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11. Kapitel

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„Hören Sie, Franz!“ sagt Alfred zu dem bejahrten Diener des Vaters, „hier haben Sie zwanzig Mark. Es kommt eine Dame. Maul halten, — verstanden? Die beiden Mädels bekommen dasselbe — zur gleichen Bedingung.“

„Ich danke verbindlich, Herr Alfred. Kein Wort soll mir über die Lippen kommen. Für die Mädels bürge ich gleichfalls.“

„Johanna soll guten Mokka bereiten. Im kleinen Salon wird serviert. Das gute Meissner Porzellan, wenn ich bitten darf.“

„Wird bestens erledigt, Herr Alfred.“

„Na — schön. Und Kuchen besorgen — Schlagsahne.“

„Gut.“

Alfred jagt durch die Stadt. Kauft Blumen zusammen; sonstige Kleinigkeiten.

Um einhalb vier ist er wieder zu Hause. Er rennt auf und ab — auf und ab.

Punkt vier Uhr klingelt es.

„Die Dame ist da, Herr Alfred!“ meldet der Diener mit einem vergnüglichen Grinsen. Der junge Sportsmann eilt ihr entgegen.

„Da sind Sie!“

„Da bin ich! Ich komme hoffentlich auch nicht ungelegen?“

„Durchaus nicht.“

„Was ist das für eine Halle? Und dieses Becken?“

„Ein Zweckbau, Fräulein Liane. Hier macht mein Vater akustische Studien. In jenem Schrank, der so geschickt eingebaut ist, dass man ihn gar nicht sieht, sind die Messinstrumente.“

„Komischer Kauz, Ihr Papa — aber genial!“

„Hm — mag sein. — Wollen Sie sich die anderen Räume gleich ansehen?“

„Ja. Gerne.“

Er geht voran. Federleicht ist ihm zumute, als könne er schweben. Welch ein Duft strömt von ihr aus! Welche Lebensfülle und Heiterkeit!

„Hier sind nur zwei kleine Salons —“, bemerkt er, „nebst einem Fremdenzimmer und einem grösseren Esssaal die einzigen Räume in diesem Hause, die lediglich um ihrer selbst willen da sind.“

Die beiden Salons sind altmodisch eingerichtet. Aber sie bergen doch wertvolle Schätze an Bildern und Porzellan. In dem einen Raum steht ein mächtiger Flügel.

„Wir kommen nun schon gleich in das Milieu der Arbeit“, fährt Alfred fort zu erklären, „treten Sie näher! — Die Bibliothek meines Vaters!“

Vor ihnen dehnt sich ein langer und weiter Raum. Bis an die Decke sind rings auf einfachen Brettregalen die Bücher und Schriften geschichtet.

„Rund fünftausend Bände!“ sagt Alfred.

Liane schaute staunend die Schätze an. Endlich folgt sie ihm in die weiteren Räume. Im nächsten stehen verschiedene Instrumente. Da ist zum Beispiel ein dickes Rohr, das luftleer gemacht werden kann. Kleine Raketenmodelle hängen rings an den Wänden; ausserdem Tafeln und Zeichnungen.

Es folgt das Arbeitszimmer des alten Herrn. Überall sind auch hier Bücher und Schriften zu Haufen gestapelt. Zwei Schreibmaschinen harren der Klapperarbeit. Ein Flugzeugmodell für Raketenantrieb hängt unter der Decke und dient zugleich als Beleuchtungskörper.

Alfred erklärt die Dinge, so gut er kann. Seine Begleiterin staunt mehr und mehr, — namentlich, als er immer noch weitere Räume zu zeigen hat.

„Jetzt kommen die chemischen Laboratorien!“ sagt er und führte sie in eine Halle mit kahlen Wänden. Nur in der Mitte ein grosser Tisch mit verschiedenen Gläsern. Die Wände find hier dick mit Stoff überzogen, mit einer Art Sackleinwand. Auch die Decke.

„In diesem Raum probiert mein Vater die Explosivstoffe aus!“ erklärt Alfred.

Sie schreiten weiter. Der nächste Raum ist wieder voll von Regalen, auf denen eine Unmenge von Gläsern, Schalen, Retorten stehen, in denen sich teilweise Flüssigkeiten und Pulver befinden. Die Gläser leuchten in den verschiedensten Farben. Der Raum ist verdunkelt, man kennt hier nur künstliches Licht.

