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Da sein
ОглавлениеManchmal bin ich mit Freunden zu Gast in einer Benediktinerabtei. Vor dem Chorgebet werfen sich die Mönche die Kukulle über, versammeln sich im Vorraum, ziehen gemeinsam in die Kirche, verbeugen sich paarweise vor dem Kreuz, nehmen ihren Platz im Chorraum ein. Sie singen den Hymnus und die Psalmen abwechselnd zwischen linker und rechter Seite. Nach einiger Zeit – so mein Eindruck – schwebt im Raum der Kirche ein hin und her schwingender Klang. Die Seele kann mitschwingen. Ich bin hineingenommen in einen heiligen Raum. Wenn zum Magnifikat Weihrauch aufsteigt, brauche ich nur da zu sein, dabei zu sein. Es erinnert mich an die Wolke der Anwesenheit Gottes, die den Tempel von Jerusalem zur Zeit Salomos erfüllte: „Eine Wolke erfüllte das Haus des Herrn … Die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus des Herrn“ (1 Kön 8,10f). Im Beten sind wir hineingenommen in einen Raum Seiner Gegenwart. Nicht nur bei uns. Bei einem Besuch von Mitbrüdern in Japan kamen wir nach Kyoto. Die Anlage des Nishi Hongun-ji, eines buddhistischen Tempels, beeindruckte mich. Wir gingen in das Innere. Ohne Schuhe. Wir setzten uns vorsichtig auf den Tatamiboden. Es war still. Ich spürte die Atmosphäre. Ich konnte mich sammeln, einfach da sein. Als Christ denke ich an den, der sich als „der „Ich-bin-da“ geoffenbart hat. Er ist da: für mich und für alle, zu Hause und – hier.