hinweis. Wir melden uns.“ Die Beamten stiegen zurück ins Fahrzeug und Marina setzte sich ans Steuer.
„Jetzt sind wir doch etwas knapp dran für die Bibliothek.“ Marina startete den Wagen und fuhr zügig los.
„Ist es möglich, dass wir unsere Theorie wieder ändern müssen?“ Sie lenkte den Wagen auf die Uesslingerstraße.
„Falls sie tatsächlich gesucht wird – von wem auch immer, dann bedeutet das, dass sie irgendwo vermisst wird. Das wiederum heißt, sie ist jemandem aus unserer Zeit bekannt. Also nichts mit Reise aus dem Mittelalter“, freute sich Marina verschmitzt über diese unerwartete Wende.
„Und was ist mit dem C14-Ergebnis oder mit Agnes Kantengiesser?“, entgegnete ihr Alexander. „Angenommen, sie springt tatsächlich durch die Zeit. So unrealistisch es auch klingt. Warum nicht auch jemand anders? Vielleicht ist ihr jemand gefolgt. Jemand, der sie sucht?“
„In dem Fall könnte eine solche Möglichkeit natürlich bestehen. Wenn wir von diesem Gespinst ausgehen. Das ist mir aber nach wie vor zu utopisch – Sorry. Vielleicht hat aber auch nur irgendein Spinner an ihrem Fahndungsbild den Narren gefressen. Stalker treten schnell auf die Bühne. Das Problem ist nicht fremd, Alexander?“
„Ehrlich gesagt, ist mir der Hinweis mit dem weißhaarigen Alten wie Öl ins Feuer für meine Theorie. Für mich sind die Fakten, die wir bisher in den Händen haben, zu überdenken, um das Unmögliche zumindest in Betracht zu ziehen. Ich weiß, dass du das überhaupt nicht gerne hörst, Marina.“
„Die Fahndungsbilder haben bis jetzt noch keine Ergebnisse gebracht. Das muss ich zugeben. Die Zentrale hätte uns darüber informiert. Offensichtlich gibt es auch weiterhin keine Vermisst-Meldung.“
„Komm, lassen wir das, Marina. Ich schlage vor, wir sehen mal, was wir in der Kantonsbibliothek erreichen.“ Alexander genoss die kurze Fahrt.
„Wie hieß die Kontaktperson nochmal?“, Marina lenkte den Wagen am Bahnhof vorbei und hoch zur Bibliothek.
„Breitschmied, Beatrice Breitschmied“, zitierte Alexander seine Notizen.