Читать книгу Rebellen gegen Arkon - Hans Kneifel, Paul Wolf - Страница 14

6. DIE PRINZESSIN

Оглавление

Vergangenheit 5772 v. Chr. / 12.402 da Ark

Ich erwachte mit heftigen Kopfschmerzen. Ringsum herrschte entweder finstere Nacht, was angesichts von Travs Nachtauge unwahrscheinlich schien, oder mein Gesichtssinn funktionierte nicht. Außerdem hatte ich Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht. Meine Körperposition war mir unklar, ich hatte keine Ahnung ob ich stand oder lag.

In meinem Kopf lachte der Extrasinn sarkastisch.

Narr! Stehen kommt wohl kaum in Frage.

Im ersten Moment glaubte ich, mich immer noch in der Zeitmaschine zu befinden. Die Unbeweglichkeit, die ich nun erlitt, schien mir von derselben Sorte zu sein. Dann machte ich mir klar, dass ich einen Treffer aus einer Strahlwaffe erhalten hatte. Mit der Zeitmaschine hatte mein Zustand nicht das Geringste zu tun.

Diese Frau fiel mir ein, die beeindruckend selbstbewusste Arkonidin an der Spitze des Kampfkommandos. Hatte sie auf mich schießen lassen? Es sah fast so aus. Ich war entweder verwundet und lag im Sand der Yssods-Wüste, sterbend, oder aber …

Es handelt sich lediglich um die Folgen einer Paralyse, behauptete mein Extrasinn. Du solltest zusehen, dass du schnell auf die Beine kommst.

Ein greller Lichtstrahl drang in meinen Kopf.

Ich hatte unwillkürlich die Augen einen Spaltbreit geöffnet. Auch wenn ich die Muskulatur nicht kontrollierte, die wiederkehrende Sehfähigkeit stellte ein gutes Zeichen dar. Ich kannte diesen Zustand gut. Die Arkoniden hatten mich mit einer schweren Dosis vollgepumpt.

Ein normales humanoides Wesen wäre längst nicht wieder bei Bewusstsein. Der Durchschnittsarkonide wäre unter 24 Stunden Ohnmacht und Lähmung nicht davongekommen. Ich dagegen besaß den Zellaktivator. Binnen weniger Stunden würde ich meine volle Bewegungsfähigkeit zurückerlangt haben.

Meine Finger kribbelten. Ich versuchte, nicht zu zucken und jede sichtbare Bewegung zu vermeiden.

Wenn ich paralysiert war, so bedeutete das, dass ich mich in Gefangenschaft befand. Andernfalls hätte die schöne Arkonidin wohl meinen Tod befohlen, oder sie hätte mit mir gesprochen und mich gehen lassen.

Es war anzunehmen, dass irgendwer ein Auge auf mich hatte. Wenn es mir gelang, diese Person über meinen Zustand zu täuschen, konnte ich möglicherweise fliehen – oder etwas anderes tun, was mir sinnvoller erschien.

Die Frau trug das Da-Traversan-Wappen, erinnerte der Logiksektor mich. Finde heraus, was das zu bedeuten hat.

Du meinst … Fürst Ligatem hat eine Tochter?

Nein! Nicht Ligatem! Warum hätte Ligatem eine Verwandte geheim halten sollen? Warum hätte sie sich wohl mit diesen antiken Waffen und dem altertümlichen Schutzanzug verkleidet?

Ich konnte darauf keine Antwort geben.

Also, was willst du andeuten?, fragte ich unschlüssig.

Die Zeitmaschine war echt. Du versuchst, dich einer einfältigen Selbsttäuschung hinzugeben. Das hier ist nicht mehr die Gegenwart.

Ich hätte beinahe einen wütenden Laut ausgestoßen, so abfällig klang die mentale Stimme des Extrasinns. Doch ich erinnerte mich rechtzeitig daran, den Anschein von Paralyse zu wahren.

Meine Augen standen nur wenige Millimeter offen, gerade ausreichend für ein beschränktes Bild.

Ich lag nicht in der Wüste, sondern offensichtlich in einer geschlossenen Räumlichkeit. Wo sich dieser Ort befand, darüber konnte ich nichts aussagen. Die Kuppeln kamen nicht in Frage, es sei denn, dass es dort weitere verborgene Räume gab. Wahrscheinlich hatte man mich aus der Wüste heraustransportiert, vielleicht zurück nach Erican.

