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3.2 Die „Umkehrungen des Alls“ bei Plato

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Auch der griechische Philosoph Plato wusste von der wiederholten Umkehrung der Himmelsbewegung und er hat sich - wohl als einziger - darum bemüht, die tiefere Bedeutung dieser Umwälzungen zu ergründen. Er war der erste und zugleich der letzte Polwende-Philosoph, denn nach ihm ging das alte Wissen darüber verloren.

Die Griechen, die wir gern die „alten Griechen“ nennen, waren im Altertum gleichwohl noch ein junges Volk. Die letzte Umkehr in der scheinbaren Bewegung der Himmelskörper war aber auch von den Vorfahren der Griechen schon miterlebt worden. Ihre Überlieferung verbindet das Ereignis mit der Herrschaft des argivischen Tyrannen Atreus. Es ging bei ihnen nämlich die Sage um, dass Zeus, als Thyestes dem Atreus die Herrschaft durch üblen Betrug zu entreißen suchte, den Lauf der Sonne und der Gestirne umkehrte, „um der Welt zu zeigen, dass auf arge Weise das Recht verkehrt sei“.

Mehrere antike Schriftsteller haben sich dieses Stoffes angenommen - zu nennen ist Euripides (in seinen Tragödien Orestes und Elektra), Sophokles (Fragment Atreus) und Seneca (Thyestes) - und sie haben geschildert, wie die Sonne an dem Morgen jenes Streites ihre Bahn verließ, sich rückwärts wendete und den Tag schon zur Mittagszeit verlöschen ließ. An die bekannte Erzählung von diesem Sonnenwunder anknüpfend, stellte Plato in seiner Schrift „Der Staatsmann“ fest, dass die Sonne und die Gestirne

... nämlich dahin, von wo sie jetzt aufgehen, damals untergingen und dagegen von der entgegengesetzten Stelle her aufgingen; damals aber veränderte ja der Gott, indem er für den Atreus ein Zeugnis ablegen wollte, es in seine jetzige Gestalt.

Daraus geht klar hervor, dass Plato den Tatsachengehalt der alten Überlieferung richtig erkannte. Er führte ergänzend fort:

Dieses All nämlich leitet bald der Gott selbst auf seiner Bahn und fördert seinen Kreislauf, bald lässt er es los, sobald die Umläufe das ihnen zukommende Zeitmaß erfüllt haben (!), jenes (das All) aber wiederum aus freien Stücken nach der entgegengesetzten Richtung sich herumbewegt.

Plato kennt natürlich nicht den heutigen Begriff einer Polwende, aber er meint dasselbe Naturgeschehen, wenn er bemerkt:

Es treten also alsdann die größten Vernichtungen der übrigen lebenden Geschöpfe ein, als auch von dem Geschlechte der Menschen nur ein kleiner Teil übrig bleibt ...

Dann machte Plato die Tragweite seines philosophischen Grundgedankens klar, indem er die Entwicklung des Menschengeschlechtes seit der Urzeit im Sinne seines Gedankens zu begreifen versucht. (Bei der gekürzten Wiedergabe lasse ich jetzt das meiste von dem weg, was mir nebensächlich erscheint.)

Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, beginnt Plato seinen urgeschichtlichen überblicke mit der Zeit, wo die Sonne zum ersten Mal im Westen aufzugehen pflegte.

Damals leitete der Gott zuerst durch seine Fürsorge die gesamte Umkreisung selbst.

Die Menschen kannten keinen Krieg.

...ein Gott hütete sie, indem er selbst die Aufsicht führte ... Während seiner Hut aber gab es keine Staatsverbände ... dagegen hatten sie Früchte in reichem Maße, von Bäumen sowohl wie von vielen Gewächsen, welche nicht Ackerbau hervorbrachte, sondern welche die Erde von freien Stücken hervorwachsen ließ.

In den eiszeitlichen Klimabedingungen gab es noch keinen Ackerbau. Das begann erst mit der sog. „neolithischen Revolution“.

Danach kam die Epoche, wo die Sonne erstmals im Osten aufging.

Nachdem nämlich die Zeit für alles dies zu Ende gegangen war und eine Veränderung eintreten musste ..., damals nun entfernte sich der Steuermann des Alls, nachdem er gewissermaßen den Griff des Steuerruders losgelassen, in seine Warte, das Schicksal aber und eine angeborene Begierde (hierzu) drehte die Welt wieder zurück. Die Welt aber, welche sich herumdrehte und zugleich in der umgekehrten Richtung des Anfangs und des Endes (!) fortgetrieben wurde und eine große Erschütterung in sich hervorrief, bewirkte gleichfalls einen anderen Untergang von mannigfachen lebenden Wesen; hierauf aber ging sie nach Verlauf eines hinreichenden Zeitraumes, als Stürme und Verwirrung nachließen und sie zur Ruhe von den Erschütterungen gelangt war, wohlgeordnet in ihrer eigenen gewohnten Bahn, selbst Fürsorge und Gewalt sowohl über das in ihr Befindliche als über sich selbst ausübend, indem sie nach Möglichkeit die Belehrung des Schöpfers und Vaters sich ins Gedächtnis rief. Zu Anfang nun vollführte sie dies genauer, zuletzt aber lässiger ...

