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Morbus Ménière
ОглавлениеAls Morbus (M.) Ménière – Ménière’sche Krankheit – wird eine Erkrankung des Innenohrs bezeichnet, die anfalls-artig mit
1. Dreh-Schwindel-Anfälle,
2. Hörminderung (meist einseitig/unilateral)
und
3. Tinnitus (Ohrgeräuschen) einhergeht.
Diese Symptome werden bezeichnet als die klassische „Ménière-Trias“.
Hinzu gesellen sich in der Mehrzahl noch
4. vegetativ-funktionelle Beschwerden/Störungen (Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen – Sehstörungen infolge Nystagmus [„Augenzittern“]
Vielmals geht den Akut-Symptomen eine sogen. ‚Aura‘ (nebenbei: wie viele Migräne-Kranke das von ihrer Krankheit her kennen), also Vorboten des Anfalls, voraus.
Es handerlt sich wahrscheinlich um eine „vaso-motorische Labyrinthose“ (also eine nicht-entzündliche Erkrankung des Labyrinths).
Bei Rezidiven wechselt vielmals die Lokalisations-Seite.
Aber:
Bei 10-15% der Ménière-Kranken sind beide Ohrseiten betroffen.
Nebenbei:
Erstmals beschrieben wurde das Krankheitsbild vom französ. HNO-Arzt und Internisten Prosper Ménière (1799-1862); in früheren Zeiten wurde die Krankheit bezeichnet als ‚Vestibularis-Syndrom‘.
Entstehung der Krankheit und Vorkommen
Der M. Ménière ist der bekannteste Vertreter einer Gruppe von Erkrankungen, bei denen eine Beeinträchtigung des Endolymphraumes im menschlichen Innenohr zu beobachten ist.
Beim M. Ménière handelt es sich um einen ‚Sammel- und Oberbegriff’ für verschiedene Formen von labyrinthogenen Symptomen-Komplexen.
Außer dem M. Ménière gehören noch zu diesen vestibulären Erkrankungen:
a) Brunner’sche Krankheit (Otitis interna vasomotorica)
b) M. Perwitzschky (= Angiopathia labyrinthica)
c) Lermoyez-Syndrom (s.u.)
d) von-Frankl-Hochwart-Syndrom (Para- bzw. Pseudo- Menière =
Polyneuritis cerebralis ménièriformis).
Synonym für M. Ménière ist die Angioneurotische Octavus-Krise.
Andere Bezeichnungen für endolymphatische Störungen lauten:
Mnière Syndrom, Fluktuierendes Hörvermögen, Lermoyez-Syndrom (s.u.) und endolymphatischer Hydrops.
Bisher sagten die verwandten Bezeichnungen wenig über die Gründe und Abläufe bei diesen Erkrankungen aus.
Neuerdings werden die Störungen unter dem Begriff Degenerative Vestibulo-Cochleäre Störungen (disorders), kurz DVCD, zusammengefasst.
Was sind die Ursachen?
Bisher ist die Ätiologie [= Ursache(n)] der Krankheit nicht bekannt und auch die patho-physiologischen Abläufe sind noch in großen Teilen unklar.
Bezüglich der Ätiologie und Pathophysiologie besteht eine Arbeits-Hypothese, die besagt, dass die Krankheit wahrscheinlich ausgelöst wird spastische Gefäß-Krisen.
Auch die morphologischen Veränderungen am Endolymphsystem (Erweiterungen des Endolymphschlauches vor allem im Bereich der Schnecke = Cochlea und im Sacculus des Vorhofs) gelten als Mit-Ursache bzw. Auslöser. Neben Druckerhöhung werden Mehrproduktion oder Resorptionsstörungen von Endolymphe (= die klare, lymphartige Flüssigkeit in den Hohlräumen das Labyrinths; diese wird im Saccus endolymphaticus rückresorbiert) durch örtlich-begrenzte funktionelle Durchblutungsstörungen vermutet. Es kommt zur Ausbildung des den M. Menière auslösenden endolymphatischen Hydrops (= krankhafte Ansammlung von Flüssigkeit in Körperhöhlen; s.u.). Die während des Anfalls auftretenden und diesen bewirkenden Drucksteigerungen sollen anfangs reversibel (rückbildbar) sein, mit zunehmender Anfallshäufigkeit und Fortbestehen der Krankheit kommt es zu einer bleibenden und irreversiblen Ektasie (= Lichtungsausweitung) des „Corti-Organs“ [= das auf der ‚Reissner’schen Membran (s.u.) gelegene „Organum spirale“ = das Hörorgan der häutigen Schnecke].