Das Kunstlicht war sehr grell. Innerhalb meines beschränkten Gesichtsfeldes befanden sich ein Stuhl und ein Teil einer geschlossenen Tür. Aus meiner Sichthöhe ließ sich schließen, dass ich auf dem Boden lag.

Über einer Stuhllehne hing meine Kleidung, eine beigefarbene Kombination. Die Schuhe standen davor. Ich schloss daraus, dass ich nackt war. Die Arkoniden hatten mich ausgezogen.

Das verschlechterte meine Lage, denn bevor ich ernsthaft aktiv werden konnte, musste ich mich ankleiden. Nicht allein aus Schutzgründen, sondern auch, um in einer mir unbekannten Umgebung nicht unnötig aufzufallen.

Ich hörte keine Geräusche. Mit erzwungener Ruhe ließ ich die Zeit verstreichen. Gymnastik hätte zweifellos die Regeneration beschleunigt, schon ein paar Schritte hätten sehr geholfen … Nein! Es war schwer, die kribbelnden Glieder ruhig zu halten. Jene Körperpartien, aus denen die Lähmung gerade wich, zuckten manchmal unwillkürlich; es handelte sich um Reflexe des Nervensystems, die ich nicht unterdrücken konnte.

Nach zwei Stunden hatte ich das Gefühl, fit zu sein. Ich war mir sicher, dass ich aufstehen und gehen konnte.

Keine Minute zu früh – von jenseits der Tür hörte ich Schritte, schwere Stiefel auf Metallfußboden. Es waren mehrere Personen.

Die Tür sprang auf.

Liege still!

Jemand rüttelte an meiner Schulter. Ich schaffte es, meine Muskulatur absolut entspannt zu halten. Ein zweites Rütteln, diesmal heftiger, und ich hatte Mühe, mich nicht durch eine ausgleichende Bewegung zu verraten.

»Bewusstlos«, konstatierte ein Mann in bestem altarkonidischem Dialekt, wahrscheinlich ein Wächter. »Ich sagte doch, ich hab‘ den Kerl beobachtet. Über die Kameras! Voller Paralysetreffer, der liegt morgen noch so da wie jetzt!«

Eine Weile herrschte Schweigen.

Und dann erklang ausgerechnet jene rauchig-dunkle Stimme, die mich schon beim ersten Mal so beeindruckt hatte:

»Von bewusstlos kann keine Rede sein. Dieser Mann ist zweifellos wach.«

»Wie könnte er nach einer vollen Dosis aus einem Paralysator jetzt schon wach sein, Erhabene?«

»Das weiß ich auch nicht.«

»Es ist nicht möglich!«, beharrte der Wächter.

»Dennoch trifft meine Aussage zu.«

Ich sah die Arkonidin aus der Yssods-Wüste vor mir, die schlanke, durchtrainierte Gestalt, die mandelförmigen roten Augen und das ausdrucksvolle Gesicht. Sie hatte zuletzt mit schneidender Schärfe gesprochen, ihr Ton duldete keinen Widerspruch.

Still, Narr! Sie blufft! Es gibt nichts, wodurch du dich verraten hättest.

»Stehen Sie auf!«

Ich reagierte nicht.

»Sie stehen entweder auf, oder ich werde Sie dazu zwingen lassen.«

Durch die kaum geöffneten Augen sah ich einen Stiefel kommen. Ein scharfer Tritt traf mich in den Unterleib.

Ich krümmte mich vor Schmerzen. Meine Tarnung war aufgeflogen.

Instinktiv nutzte ich die Bewegung, meine Rückenmuskulatur und die Beine unter Spannung zu setzen. Mit einem ansatzlosen Sprung kam ich hoch. Trotz Zellaktivator war ich bei nicht mehr als vierzig Prozent meiner Leistungskraft. Für den ersten Arkoniden reichte es noch; der, dem ich den Tritt verdankte. Der Kerl lag am Boden, bevor er begriff, was geschah. Den zweiten Mann besiegte ich ebenfalls mit einer schnellen Dagor-Trittkombination.

Person Nummer drei stand jedoch an der Tür. Es war die Arkonidin. Und sie machte keine Anstalten zu fliehen.