So geht es weiter. Auch eine kleine Schreinerwerkstatt ist noch vorhanden. „Zum Modellbau!“ sagt Alfred, „bei diesen Sachen habe ich meinem Vater bisweilen geholfen.“

Nichts fehlt hier, was eine moderne Tischlerwerkstatt komplett macht.

Nachdem diese Räume besichtigt sind, führt Alfred seinen Gast in den Keller. Hier findet man Stapel von Eisenteilen, Modellen, Kisten und Makulatur.

„Jetzt kommt erst die Seele des Ganzen!“ meint Alfred, „der Weg dorthin ist ein wenig verwickelt. Mit Absicht. Es handelt sich um den Tresor, in dem die Patente und neuen Erfindungen meines Vaters ruhen.“

„Und dieser Knopf, auf den Sie soeben drücken?“

„Nur dadurch kann diese gewaltige, eisenbeschlagene Tür zum Eingang geöffnet werden. Der Tresor ist im Grundwasser eingelassen.“

„Sehr interessant! Und wie bekommen sie ihn heraus?“

„Da ist auch hier wiederum ein Geheimknopf, ganz versteckt hinter dieser Rosette. Ferner muss auf dem Kunstschloss ein ganz besonderes Wort eingestellt werden.“

„Sie wissen das Wort?“

„Natürlich.“

„Wie heisst es?“

„Eigentlich ist das ja streng geheim. Aber Ihnen kann ich’s ja sagen — — Elli.“

„Elli?“

„Es ist der Vorname meiner Mutter. — Aber nun kommen Sie, bitte — wir wollen wieder nach oben gehen. — der Mokka wird warten!“

Sie sitzen am Kaffeetisch. Graziös schenkt Liane den Mokka ein. Sie will sich’s nicht nehmen lassen. Er lächelt ihr dankbar zu.

„Sagen Sie mal — Ihr Papa muss doch ausserordentlich reich sein. Wie kommt er zu diesem Vermögen? Hat er geerbt?“

„Nein, — er hat es sich selber erworben.“

„So? Alle Achtung!“

„Ja — durch Erfindungen. Seine Patente laufen in allen Ländern. Vor allem mit einer neuartigen Druckmaschine hat er viel Geld gemacht. In seinem Tresor — da ruhen freilich noch andere Dinge, die er bisher gar nicht ausnutzen konnte, weil er ganz einfach die Zeit nicht mehr dazu findet. Sie wissen — er ist nun einmal vernarrt in seine Rakete.“

„Und den entscheidenden flüssigen Brennstoff hat er nun auch erfunden?“

„Ja — hat er. Das Patent ist schon angemeldet.“

„Fabelhaft! Ach — Sie wissen ja gar nicht, wie sehr ich Ihren Herrn Vater bewundere!“

„Hm — na ja, — er ist fleissig, das muss man ihm lassen. Und kann auch Verschiedenes. Nur seine Mondpläne finde ich etwas verschroben.“

„Darüber können Sie gar nicht urteilen.“

„Meinen Sie?“

Das Telefon klingelt. Alfred erhebt sich. „Entschuldigen Sie einen Augenblick!“ — Hastig greift er zum Hörer.

„Hier Büro von Justizrat Brangheimer. Herr Justizrat wünscht Sie zu sprechen.“

„Ja — bitte!“

„Hier Brangheimer.“

„Hier Köster junior.“

„Ah — Herr Alfred! Ich kann Ihnen eine immerhin recht erfreuliche Mitteilung machen. Man will Ihren Papa gegen Stellung einer Kaution entlassen.“

„Ah — wirklich? Wie hoch muss die Summe sein?“

„Einhunderttausend Mark.“

„Hm — die muss ich wohl gleich auf den Tisch legen?“

„Ja — wenn es möglich ist!“

„Ich werde sofort einen Scheck ausschreiben!“

„Ja — tun Sie das — — und schicken ihn dann zum Gericht. Also auf — Wiederhören!“

„Auf Wiederhören! Und besten Dank, Herr Justizrat!“

Er hängt wieder ein, kehrt freudig zum Tisch zurück.

„Denken Sie nur: mein Vater kann freikommen! Ich muss sofort einen Scheck ausschreiben.“

Mit diesen Worten zieht er das kleine Buch aus der Tasche. „Wenn Sie gestatten —?“

„Na, aber bitte — — es handelt sich wohl um eine Kautionssumme?“

„Ja. Hunderttausend Mark.“

„Geld genug!“

„Allerdings. — So — — nun will ich das Ding gleich hinschicken —“ er macht Anstalten, nach dem Diener zu läuten. Sie hält ihn davon zurück.

