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8. DER ADMIRAL VON DEN STERNEN

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Vergangenheit 5772 v. Chr. / 12.402 da Ark

Narr! Behalte die Nerven!

Die Stimme meines Extrasinns war mir völlig egal.

»Was wirst du nun tun, Atlan?«

»Ich folge ihr. Wo stehen diese Leka-Disken?«

Kuriol ließ mich von demselben Adjutanten, der die Nachricht überbracht hatte, nach oben geleiten. Es dauerte viel zu lange. Der Mann war langsam wie eine Schnecke, aber ohne Führung konnte ich nicht zu den Hangars kommen.

Der Adjutant öffnete eine Tür. Vor mir standen hochkant vier jener Diskusschiffe, aus denen die Terraner in späteren Jahrtausenden die legendären Space-Jets entwickelt hatten. Sie alle trugen die blauen Da-Traversan-Wappen.

Eines der Startgeschirre war leer – Tamarenas Maschine.

»Benötigen Sie einen Piloten?«

Ich stieß ihn unfreundlich beiseite.

»Ganz sicher nicht. Sehen Sie zu, dass Sie aus dem Hangar kommen.«

Ich legte einen Alarmstart hin, wie ihn der ehrwürdige Palast des Nert nie zuvor erlebt hatte. Der Gedanke, Tamarena könnte im Orbit sterben, brachte mich um den Verstand. Der Lauf der Vergangenheit und der Zukunft kümmerte mich nicht mehr. Ich wollte nur noch, dass die Schlacht endete und dass ich hinterher aus einer Schleuse ihre Gestalt auftauchen sah.

Narr.

Du wiederholst dich.

Irakhem sah die Schiffe untergehen, eines nach dem anderen, und er konnte nichts daran ändern. Viele Gesichter, die er kannte, und so viele Namen, die er nie mehr hören würde. Nicht einmal bei der Trauerfeier; denn innerhalb der nächsten Stunde würde er zweifellos bei den Toten sein.

Einer der Schweren Kreuzer wollte die Flucht ergreifen. Irakhem konnte es verstehen. Im entscheidenden Moment kehrte das Schiff jedoch in die Reihen zurück. Einen Moment lang beobachtete Irakhem seinen Kurs: Es geriet zwischen die Fronten und wurde von feindlichem Kreuzfeuer erwischt. Mit versteinertem Gesicht sah der Pal‘athor die Vernichtung an.

Und dann geschah etwas, womit niemand hatte rechnen können. Aus dem Chaos, das niemand außer Irakhem und seinem Feind Troimus überschaute, tauchte ein Leka-Diskus auf. Das Ziel der kleinen Einheit war die TRAVERSANS EHRE.

Irakhem sah bereits den Glutball einer Detonation vor sich. Doch dann kam alles anders. Der Leka-Diskus schaffte es bis in den Hangar – und zum Vorschein kam eine Person, die er niemals an diesem Ort hätte sehen wollen: Prinzessin Tamarena.

Irakhem war viel zu sehr Stratege, als dass er die Gunst des Augenblicks nicht erkannt hätte.

»Verbreitet die Nachricht an alle Schiffe der Traversan-Flotte«, wies er seine Funkoffiziere an.

Die Ankunft der Prinzessin, so hoffte er, würde einen Ruck durch die Truppen gehen lassen. Wenn der Nert seine Tochter schickte, dann musste es Hoffnung geben.

Diese Hoffnung ist eine Lüge, erklärte sein Extrasinn trocken.

Irakhem starrte die schöne Prinzessin in einer Mischung aus Ärger und Freude an.

Das weiß ich, sagte er lautlos. Aber diese Lüge verschafft uns vielleicht eine halbe Stunde.

Ich ließ den Palast in einem verrückten Manöver unter mir zurück. Die Kontrollen schienen mir so vertraut, als hätte ich gestern erst am Steuer eines solchen Fluggefährtes gesessen. Dabei war es mehr als zehntausend Jahre her.

Ich flog den Diskus allein – ohne Syntron, mit minimaler Hilfe der Positronik.