Stattdessen wartete sie auf mich in der Grundhaltung der Dagor-Schule. Sie schien nicht erschrocken zu sein. Ihre hautenge Kombination in hellblauer Farbe erlaubte geschmeidige Bewegungen. Die Stiefel reichten bis zu den Knien hoch, sie liefen spitz zu und konnten zweifellos als wirksame Waffe eingesetzt werden.

Ich begriff, dass ich in meinem Zustand gegen sie keine Chance besaß. Mein Blick fiel auf den Thermostrahler, der neben einem der Männer zu Boden gefallen war.

»Versuchen Sie es, und ich breche Ihnen die Arme«, kündigte die Frau gelassen an.

Ich kalkulierte die Möglichkeiten durch, die mir zur Verfügung standen. Die Dagor-Angriffstechnik war mir wohl vertraut, wahrscheinlich besser als ihr. Der Verlauf eines Gefechtes ließ sich bis zu einem gewissen Grad vorausplanen. Egal, was ich tat, das Resultat würde immer ein gebrochener Arm sein, bei großem Widerstand auch zwei. Ihre vermeintliche Drohung erwies sich als realistische Ankündigung.

Einige Sekunden lang starrten wir uns an. Die Männer am Boden regten sich bereits wieder. Am Ende sagte ich:

»Ich gebe auf.«

»Gut. Wir werden ein Verhör durchführen.«

»Zuerst habe ich eine Frage!«, sagte ich schnell.

Die Arkonidin hob die Augenbrauen, nicht ohne eine gewisse Belustigung.

»Nur zu.«

»Welches Datum schreiben wir heute?«

Die Arkonidin sah mich sehr seltsam an. Dann antwortete sie:

»Heute ist der 14. Prago des Tedar 12.402 da Ark.«

Ich fühlte mich wie vor den Kopf geschlagen. Das Datum war zwar noch lange kein Beweis; schließlich hätte die Frau sich irgendein Datum ausdenken können. Die Hinweise, dass tatsächlich eine Zeitreise stattgefunden hatte, mehrten sich jedoch.

Ich begann, daran zu glauben. Das genannte Datum stimmte mit der Ausrüstung überein, die der bewaffnete Trupp in der Wüste getragen hatte. Auch der Dialekt schien zu passen.

Der terranische und der arkonidische Kalender unterschieden sich sehr stark voneinander. Es war nicht leicht, ohne Computer die Daten des einen Systems in das andere umzurechnen. Verschiedene Termine, das Datum meiner Geburt beispielsweise, konnte ich jedoch in beiden Kalendern ausdrücken. Das verschaffte mir einen Anhaltspunkt.

Der 14. Prago des Tedar 12.402 da Ark entsprach grob gerechnet einem Tag im März des Jahres 5772 vor Christi Geburt. Schaltung Sternentau hatte mich demnach zwischen zehn- und elftausend Jahre in die Vergangenheit geschleudert.

Ich machte mir klar, dass ich zu diesem Zeitpunkt zweimal existierte. Der eine Atlan hockte in einer Gefängniszelle auf dem Planeten Traversan – der andere schlief auf der Erde in seiner Tiefseekuppel.

Ich beschloss, die Zeitreise als Realität hinzunehmen. Eine andere Wahl blieb mir nicht. Es sei denn, ich wollte fest die Augen schließen, mich kneifen und hoffen, dass ich aus einem Traum erwachte.

Ich lachte leise.

Die beiden Wachen, deren Thermostrahler auf meinen Kopf gerichtet waren, blickten mich finster an. Einer strich über das geronnene Blut in seinem Mundwinkel, Andenken an den Dagor-Tritt, mit dem ich ihn niedergestreckt hatte.

»Du da! Setz dich hin und halt dein Maul!«

Ich wollte ihn darauf hinweisen, dass ich bereits saß und kein Wort von mir gab. Es schien mir jedoch unnötig, mich auf einen Streit mit Gefängniswärtern einzulassen.

Stattdessen ließ ich die Vergangenheit Revue passieren. Mit arkonidischer Geschichte hatte ich mich häufig befasst. Mein photographisches Gedächtnis hielt über das Jahr 12.402 da Ark zahlreiche Informationen bereit.

Damals hatten Millionen von Transitionsschiffen den Kugelsternhaufen Thantur-Lok durchflogen; das heutige M 13. Kugelraumer über 800 Meter Durchmesser waren unbekannt, die fünfdimensionale Technik steckte noch in den Kinderschuhen.

