Читать книгу Gott - Offenbarung - Heilswege - Hans-Joachim Höhn - Страница 17
§ 4 Bestreitung:
Die Unmöglichkeit, von Gott zu reden
ОглавлениеDie sprachphilosophische und wissenschaftstheoretische Diskussion des 20. Jahrhunderts (vor allem im Gefolge des Logischen Empirismus) lässt alle Sätze, in denen das Wort „Gott“ auftaucht, als kognitiv sinnlos erscheinen. Denn es handelt sich bei solchen Sätzen weder um analytische Aussagen (wie etwa Sätze der Logik und Mathematik) noch um empirisch überprüfbare Sätze, von denen man zumindest die Bedingungen und Umstände angeben kann, unter denen sie widerlegt werden können. Einen konsistenten Gottesbegriff zu bilden und definitorisch zu klären, was in Wahrheit verdient, „Gott“ genannt zu werden, scheint daher unmöglich zu sein.47
Diese Problematik wird dadurch verschärft, dass die christliche Theologie behauptet hat, dass Gott „unbegreiflich“ sei: Nach christlichem Verständnis ist Gott „der eine, wahre und lebendige Schöpfer des Himmels und der Erde, allmächtig, ewig, unermesslich, unbegreiflich, unendlich in Erkennen und Wollen und jeder Vollkommenheit. Weil er eine einzige, für sich bestehende, ganz und gar einfache und unveränderliche Geistwirklichkeit ist, ist von ihm auszusagen: Er ist wirklich und wesenhaft von der Welt verschieden, in sich und aus sich heraus überaus selig und über alles unaussprechlich erhaben, was außer ihm ist und gedacht werden kann“ (Vaticanum I/DH 3001).48
Nur jene Wirklichkeit verdient also in Wahrheit „Gott“ genannt zu werden, die nicht zum Bestand des (Inner-)Weltlichen zählt, sondern davon in Wirklichkeit und von ihrem Wesen her verschieden ist. Daher entzieht sie sich auch der Möglichkeit, unter Ausschöpfung aller sprachlichen Ausdrucksformen sagen zu können, wie sie „an und für sich“ ist. Damit wird nicht etwa nur eine vollkommene Begreifbarkeit Gottes bestritten (wie man von einem riesigen Gebäude – je näher man ihm kommt – immer nur einen Ausschnitt fotografieren kann). Vielmehr bedeutet die Behauptung der Unbegreiflichkeit Gottes, dass er ganz und gar im Modus feststellender, affirmativer Aussagesätze nicht definiert werden kann. Definitionen dieser Art sind nur möglich hinsichtlich dessen, das „außer ihm“ ist und gedacht werden kann.49
Ein Ausweg aus dieser Problematik könnte darin bestehen, dass man zeigt: Um von Gott sprechen zu können, kann man auf innerweltliche Sachverhalte und Problemlagen verweisen, für deren Erklärung oder Bewältigung der Rekurs auf die Wirklichkeit Gottes unabdingbar ist. Der klassische Weg der „demonstratio religiosa“ zur Bildung eines konsistenten Gottesbegriffs bestand darin, die Frage, was dieses Wort „in Wahrheit und in Wirklichkeit“ bedeutet, im Zusammenhang mit besonderen Konstellationen der menschlichen Daseinserfahrung zu klären. Dabei wurde von unstrittigen Sachverhalten (z. B. von kontingenten Weltereignissen) ausgegangen, die in eine Argumentation eingingen, deren Akzeptanz unabhängig von jedem Glauben ein Gebot der Vernunft darstellt und am Ende dazu führen sollte, dass zwischen Denkenden und Glaubenden ein rationales Einverständnis hinsichtlich der widerspruchsfreien Vertretbarkeit des Gottesgedankens entsteht. Das dem Glauben Selbstverständliche sollte durch Argumente einsichtig gemacht werden, deren Akzeptanz allein rational motiviert ist.50