Binnen weniger Sekunden erreichte ich die höheren Schichten der Atmosphäre. Auf dem Orterschirm sah ich einen Kugelraumer auftauchen. Es war ein feindliches Schiff, ein Leichter Kreuzer von 100 Metern Durchmesser. Auf eine noch unbekannte Weise musste es dem Abwehrriegel entgangen sein, der Traversan umgab.

Ich wusste ziemlich genau, was das bedeutete. Wenn es dem Kreuzer gelang, zum Palast durchzustoßen, waren Kuriol und die anderen tot. Die Kraftfeldkuppel würde ihnen gegen schiffsgestützte Thermowaffen wenig nützen.

Da stießen zwei weitere Kreuzer aus den Wolken hervor. Sie nahmen das durchgebrochene Schiff aufs Korn.

Bevor ich Gelegenheit fand, etwas zu unternehmen, war das Gefecht bereits vorbei. Der Leichte Kreuzer erhielt mitten im Landeanflug auf Erican zwei verheerende Treffer. Sein Schutzschirm brach zusammen, ein Fangschuss verwandelte die gesamte rechte Flanke in schmelzenden Arkonstahl. Über der Region, die als Garten der Sonne bekannt war, stürzte der Kreuzer ab.

Die hundert Meter durchmessende Kugel entwickelte eine kinetische und energetische Wucht, die sich mit dem Einschlag diverser Atombomben vergleichen ließ. In der Kompressionsphase wurde das Gestein, das unter dem Garten lag, auf ein Drittel seines gewöhnlichen Volumens gestaucht. Der Druck erreichte millionenfache Atmosphärewerte. In der Phase darauf, der physikalischen Druckentlastung, wurden Schmelz- und Trümmergesteine aus einem sich bildenden Hohlraum ausgeworfen.

Vom Observatorium blieb nichts übrig. Ein Inferno kam über die Stadt. Über Erican brachen mehrere Kraftfeldkuppeln zur gleichen Zeit zusammen.

Ich war sicher, dass die Trichterbauten von furchtbaren Erdbeben heimgesucht wurden. Wahrscheinlich verlor jedes freistehende Gewächs im Stadtgebiet seine Blätter.

Der Orterschirm zeigte einen Krater von zwanzig Kilometern Durchmesser an. Ich hoffte, dass Tamarena auf meinen Hinweis das Areal hatte evakuieren lassen.

Vor meinem inneren Auge sah ich den dicht besiedelten Himmelskrater, zehntausend Jahre in der Zukunft; und ich fragte mich, ob mein Eingreifen in die Schlacht um Traversan nicht letzten Endes doch vorgesehen war.

Mittlerweile hatte ich mehrfach in den Zeitstrom eingegriffen, wenn auch nur in Details. Vielleicht existierte eine Schicksalsmacht, die mich dazu ausersehen hatte, den Lauf der Geschichte in die richtige Richtung zu lenken.

Aufmerksam horchte ich in mein Inneres. Der Extrasinn zog es vor, meine Gedanken ohne Kommentar verhallen zu lassen. Wie rücksichtsvoll von ihm …

Der Leka-Diskus schoss durch die oberen Atmosphäreschichten in den freien Weltraum. Mit bloßem Auge war nichts von der Schlacht zu erkennen. Nur die Ortergeräte verrieten dem geübten Auge, was sich an welchem Ort ereignete.

Ich forderte Peilimpulse an. Es dauerte keine zehn Minuten, dann erblickte ich vor mir ein scheinbar antriebslos treibendes, von einem starken Schutzschirm umgebenes Raumschiff. Es war die TRAVERSANS EHRE.

Ein Blick auf die Außenhülle zeigte, dass die 500-Meter-Einheit der Fusufklasse unter schwerem Feuer gelegen hatte. Die Panzerung aus Arkonstahl hatte jedoch dem Überfall standgehalten.