Als die Menschheit noch in Einbäumen über das Wasser gerudert war, hatten die alten Arkoniden bereits die halbe Milchstraße unterworfen. Man bekriegte sich mit den Methanatmern, den furchtbaren Maahks, gegen die ich selbst noch als Admiral gekämpft hatte. Geschossen wurde mit Thermokanonen. Syntronische Rechner waren unbekannt, primitive Positroniken galten als die höchste technische Errungenschaft.

Die großen Maahk-Kriege waren im Jahr 12.402 noch nicht ganz beendet, allerdings herrschte eine Phase relativer Ruhe ohne wirklich große Schlachten.

Von der großen Expansion früherer Tage konnte keine Rede mehr sein. Der Hang zu Prunksucht und Dekadenz, der sich in Adelskreisen breitmachte, führte bereits in Riesenschritten auf den bevorstehenden Untergang zu. Der Niedergang, der das arkonidische Volk in eine tagträumende Herde Vieh verwandeln würde, hatte noch nicht begonnen, stand allerdings kurz bevor.

Als Imperator jener Zeit kannte ich Reomir IX., einen wenig brillanten Mann ohne sonderliche Bedeutung in der arkonidischen Ahnentafel. Meine Erinnerung sagte mir, dass Reomir IX. in wenigen Jahren einem Giftanschlag seiner Gattin Siamanth zum Opfer fallen würde. Siamanth würde dafür hingerichtet werden, ein Kristallprinz namens Laschotsch die Macht übernehmen.

Über den Planeten Traversan in dieser Zeit wusste ich nichts. Dem Großen Imperium gehörten aktuell etwa 50.000 Kolonial- und Fremdvölkerwelten an. Niemand wusste über alle Arkonidenvölker Bescheid, auch ich nicht.

Mir war jedoch klar, dass im Jahr 12.402 das Große Imperium zunehmend von Degeneration durchzogen wurde. In den Randgebieten war dies noch nicht sehr deutlich sichtbar. Dafür waren Korruption, Verselbständigungstendenzen und kleinere Kolonialkriege bereits an der Tagesordnung. Anzunehmen, dass auch das Traversan des 12. Jahrtausends da Ark davon nicht verschont geblieben war.

Die Traversaner hatten immer schon als stolzer, separatistischer Teil des Imperiums gegolten. Dies traf für das aktuelle Kristallimperium ebenso zu wie für das Große Imperium der Vergangenheit.

Ein Geräusch riss mich plötzlich aus der Versunkenheit. Die Tür sprang auf, und diesmal kamen vier Personen herein. Ihre finsteren Mienen verhießen nicht viel Gutes.

Beide Wachen salutierten.

»Für Traversans Ehre, Erhabener!«, riefen sie.

Drei der Gestalten waren Leibwächter, martialisch ausstaffierte Typen mit wilden Gesichtern. Der Gruß der Gefängniswachen schien jedoch Person Nummer vier zu gelten. Es handelte sich um einen betagten, breitschultrigen Mann von beeindruckender Körpergröße und natürlicher Autorität. Seine schulterlang wallende Mähne fiel auf einen knielangen Cape-Umhang, der mit Bildern aus der She‘HuhanMythologie verziert war.

Die Wachen hatten ihn als einen Erhabenen bezeichnet, also als einen Mann von hohem Stand. Mir fiel ein, dass auch die Frau aus der Wüste so bezeichnet worden war. Gehörten die beiden möglicherweise zusammen? Waren sie verwandt?

Narr! Siehst du nicht das Wappen?

Jetzt erst drang die kunstvolle Zeichnung eines aufgerichteten Traversan-Büffels an mein Bewusstsein. Es war das Da-Traversan-Wappen, dasselbe, das Fürst Ligatem getragen hatte, ebenfalls die Frau in der Wüste.

Der alte Mann setzte sich vor mir auf den Stuhl. Einige Sekunden lang fühlte ich mich von ihm gemustert. Ich erwiderte den Blick mit derselben Aufmerksamkeit, allerdings nicht unverschämt, sondern höflich.

Seine tiefen Krähenfüße fielen mir ins Auge. Die faltige Augenpartie zeugte von tiefer Sorge, die ihn oft erfüllen musste. Der Mann hatte eine schmale, lange Nase und trug einen kurzen Vollbart. Seine Augen waren tiefrot, dunkler als die des Durchschnittsarkoniden.