„Nicht doch — warten Sie noch eine Stunde! Sonst müsste ich ja gleich gehen, — oder meinen Sie, dass Ihr Herr Vater es gerne sähe, wenn er mich hier noch träfe?“

„Er würde Sie lynchen!“

„Na also!“ lacht sie und zeigt dabei die gesunden Zähne, „dem möchte ich aber nicht ausgesetzt werden. — Wenn Sie mich allerdings los sein wollen — —?“

„Fräulein Liane — — ich bitte Sie —!“

„Also! Dann legen wir diesen Wisch erst einmal dort auf den Rauchtisch. Unter den Aschenbecher, damit er nicht wegfliegt!“

Sie zieht ihm mit einem schelmischen Lachen den Scheck aus der Hand und legt ihn an die bezeichnete Stelle. Selig ruht sein Blick auf den Zügen der schönen Frau. „Sie haben recht!“ sagt er, „auf eine Stunde kommt es nun auch nicht an, — und wenn Sie zum Abend bleiben — — der Scheck, fällt mir ein, kann ja heute doch nicht mehr eingelöst werden. Und in bar ist soviel nicht vorhanden.“

„Na also!“

Schon wieder das Telefon.

„Hier Köster!“

„Alfred?“

„Ja, Alfred. — Wer ist denn dort?“

„Aber Liebling, — erkennst du mich denn nicht an der Stimme? Du bist zu Hause? Ich warte schon seit dreiviertel Stunden.“

„Ach — du! Natürlich, — — ich wollte ja kommen, aber — weisst du — — eine dringende Sitzung, — — der — — — der Detektiv, den ich engagierte, ist bei mir — —.“

„So — hm — — na, dann brauche ich also nicht mehr zu warten?!“

„Nein, Kindchen, — entschuldige tausendmal, aber weisst du: die Sache scheint sich doch sehr in die Länge zu ziehen.“

„Na — also — — auf Wiedersehen!“

„Auf Wiedersehen!“

„Wer war denn das?“ fragt Liane und blickt ihn gross dabei an. Er trommelt verlegen mit seinen Fingern: „Gott — eine Bekannte, — sie hatte auf mich gewartet.“

„Und Sie sind nicht hingegangen?“

„Nein. Wenn ich offen sein soll: Ihretwegen.“

„Das ist aber nicht schön an dem jungen Mädchen gehandelt! — Haben Sie keine Fotografie von ihr?“

„Das dürfte Sie doch kaum interessieren!“

„O — doch — — zeigen Sie, bitte, ein Bild von ihr!“

„Wenn Sie es durchaus wünschen — dann muss ich es allerdings erst aus meinem Zimmer holen.“

„Holen Sie es!“

Er geht. Nach einer Weile bringt er das Bild an.

„Ein hübsches Mädchen!“ Ist sie schwermütig?“

„Eigentlich nicht.“

„Da läutet schon wieder das Telefon!“

„Ja! — Bitte entschuldigen Sie! — Wer ist dort?“

„Hier Polizeipräsidium. Herr Köster, Ihr Vater lässt dringend bitten, sofort einmal zu ihm zu kommen.“

„Mein Vater?“

„Jawohl! — Damit Sie schnell hier sind, haben wir bereits unseren Dienstwagen abgeschickt. Herr Kommissar Schmelzer befindet sich in dem Wagen.“

„Aber ich habe doch mein eigenes Auto.“

„Richtig — pardon — — daran haben wir nicht gedacht.“

„Was ist denn mit meinem Vater?“

„Ich kann Ihnen hier am Telefon leider nichts Näheres sagen.“

„Na — gut — — ich komme.“

Er hängt hastig ein. Liane schaut fragend zu ihm herüber:

„Was gibt es denn, lieber Freund?“

„Mein Vater wünscht mich dringend zu sprechen. Warten Sie hier, wenn ich bitten darf, — — es kann ja nicht lange dauern.“

Der Diener kommt, meldet: „Ein Herr Schmelzer erwartet Sie. Er ist mit dem Auto gekommen — — Sie wüssten Bescheid.“

„Ja — ich komme schon!“ Hastig küsst er Liane die Hand. „Also auf Wiedersehen!“

Der Schuss aus dem Schatten

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