»Leka-Diskus mit Pilot Atlan bittet um Aufnahme!«

Vor mir öffnete sich eine Strukturlücke im Schirm. Ein Traktorstrahl zog mich mit brutaler Wucht ins Innere, in einen halb zerstörten Hangar.

Alarm gellte durch das Schiff. Ich schnallte mich los. Durch den Hangar stürmte ich Richtung Ausgang.

Im letzten möglichen Augenblick erreichte ich den Korridor, dann schleuderte ein mittleres Beben mich an die Decke und zum Boden zurück. Ich konnte froh sein, dass ich keine Knochenbrüche davontrug.

Bis zur Zentrale dauerte es fünf Minuten. Aus dem Antigravschacht rollte ich mitten in den Saal. Ich war der Einzige, der nicht angeschnallt war, und brach deshalb als Einziger zusammen, als einige Gravos Beschleunigung von den Andruckabsorbern nicht abgefangen wurden.

Auf dem Kommandostand sah ich Prinzessin Tamarena sitzen. Ich war erleichtert, sie gesund zu sehen. Mein Herz fing zu klopfen an, und allein ihr Anblick ließ mich glauben, dass ich ein berechtigtes Risiko einging.

»Atlan!«, rief sie. »Ich dachte nicht mehr, dass du kommen würdest!«

»Das dachte ich selbst nicht.«

Wir schauten uns in die Augen. Aber der Moment dauerte nicht lange.

Die Prinzessin wandte sich dem hochgewachsenen jungen Mann zu, der in der Uniform eines Pal‘athor neben ihr hockte, im Kommandantensessel.

»Das ist er, von dem ich dir erzählt habe, Irakhem! Das ist Atlan. Der Mann aus der Zukunft.«

Der junge Mann starrte mich an, als wolle er mein Innerstes bloßlegen. Er umklammerte so fest die Lehnen seines Sessels, dass die Knöchel weiß hervortraten.

»Was wollen Sie hier, Atlan?«, fragte er scheinbar kalt.

»Ich habe die Absicht, das Kommando über Traversans Flotte zu übernehmen.«

Irakhem kämpfte mit sich. Hilflos schaute er auf mich, dann wieder zurück auf die Panoramagalerie, die ein furchtbares Bild des Untergangs zeichnete.

»Also gut. Admiral – wir warten auf Ihre Befehle.«

Ich atmete auf.

»Verlieren wir keine Zeit. Irakhem, Sie waren auf der Galaktonautischen Akademie?«

»So ist es!«

»Dann verlassen Sie nun den Kommandositz. Begeben Sie sich nach vorn und übernehmen Sie den Pilotenstand. Dort werden Sie dringender gebraucht.«

»Das werde ich ganz bestimmt nicht tun …«

Tamarena versetzte ihm einen heftigen Stoß.

Pal‘athor Irakhem presste die Lippen zusammen. Er sprang vom Podest und erreichte mit wenigen Sprüngen die Reihe der Pilotensitze.

Die Methoden der Akademie waren mir bekannt. Mit ihm an der Steuerung fühlte ich mich erheblich wohler.

Die Prinzessin schenkte mir einen unergründlichen Blick. Ich hatte keine Zeit, mich ihr zu widmen, auch wenn sie mir einen Moment lang als der wichtigste Mensch im Universum erschien. Ich hatte eine Schlacht zu gewinnen. Und das, so verriet mir der erste flüchtige Blick, war ein Ding der Unmöglichkeit. Irakhem hatte zu viele Fehler gemacht.

»Hologramme und Schirmflächen vergrößern!«, ordnete ich an. »Abbildungen auf höchste Detailstufe.«

Die Orter der TRAVERSANS EHRE stellten eine Fülle von Informationen zur Verfügung. Zu den Flussdiagrammen und dreidimensionalen Vektorgrafiken kam ein Verfahren, das den wahrscheinlichen Zustand meiner Einheiten ermittelte. Intakte Einheiten wurden grün eingefärbt, beschädigte blau, manövrierunfähige Schiffe erhielten die Farbe Gelb zugeordnet. Grün war kaum zu sehen, Blau dagegen sehr häufig.