»Mein Name ist Nert Kuriol da Traversan«, sprach der Mann plötzlich. »Wer sind Sie?«

Ich antwortete respektvoll:

»Mein Name ist Atlan, Erhabener.«

Ein Nert, überlegte ich, eine Art Baron. Dieser Mann war der Herrscher des Planeten. Es musste sich um einen Vorgänger des Fürsten Ligatem handeln.

»Wie sind Sie in die Yssods-Wüste gekommen? Was wollten Sie dort?«

Einen Moment lang überlegte ich, mir eine Geschichte einfallen zu lassen, die plausibler klang als die Wahrheit. Irgendetwas von einem Absturz, genauso gut schien mir eine Entführungsstory. Aber auch Lügen konnte eine knifflige Sache sein, wenn man nicht genügend über die wahre Lage wusste.

»Ich habe eine Geschichte zu erzählen, die schwer zu glauben ist …«

Nert Kuriol da Traversan lächelte, und die Krähenfußfältchen gruben sich tief in seine Augenwinkel.

»Wir haben nicht sehr viel Zeit. Aber wir hören dir zu.«

Die Blicke der Arkoniden ruhten auf mir, in einer Mischung aus Neugierde und vorweggenommener Skepsis. Speziell die Augen der Frau fielen mir auf. Sie schaute beinahe glasig durch mich hindurch, ließ sich dennoch kein Detail entgehen.

»Ich komme aus der Zukunft. Genauer gesagt, aus einer Zukunft, die von dieser Zeit gut zehntausend Jahre entfernt liegt.«

Es wurde plötzlich still im Raum. Niemand atmete mehr.

Der Nert sah mich ausdruckslos an. Ob er schockiert war oder nicht, ob er die Auskunft für dummes Geschwätz hielt, ließ sich schwer erkennen. Ich an seiner Stelle hätte so reagiert.

»Weiter«, forderte er mich nach einer Weile auf.

»In der Zukunft bin ich eine Person von einiger öffentlicher Bedeutung. Meine Wissenschaftler riefen mich und mein Raumschiff RICO nach Traversan. Sie führten mich zu einer uralten Hinterlassenschaft, zu einer Anlage eines längst ausgestorbenen Volkes. Anfangs schienen alle Geräte, die wir entdeckten, ausgeschaltet zu sein – aber das erwies sich bald als Irrtum. Wir müssen irgendwie einen Fehler begangen haben. Jedenfalls wurde gegen meinen Willen ein technischer Vorgang ausgelöst, der mir bis jetzt noch nicht ganz erklärlich ist. Die fremdartigen Anlagen, von denen ich spreche, erwiesen sich als eine Zeitmaschine. Jedenfalls, wenn dies hier wirklich das Jahr 12.402 da Ark ist – wie man mir berichtet hat.«

Die Frau, die hinter dem Nert stand, versetzte feindselig:

»Es ist nicht angebracht, meine Worte anzuzweifeln.«

Ich erwiderte:

»Muss ich das nicht? Diese Zeitreisegeschichte ist für mich ebenso schwer zu glauben wie für Sie!«

Nert Kuriol hob die Hand.

»Still! Ich will keinen Streit hören! Mich interessiert, wie die Sache weiterging.«

»Nun, die Anlage transportierte mich also in die Vergangenheit. Der Sturz durch die Zeit endete erst, als sämtliche Energiereserven zu Ende gingen. Ich durchsuchte die Station, und als ich gerade aufgeben wollte, da nahmen mich Eure Leute fest, Erhabener. Und Eure Helferin hier«, ich deutete auf die hochgewachsene Arkonidin hinter Kuriol, »… Eure Helferin ließ mich betäuben, bevor ich noch etwas sagen konnte.«

Die Augen der Arkonidin blitzten vor Zorn. Sie erklärte stolz:

»Ich bin Prinzessin Tamarena da Traversan, Nert Kuriols Tochter! Bestimmt keine Helferin

Ich schwieg. Meine Geschichte war zu Ende.

Der alte Nert schien minutenlang über meine Worte nachzudenken.

