Читать книгу Die Lady und der Admiral - Hans Leip - Страница 17
Und die Hamilton?
ОглавлениеLady Hamilton vernahm einiges von den teuern Gesprächen, sie lag nebenan und sagte manches dazwischen, was keiner im Lärm auffasste, hörte auch den Arzt, schrie, flehte, aber sie war nicht fähig aufzustehen. Sie wimmerte den Namen der beiden Männer, die sie liebte; sie weinte, da sie fürchtete, beide zu verlieren, redete sich gut zu, hörte durch das Deck, wie die Königin nach ihr rief; und schwieg. Alles lag hier dicht an dicht, nichts blieb verborgen. Es war entsetzlich, schamlos, gemein, und ging doch unter im Getöse. Sie fluchte mit männlichem Organ auf die Russen, ein verzweifeltes höllisches Echo stimmte ein. Sie versank in sich, fühlte an sich umher, dachte an Romney, der sie so oft gemalt, als sie noch jung und dumm und schlank gewesen war, auch an Reynolds, Tischbein, Rehberg, Angelika Kauffmann. Ihre Schönheit würde der Nachwelt nicht verloren gehen.
Zu ihren Füssen hockte Fatima, die kleine Mohrin, in sich gekrümmt, verhüllten Hauptes, zuckend unter den Schwingungen des Schiffes, doch ohne Laut. Sie stiess mit den Zehen nach ihr: „Fatme! Wasser! Zitronen!“ Fatme kroch davon, kam wieder. Nichts. Es gab nichts auf diesem Schiff.
Die Hamilton biss die Zähne zusammen, presste den Nacken steif gegen eine gerollte Wagendecke, die das Kopfkissen ersetzen musste. Sie dämpfte ihre Übelkeit. Erbrechen würde ihr schaden. Sie war leer bis zur Galle. Ruhe! Schlaf, Kindchen schlaf! Die Nacht ihres Geburtstages im vergangenen April flog hin und her über ihre Seele. Damals schwebten sie zwischen Malta und Palermo, nicht weniger stürmisch, aber in einem schöneren Boot, in Nelsons Flaggschiff. Und Nelson war gekommen, sie zu trösten. Der tolle Knabe Horatio.
O toller Held, o Ruhm, o weite Welt! Sie war erfahren genug. Zweimal hatte sie ein Kindchen gehabt. Verdorben, gestorben. War es denn wahr? Niemand wusste es. Niemand? Ihre Mutter kaum. Und ihre Mutter schwieg. Wo war sie? Jetzt wäre es Zeit; ein bisschen mütterliche Redensarten, das wäre vielleicht angenehm. Nichts! Nichts auf diesem Schiffe. Nur sie. Auf sie kam es an. In ihr wuchs der neue Knabe Horatio, mit zwei Armen, zwei Augen, o toller Heldenheld! O über alle Welt, sternenhoch gestellt.
Es schien ihr fast so gut wie Cornelia Knights Gedichte. Die treue, sture, keusche, angejahrte Musenbonne Ellis Cornelia Knight. Doch das Geburtstagsgedicht war wunderschön. Cheer up, Delia! Hiess es nicht: Delila? Oder Emma? Ah, Nacken steif! Emma Hart! Alias Lion! Alias Lady Hamilton! Alias Herzogin von Bronte? Elias, Prophet, sage mir ... So Allah will, kleine Fatuma! —
So und ähnlich sprach Lady Hamilton sich Mut zu auf dieser ungemütlichen Fahrt.