Die Schiffe des Feindes behielten ihre rote Kennfarbe. Allerdings hatte die Positronik eine Vielzahl von Treffern aufgezeichnet, auch auf Seiten des Gegners. Ich ließ die Summe der Treffer als Index unterhalb der roten Reflexe einblenden. Vor meinen Augen entwickelte sich ein komplexes Bild.

»Kein Arkonide kann das mehr überschauen!«, flüsterte Tamarena.

»Ein Admiral muss es können. Die Summe der Details gibt stets den Ausschlag.«

Unsere Streitmacht bestand nicht mehr aus siebzig Schiffen wie zu Anfang, sondern war auf 45 Einheiten geschrumpft.

Zehn meiner Schiffe hatten nichts anderes zu tun, als Traversan gegen durchgebrochene Feinde zu schützen. In den eigentlichen Kampf griffen sie zu keiner Zeit ein. Die Geschichte lehrte mich jedoch, dass es zu einem weiteren Durchbruch nicht mehr kommen würde; ich konnte also guten Gewissens auf die letzte Sicherung verzichten.

Vere‘athor Troimus, der Führer der Gegenseite, hatte lediglich zwanzig Verluste zu beklagen. Er verfügte noch über achtzig Einheiten – wobei auch er zehn Raumer aus der Schlacht herausgenommen hatte.

Schwere Schläge erschütterten die TRAVERSANS EHRE. Eine Sekunde lang fiel in der Zentrale die Beleuchtung aus, und in der Dunkelheit glomm allein noch die Galerie der Panoramaschirme. Ich erkannte zwei Schlachtkreuzer der Fusufklasse, die uns unter Feuer genommen hatten.

»Irakhem!«, brüllte ich gegen den Lärm. »Regeln Sie das allein!«

Der Pal‘athor an den Kontrollen machte eine bejahende Geste. Ich versuchte, mich geistig mit seinen Maßnahmen nicht zu befassen.

»Schirmauslastung 120 Prozent!«, hörte ich einen Offizier schreien. »Steigend!«

Die TRAVERSANS EHRE beschleunigte mit maximalen Werten, verzögerte, schüttelte die Schlachtkreuzer ab. Ein Verband Schwerer Kreuzer kam uns von hinten zu Hilfe. Die Thermogeschütze feuerten im Salventakt, positronisch synchronisiert mit den übrigen Einheiten.

Ich entwickelte meinen ersten Plan.

»Die zehn Schiffe über Traversan werden abgezogen!«, kommandierte ich. »Eingliedern in die Kampfverbände!«

»Admiral! Das ist nicht …«

»Befolgen Sie meine Befehle!«, donnerte ich.

Der Orbton, der mich in eine Diskussion hatte verwickeln wollen, hastete wortlos davon.

Ich hatte nicht die Absicht, dem Untergang tatenlos zuzusehen. Wenige Minuten später verfügte ich über sämtliche Einheiten.

Biete dem Gegner einen Köder an!, empfahl der Logiksektor. Und dann schlage zu!

Vere‘athor Troimus versuchte, zwei Lichtminuten von Traversan entfernt eine permanente Kampfzone zu schaffen. Bei permanentem Feuer, wenn sich alle Schiffe stets in Schussreichweite befanden, wog die zahlenmäßige Überlegenheit der imperialen Flotte besonders schwer.

Irakhem schickte mir einen warnenden Blick. Ich nickte unmerklich; als Zeichen, dass ich die Gefahr erkannt hatte.

»Atlan«, drängte Tamarena. »Wir brauchen Distanz, sonst geht es zu schnell!«

»Keineswegs. Wir benötigen einen Köder für den Feind.«

»Müssen wir denn selbst dieser Köder sein?«

»Etwas anderes haben wir nicht.«

Troimus ließ eine große Kugelschale aus Raumschiffen bilden. Alle Einheiten vom Stützpunkt BRY 24 hielten denselben Anstand zueinander. Ich ließ es zu, dass die Kugelschale meine Flotte komplett umschloss. Keines meiner Schiffe konnte sich mehr an einen Ort bewegen, an dem es nicht unter Feuer stand. Troimus dachte wahrscheinlich, dass er jetzt gewonnen hatte.