Wenn ich Plato so ausführlich zitiere, so deshalb, weil es sich meines Wissens um den ersten und letzten ernsthaften Erklärungsversuch handelt. Die Nachwelt hat bisher wenig damit anzufangen gewusst; mir scheint jedoch, dass manches darin enthalten ist, was auch heute noch - oder wieder - der Beachtung wert ist.

War die Nötigung zur eigenen Daseinsvorsorge eine zwangsläufige Folge des Wegfalls der göttlichen Fürsorge? Es trat aber - wie ich herausfand - bei der ersten Polwende zugleich eine Verschlechterung des Klimas ein. Plato macht dazu besondere Ausführungen, die recht einleuchtend erscheinen:

Die Menschen waren überdies in den ersten Zeiten ohne Kenntnis von Hilfsmitteln und Künsten, weil die von selbst sich darbietende Nahrung versiegt war, sie aber nicht verstanden, sich dieselbe zu verschaffen, da vorher kein Bedürfnis sie dazu nötigte.

Deshalb nun wurden uns die in alten Sagen erwähnten Geschenke der Götter mit der dazu erforderlichen Lehre und Unterweisung verliehen, das Feuer von Prometheus, die Künste von Hephaistos und seiner Kunstgenossin (Athene), Samenkörner und Pflanzen wieder von anderen. Und alles, was zur Einrichtung des menschlichen Lebens mit gehörte, ging aus diesen hervor.

Heute wird diskutiert, dass diese Götter mit Raumschiffen von anderen Sternen kamen, die eine fortgeschrittene Kultur entwickelt hatten. Nach Atlantis ging es indes um die handwerkliche Begründung einer Zivilisation, welche eine neue Menschheit brauchte, um Selbständigkeit für eine eigene Lebensführung zu erlangen. Die Menschheit war zur Selbständigkeit genötigt, macht uns Plato klar, weil Gott sich vorübergehend von seinem Fürsorgeamt auf dem Planeten Erde zurückzog.

So soll es in der Epoche des östlichen Sonnenaufganges gewesen sein, die nach Plato die erste war (aber vor 5.320 ging die Sonne auch schon im Osten auf). Soweit es sich dabei um den Weg des Menschen zur Selbständigkeit und die Entwicklung seiner Fähigkeiten zur Naturbeherrschung handelt, wird man den positiven Wert, der darin liegt, nicht bestreiten. Insoweit wären die Epochen der vorübergehenden Entfernung von Gott (= östlicher Sonnenaufgang) als notwendige Entwicklungsstufen des Menschengeschlechts zu betrachten. Leider liegt aber in der Natur solcher Entwicklungstendenzen, dass das Gute schließlich übertroffen wird durch das Ungute, das aus der Selbstüberhebung des gottentfremdeten Menschen herrührt. Das hat Plato deutlich gesehen, indem er schrieb:

Mit dem Ende dieser Zeit (des guten Anfangs) aber ging die Blüte zu Ende, und indem sie mit geringem Guten bedeutende Mischung des Gegenteils verband, geriet sie in die Gefahr sowohl ihres eigenen Unterganges als auch des in ihr Befindlichen. Deshalb setzte sich denn auch der Gott, welcher sie einrichtete, gleich damals, als er sie in Nöten erblickte, aus Besorgnis ... wieder an das Steuerruder derselben; und indem er das, was in dem früheren Zeitraume, wo sie sich selbst überlassen war, erkrankt war und sich aufgelöst hatte, umkehrte, ordnete er sie wieder ... Hiermit ist nun das Ende von allem angegeben.

Es begann also nun zum zweiten Male eine Epoche, wo die Sonne im Westen aufging. Plato hält sich, wie man merkt, an die gleiche Anzahl von Umkehrungen, die bei Herodot und Pomponius Mela überliefert sind. Aus dem Text, den ich auszugsweise zitierte, geht klar hervor, dass Plato von den Katastrophen bei jeder Richtungsänderung wusste, denn er erwähnte die große Erschütterung der Erde, die bei einer Erdumkehrung (Polwende) auftritt, die Stürme und den Untergang vieler Lebewesen.

Als Philosoph war Plato nicht daran interessiert, die Tatsächlichkeit jener Umwälzung zu beweisen. Ihm ging es um das geistig-religiöse Verständnis jener Vorgänge der Frühzeit und ihre mögliche Bedeutung für die Entwicklung der Menschheit. Ich finde, dass Platos philosophischer Ansatz - mag er in mancher Hinsicht auch unzulänglich ausgefallen sein - auch heute noch eine wichtige Lektüre darstellt, weil seine weitgespannte Sicht uns auf das Verständnis der prophetischen Zeugnisse einer künftigen Verlagerung besser vorbereitet. Ohne Plato würden wir leicht einer heute verbreiteten Blickverengung erliegen und geneigt sein, das Problem einer Erdverlagerung als ein rein naturwissenschaftlich-physikalisches Geschehen abzuhandeln. Es ist mein Anliegen, unser Bewusstsein zu einer ganzheitlichen Sicht zu erweitern.

Polsprung

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