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1. Echte und unechte Satzungsbestimmungen

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Grundsätzlich wird unterschieden, ob es sich bei den Bestimmungen, die in der förmlichen Satzungsurkunde enthalten sind, um Satzungsbestimmungen mit körperschaftsrechtlichem Charakter, auch materielle oder echte Satzungsbestimmungen genannt, handelt oder um solche mit individualrechtlichem Charakter, auch formelle oder unechte Satzungsbestimmungen genannt.[1] Diese grds. Unterscheidung ist für die Auslegung der Satzung,[2] ihre Änderung[3] und die Anfechtung[4] bedeutsam.

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Gilt eine Regelung in der Satzung für einen unbestimmten Personenkreis, also nicht nur für die bei ihrem Inkrafttreten vorhandenen Gesellschafter oder einzelne von ihnen, sondern sowohl für gegenwärtige als auch für künftige Aktionäre und Gläubiger der Gesellschaft, handelt es sich um eine Regelung mit körperschaftsrechtlichem Charakter.[5] Diese Bestimmungen regeln die Grundlagen der Gesellschaft, ihre Beziehungen zu den Aktionären und die Stellung ihrer Organe.[6] Dazu zählen insbesondere die zwingend in die Satzung aufzunehmenden Bestimmungen des § 23 Abs. 3 AktG. Ferner zählen zu den materiellen Satzungsbestimmungen solche, die ergänzend in die Satzung aufgenommen werden, wie z.B. die Festsetzungen über Sacheinlagen und Sachübernahmen nach § 27 Abs. 1 AktG,[7] Gerichtsstandsklauseln,[8] die Feststellung des Geschäftsjahres[9] oder auch Sonderrechte von Aktionären wie z.B. das Entsendungsrecht nach § 101 Abs. 2 AktG.[10] Zunehmend gehören hierzu auch einige Empfehlungen und Anregungen des DCGK, die mittels Regelung in der Satzung für die Gesellschaft, ihre Aktionäre und Dritte rechtlich verbindlich werden. Zu nennen sind zum Beispiel die Aufforderungen, den Aktionären die persönliche Wahrnehmung ihrer Rechte zu erleichtern.[11] Echte Satzungsbestimmungen können nur durch die Änderung der Satzung unter Beachtung ihrer formalen Anforderungen angepasst werden.

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Bei Bestimmungen mit individualrechtlichem Charakter handelt es sich um solche, die nicht das Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu einem unbestimmten Personenkreis regeln und die nicht in der Satzung enthalten zu sein brauchen, um wirksam zu sein. In der Regel geht es um schuldrechtliche Beziehungen der Gesellschaft zu einem einzelnen oder mehreren Gesellschaftern oder einem Dritten.[12] Schuldrechtliche Vereinbarungen binden nur die an ihnen Beteiligten und können nur mit ihrem Einverständnis geändert oder aufgehoben werden.[13] Unechte Satzungsbestimmungen sind nur äußerlich in die Satzung aufgenommen und unterliegen deshalb grds. nicht den für körperschaftsrechtliche Bestimmungen geltenden besonderen Regeln.[14] Maßgeblich ist vielmehr allgemeines Recht. Zu den unechten Satzungsbestimmungen gehören beispielsweise Bestimmungen, die die Geschäftsordnung von Organen der Gesellschaft betreffen.[15] Gründe für die Aufnahme formeller Regelungen in die Satzung können verschiedener Natur sein; z.B. zu Dokumentationszwecken, wenn an sich ein einfacher Beschluss der Hauptversammlung ausreicht wie etwa für die elektronische Übermittlung von Informationen an die Aktionäre einer börsennotierten Gesellschaft nach § 30b Abs. 3 WpHG. Der Aufnahme einer solchen Regelung in die Satzung kommt damit Publizitätswirkung zu.

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