»Atlan!«, drängte Tamarena.

»Still!«

Ein Orbton meldete: »Schutzschirmauslastung 90 Prozent. Steigend! – 100 Prozent. 110! Energiereserven für Antriebssysteme werden abgezapft!«

Ich ordnete an: »Feuer aussetzen bis auf Widerruf! Keine Einheit schießt, es sei denn im absoluten Notfall! Dreierformationen bilden! Jeweils ein Schlachtkreuzer im Zentrum! Zwei kleinere Einheiten rücken in nächste Nähe auf!«

Meine Flotte gruppierte sich um. Keines der Schiffe unternahm einen Ausbruchsversuch. Ein Schwerer Kreuzer und ein Leichter Kreuzer schoben sich bis auf wenige hundert Meter Entfernung an die TRAVERSANS EHRE heran. Troimus‘ Flotte hielt ihre Formation.

Der Extrasinn flüsterte: Man fühlt sich anscheinend siegessicher. Gut für dich und Traversan.

Was nach einem taktischen Vorteil für das Imperium aussah, hatte in Wahrheit ganz andere Folgen.

Gewiss, jede traversanische Einheit lag unter Dauerfeuer. Allerdings waren an diesem Feuer nur fünfzig Prozent der Imperiumsflotte beteiligt. Alle anderen Schiffe sicherten den leeren Raum, den ich durch unser Zusammenrücken freiwillig preisgegeben hatte. Meine Schiffe dagegen befanden sich in bester Schussposition. Rechnerisch herrschte in diesem Moment ein Gleichgewicht der Kräfte.

»An alle Einheiten! Die Positronik der TRAVERSANS EHRE übermittelt in diesem Augenblick eine Liste von zwölf Schlachtkreuzern der Fusufklasse. Diese Einheiten sind nach unseren Informationen absolut feuerklar, aber möglicherweise durch sehr viele Wirkungstreffer angeschlagen.«

Ich betrachtete die Kugelwolke, die aus knapp siebzig roten Punkten gebildet wurde. Zu jedem Reflex gehörte der Trefferindex. Ich hatte die zwölf Schlachtkreuzer mit den höchsten Werten herausgesucht.

»Auf Kommando synchronisiertes Punktfeuer!«, ordnete ich an. »Die Verbände bleiben zusammen! Flüchtige Einheiten werden nicht verfolgt!«

Ich wartete einige Sekunden ab, dann sagte ich laut:

»Jetzt!«

Die TRAVERSANS EHRE tat einen gewaltigen Satz. Alle Energie, die die Reaktoren hergaben, wurde in die Impulstriebwerke geleitet. Kurzzeitig brachen die Schirme zusammen, versagende Andruckabsorber pressten mich in den Kommandosessel.

Die Panoramagalerie zeigte einen jener 500-Meter-Riesen – exakt das Schiff, das ich für unseren Verband als Ziel ausgewählt hatte.

Es dauerte wenige Sekunden. Dann blähte sich der Schlachtkreuzer zu einer sonnenhellen, explodierenden Masse auf.

»Nächstes Ziel!«, donnerte ich. »Einen Schweren Kreuzer wählen! Bevor Troimus schaltet!«

Irakhem und die Piloten der Flankenschiffe leisteten ganze Arbeit. Nach weniger als zwanzig Sekunden trieben drei weitere Glutbälle durch den Weltraum.

Mit tränenden Augen beobachtete ich mein Hologramm. Als das Manöver beendet war, hatte Troimus 33 Einheiten verloren – ich dagegen keine einzige.

Tamarena starrte mich an wie eine Erscheinung. Ich hatte keine Zeit, mich um sie zu kümmern.