»Wir haben die Station durchsucht. Es gab dort keine Energie, keine Nahrung, kein Wasser, kein Fahrzeug. Ist Ihnen klar, dass Sie innerhalb kürzester Zeit dort verdurstet wären?«

»Ich fürchtete bereits Ähnliches.«

»Sie verdanken dem Eingreifen meiner Tochter also Ihr Leben.«

»Das ist wahr.«

Die Stimme des Nert wurde plötzlich laut:

»Also gut. Für die Rettung Ihres Lebens will ich nicht auch noch belogen werden. Die Wahrheit, Fremder, oder ich werde Sie exekutieren lassen!«

»Was ich sagte, ist die Wahrheit.«

»Wenn Sie nicht sprechen wollen: Auf dem Gerichtsplaneten Celkar haben sie eine besondere Technik entwickelt, die infinite Todesstrafe. Ich versichere Ihnen, man quält sich nirgendwo mehr beim Sterben.«

»Erhabener, ich habe nichts zu korrigieren und nichts zu bereuen.«

Die Fragen kamen nun wie aus der Pistole geschossen:

»Warum hat Pyrius Bit Sie hierhergeschickt?«

Unbeeindruckt gab ich Antwort:

»Ich kenne den Namen Pyrius Bit nicht.«

»Sollten Sie unsere Raumschiffe sabotieren? Die Forschungsstätten von Erican, den Palast?«

»Nichts dergleichen, Erhabener. Ich schwöre es bei Arkon.«

Kuriol verzog abschätzig die Mundwinkel.

»Auf das Imperium sollten Sie lieber nicht schwören, Atlan! Arkon im Munde zu führen bringt Ihnen keinen Vorteil ein. Außerdem sollten Sie nicht glauben, dass Sie hier lebendig herausgeholt werden. Wenn die Hauptstadt fällt, dann geht auch dieses Gefängnis unter. Bevor Ihre sauberen Vorgesetzten Sie noch bergen können.«

Der alte Nert und ich, wir starrten uns eine Weile an. Ich war hilflos, er unversöhnlich.

Unter anderen Umständen wäre der Mann mir sympathisch gewesen. Er besaß Charisma und anscheinend einen messerscharfen Verstand. Ich musste jedoch zugeben, dass die Wahrscheinlichkeit gegen mich stand. Ein Unfall der Art, wie ich ihn erlebt hatte, konnte einfach nicht passieren.

Kuriol nannte einige interessante Details, meinte der Extrasinn. Traversan scheint sich im Krieg zu befinden. Der Name Pyrius Bit dürfte von Bedeutung sein. Außerdem fällt auf, dass der Nert schlecht über das Imperium spricht. Es ist davon auszugehen, dass derzeit gewisse Streitigkeiten ausgetragen werden.

Ich dachte darüber nach. Der Hinweis des Logiksektors schien mir wertvoll. Welchen Ausgang Streitigkeiten zwischen dem Imperium und einer Kolonie zu nehmen pflegten, wusste ich genau. Und der Nert schien es ebenfalls zu wissen, wobei er mich mit den Streitigkeiten offensichtlich in Zusammenhang brachte.

Nert Kuriol schaute mich ratlos an.

»Ich werde Sie nicht exekutieren lassen. Jedenfalls noch nicht gleich. Meine Militärärzte behandeln Sie zunächst mit Medikamenten, die die Wahrheit aus Ihnen herauspressen werden. Nur werden Sie hinterher nicht mehr bei Verstand sein, Atlan; und ich gebe zu, dass ich das bedauere.«

Kuriol schaute sich um und winkte den Wachen.

Doch die Frau aus der Wüste – Prinzessin Tamarena! – legte ihm schnell eine Hand auf die Schulter.

»Nicht, Vater!«, bat sie. Ihre Miene wirkte plötzlich so entgeistert, als habe sie ein Gespenst gesehen.

»Warte noch! Es ist nicht leicht zu glauben – aber der Fremde vom fernen Camelot spricht die Wahrheit.«

Ich schwieg wie vom Donner gerührt.

Es war nicht die Tatsache, dass sie für mich sprach. Damit hatte ich insgeheim gerechnet, weil ich ihre Arroganz als Maske durchschaute. Vielmehr lag es daran, dass ich den Ausdruck Camelot niemals erwähnt hatte. Prinzessin Tamarena gab eine Information preis, die sie eigentlich nicht besitzen konnte.

Rebellen gegen Arkon

Подняться наверх