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II. Streitsache „Gott“

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Von und zu Gott kann reden, wer an Gott glaubt. Aber versteht man jenseits der Glaubenden, wovon dabei die Rede ist? Was denken sich die Glaubenden dabei, wenn sie das Wort „Gott“ verwenden? Viele Zeitgenossen kommen gar nicht mehr auf den Gedanken, an Gott zu denken, zu ihm zu sprechen oder über ihn zu reden. Für sie ist bereits das Wort „Gott“ ein Fremdwort. Es kommt in ihrem Sprachschatz nicht mehr vor. Es gibt keinen Text mehr, in dem es etwas bedeutet. „Gott“ – ist es ein Name, d. h. gibt es „jemanden“, der auf diesen Namen hört? „Gott“ – ist es ein Nomen, d. h. gibt es ein „etwas“, das diese Bezeichnung verdient?44 Unklar ist der Sprachstatus des Wortes „Gott“ und ebenso der Daseinsstatus des damit Bezeichneten: Was bedeutet oder meint dieses Wort und wer/was verdient in Wahrheit und Wirklichkeit so benannt zu werden? Beide Aspekte sind zu klären, will man sagen, was man meint und wie man dazu kommt, das Wort „Gott“ zu gebrauchen.45

Hier setzt nun die fundamentaltheologische „demonstratio religiosa“ ein.46 Sie hat zur Aufgabe, die Verstehbarkeit des Redens von Gott zu sichern. Ein solches Reden ist für Glaubende eine Selbstverständlichkeit, aber für ihre Kritiker ein Ding der Unmöglichkeit. In der Streitsache Gott gilt es daher dasjenige, was sich für den Nicht-Glaubenden nicht von selbst versteht oder unmöglich erscheint, den Denkenden mit den Mitteln des Denkens verständlich zu machen und als denkmöglich aufzuweisen. Erst dann kann jede/r Denkende dem vom Glauben für selbstverständlich Gehaltenen – die Rede von Gott und die Verwendung des Wortes „Gott“ – mit Verständnis begegnen und es zumindest als nicht-unvernünftig anerkennen. Bei der „demonstratio religiosa“ geht es aber nicht allein um die Frage, welche Bedeutung das Wort „Gott“ (als Nomen oder Name) hat und wie man diese Bedeutung mit den Mitteln der Vernunft klären kann. Zur Debatte steht auch, ob sich mit diesem Wort überhaupt sinnvolle, intersubjektiv einsichtige, nachvollziehbare und rechtfertigungsfähige Sätze bilden lassen oder ob bei seiner Verwendung etwa nur unüberprüfbare Regungen in der psychischen Innenwelt eines religiösen Subjektes geäußert werden. Dabei muss sich die Theologie mit dem Einwand auseinandersetzen, dass selbst diese Klärung wiederum ein Ding der Unmöglichkeit ist.

44 Vgl. I. U. DALFERTH/Ph. STOELLGER (Hg.), Gott nennen. Gottes Namen und Gott als Name, Tübingen 2008.

45 Ohne die Angabe, was ein Wort in Wahrheit und in Wirklichkeit meint, ist eine präzise und konsistente Begriffsdefinition nicht möglich. Inkonsistent ist unter dieser Rücksicht etwa der Begriff „Einhorn“. Man kann zwar definitorisch klären, was „in Wahrheit“ die Bezeichnung „Einhorn“ verdient. Dazu genügt es, wenn der Inhalt des Begriffs widerspruchsfrei ist (z. B. „vierbeiniger Paarhufer mit hornförmiger Stirnwucherung“). Man ist aber nicht in der Lage, den Nachweis seiner Existenz zu erbringen. Es bleibt offen, ob Einhörner auch „in Wirklichkeit“ und nicht bloß in der Welt der Fabel existieren. Dass es gleichwohl eine reichhaltige Literatur darüber gibt, was es nicht gibt, zeigt Ch. LAVERS, Das Einhorn. Natur, Mythos, Geschichte, Darmstadt 2010.

46 Zu Bestimmung von Ansatz, Aufgaben und Ziel siehe auch A. KREINER, Demonstratio religiosa, in: H. Döring/A. Kreiner/P. Schmidt-Leukel, Den Glauben denken. Neue Wege der Fundamentaltheologie, Freiburg/Basel/Wien 1993, 9–48.

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