Troimus löste die Kugelschale auf. Der Vere‘athor begriff soeben, worauf er sich eingelassen hatte. Das neue Verhältnis lautete 35 zu 37 für Troimus – nicht mitgerechnet die zehn Schiffe, die der Feldherr der Gegenseite aus der Schlacht genommen hatte. Allerdings verfügte Traversan über eine deutliche Übermacht an Schlachtkreuzern der Fusufklasse.

Er wird jetzt persönlich eingreifen, sagte mein Extrasinn voraus.

Damit rechne ich. Der zweite Köder wird bereits vorbereitet.

Troimus‘ Reserve nahm Fahrt auf. Ich zog meine Schiffe weiter zusammen – und entblößte bewusst eine Schneise, die direkt auf Traversan gerichtet war.

Ob der Vere‘athor reagieren würde, war schwer zu sagen. Anfangs schien mein Plan ins Leere zu gehen. Dann aber nahm exakt jener Verband aus zehn Schiffen Fahrt auf. Die Impulstriebwerke sorgten für hohe Beschleunigung, typisch für die 200 Meter durchmessenden Schweren Kreuzer.

»Verfolgen!«, ordnete ich mit kalter Stimme an. »Sämtliche Leichten Kreuzer aus den Verbänden ausscheren!«

Die Leichten Kreuzer besaßen keine große Kampfkraft. Aber sie verfügten über Beschleunigungswerte, die den Schweren Kreuzern hoch überlegen waren.

»Es ist zu spät, Admiral!«, rief Irakhem mit bleichem Gesicht. »Wir können sie vor Traversan nicht mehr erreichen.«

»Das wollen wir auch gar nicht«, belehrte ich ihn.

Irakhem schnappte nach Luft, sagte aber nichts mehr.

Die Schweren Kreuzer näherten sich Traversan. Die Leichten Kreuzer rückten nahe heran, bewirkten aber nichts außer einer bogenförmigen Kurskorrektur des Gegners.

Das hatte ich vorausgesehen.

Der korrigierte Kurs führte nahe an Travs Nachtauge vorbei, dem Mond von Traversan. Als Troimus‘ Schiffe den mondnächsten Punkt ihrer Bahn erreicht hatten, feuerten die Bodenforts.

Es dauerte keine dreißig Sekunden. Von der Flanke kamen die Leichten Kreuzer heran. Troimus wurde zwischen den Fronten zerrieben. Keiner der Schweren Kreuzer kam davon.

»Admiral!«

»Das ist unmöglich!«

Ich blickte in fassungslose Gesichter.

»Damit haben wir ihren Vere‘athor erwischt«, verkündete ich laut. »Aber es ist noch nicht zu Ende.«

Wir stellten uns zum entscheidenden Kampf. Doch die andere Seite hatte keine kompetente Führung mehr. Traversan verfügte außerdem über zwei Drittel aller Schlachtkreuzer, die sich noch im Kampf befanden.

Noch einmal verfolgte ich das bewährte Konzept: Angriff auf die schwächsten Raumer, gezielte Reduzierung der feindlichen Feuerkraft.

Keine Einheit ging mehr verloren. Zumindest nicht auf meiner Seite.

Die erste Welle nahm der Flotte des Imperiums weitere sieben Schiffe.

Die zweite sollte entscheidend sein; im Augenblick der Begegnung schleusten sämtliche Kreuzer ihre Beiboote aus.

Mit einer scheinbar vielfachen Übermacht schlugen wir die Reste der Imperiumsflotte in die Flucht. Es waren nicht mehr als zwanzig Schiffe, teils schwer beschädigt.

»Wir müssen sie verfolgen!«, schrie Irakhem vom Pilotenstand. »Dann kriegen wir sie alle!«

»Nein.«

»Aber … Admiral!«

»Es bleibt beim Nein. Das Imperium kann uns morgen schon tausend Schiffe schicken. Eine Verfolgung wäre kein taktischer Vorteil in diesem Krieg, sondern nur noch Mord.«

Irakhem wollte etwas sagen. Dann aber verstummte er. Mit schiefgelegtem Kopf schien er auf eine innere Stimme zu lauschen, und ich vermutete, dass er ebenso wie ich über einen aktivierten Logiksektor verfügte.

»Ich bitte um Entschuldigung, Erhabener«, brachte er über die Lippen. »Ich sehe meinen Fehler ein.«

Die Schlacht war vorüber.

Ich hörte niemanden jubeln.

Vergangenheit 5772 v. Chr. / 18. Prago des Tedar 12.402 da Ark

An der Seite Kuriols trat ich ins Freie. Es war kühl geworden. Die Terrasse erlaubte einen weiten Blick über die Stadt Erican.

»Kein schönes Bild, Nert.«

»Das ist wahr. Diese Stadt funkelte einmal wie ein Edelstein.«

»Es wird wieder so sein. Ich habe es gesehen. In zehntausend Jahren.«

Erican versank in einem ungewissen Abendschimmer. Die Zerstörungen, die der Absturz des Kreuzers angerichtet hatte, waren nicht zu übersehen.

»Ich habe Ihnen zu danken, Atlan. Ohne Ihr Eingreifen wäre mein Volk jetzt tot. Traversan würde nicht mehr existieren. Wenn ich etwas zum Ausgleich für Sie tun kann, dann lassen Sie es mich wissen.«

Ich hatte Kuriol bereits den defekten Steuerchip mit der Bitte übergeben, seine Experten darauf anzusetzen. Denn ohne den Chip konnte meine Zeitmaschine nicht funktionieren. Kuriol hatte außerdem versichert, er werde die Speicherbatterien der Anlage füllen und warten lassen.

Die Gestalt des alten Nert, sonst so aufrecht, schien mir einen Moment lang hinfällig und schwach. Er trug sein blaues Cape mit der martialischen Zeichnung der She‘Huhan-Sternengötter, und doch wirkte er verletzlicher denn je.

»Danken Sie mir noch nicht, Erhabener. Noch ist nicht klar, wie wir die Krise bewältigen sollen.«

Der Kopf des alten Nert ruckte nach oben.

»Sie verwenden den Ausdruck wir, Atlan?«

»Ja. Mir ist jetzt klar, dass ich nicht einfach verschwinden und Traversan sich selbst überlassen kann. Und das aus zwei Gründen: Erstens ist meine Zeitmaschine vorerst noch ohne Energie, ich muss also warten. Zweitens ist die Balance der Kräfte zerstört.«

Aufmerksam blickte der Nert mich an.

»Was wollen Sie damit andeuten?«

»Bislang konnten wir uns darauf verlassen, dass Traversan ganz automatisch gerettet wird. Die Geschichte beweist es ja. Aber nun habe ich als fremdes Element entscheidend eingegriffen. Ob ich einen Fehler begangen habe oder nicht, mag dahingestellt sein.«

Ich dachte an die Prinzessin, und meine innere Stimme sagte mir, ich habe völlig richtig gehandelt. Auch wenn es egoistisch war, auch wenn eine Emotion den Ausschlag gegeben hatte.

»Nun muss ich für Traversan geradestehen«, verkündete ich. »Ich muss aktiv dafür sorgen, dass die Geschichte ihren Gang geht. Wer weiß? Vielleicht kehre ich sonst in meine Gegenwart zurück, und die Methanatmer haben den Krieg doch noch gewonnen.«

Kuriol lachte dröhnend.

»Das steht wohl nicht zur Debatte, Atlan. Aber ich verstehe Ihre Überlegungen.«

Wir schauten eine Weile schweigend über die Stadt. Travs Stern zeigte sich als roter Flammenrand, als verglimmendes Licht über einem Horizont aus Wohntrichtern und verbrannten Parks.

»Die nächste Strafexpedition wird nicht lange auf sich warten lassen«, sagte ich. »Nert, wir müssen die Initiative ergreifen.«

Ich drehte mich und schaute zur anderen Seite, auf die Mauern des Palastes und zum dunklen Himmel, an dem Travs Nachtauge gerade aufgegangen war. Ich fragte mich, ob Prinzessin Tamarena bereits eingeschlafen war.

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