In der Zusammenfassung hinsichtlich möglicher Ursachen für einen M. Menière - und unisono für alle DVCD’s und Endolymphatischen Störungen - gelten:
Immunologische Störungen (Allergien, Unverträglichkeiten), die eine auto-
immunologische Reaktion im Endolymphsystem auslösen;
Veränderung der Blutversorgung durch Gefäßanomalien und/oder
durch Gefäßspasmen (z.B. im Rahmen einer vestibulo-cochleären Migräne)
Störungen der Balance der Stoffwechsel-Prozesse im Endolymph-
Organ durch erbliche, anatomische und/oder traumatische Faktoren
Herderkrankungen an Hals & Kopf mit Auswirkung(en) auf das Innenohr
Störungen/Fehlstellungen/Fehlfunktionen der Halswirbel- und Kiefer-
Gelenke
Wirbelsäulenerkrankungen auch/oder an Brust und Rücken,
die ihrerseits die vegetative Nervenversorgung im Endolymphorgan verschlechtern
Seelische (psychische) Reaktionen und Dysregulationen;
ebensolche
soziale/psychosoziale Verwerfungen und insbesondere auch
Stress
Toxische Belastungen (z.B. Umweltgifte, belastende Zahnmaterialien, Freie
Radikale, Oxidativer Stress), welche eine unmittelbare Auswirkung auf den Stoffwechsel des Endolymphorgans haben
Damit ich es nicht „vergesse“:
Der M. Ménière ist absolut keine Erkrankung der „modernen Jetzt-Zeit“!
Weit gefehlt.
Es dürfte gesichert sein, dass so bekannte wie berühmte Männer wie Vincent van Gogh, Martin Luther, Jonathan Swift und auch Julius Cäsar unter und am Ménière’schen Symptomenkomplex gelitten hatten.
Zurück zum Thema.
Fakt ist:
Das Gesamt-Beschwerdebild ist die Folge einer Erkrankung des ‚häutigen Labyrinths’, vor allem des Vestibularis-Apparates – der Bogengänge – im inneren Ohr. Diese - den M. Ménière auslösende, bewirkende und auch unterhaltende - Erkrankung ist immer vergesellschaftet mit einer generalisierten Ausweitung des membranösen Labyrinths & mit Ausbildung eines „endo-lymphatischen Hydrops“.
Durch diesen Hydrops kommt es zum Riss (Ruptur) der Reissner’ schen Membran (= untere Umkleidung im Schneckengang) und dadurch zum Ausfließen der Endo- in die Perilymphe.
Folge:
Dies löst dann schlag- und kettenreaktionsartig die Trias der klassischen Ménière-Symptome aus:
1. Drehschwindel
2. Schwerhörigkeit
3. Ohrensausen
Diese „Ménière-Trias“ wird zum „Ménière-Quartett“ durch die zumeist zusätzlich vorliegenden Begleitbeschwerden, die
4. Vegetativ-funktionelle Symptome bedingt durch Nystagmus.
Die Schwindel-Attacken treten „schlag- und explosionsartig“ auf.
Es handelt sich dabei um einen „Drehschwindel“.
Dieser Schwindel kann dauern von einigen wenigen Minuten bis zu etlichen Stunden und (in sehr seltenen Fällen) auch 1-2 Tage. Dann lässt der Schwindel langsam an Intensität nach und verschwindet allmählich gänzlich!
Es gibt Menière-Kranke, die nur wenige Anfälle in ihrem Leben erdulden müssen, ohne dass eine bleibende Schwerhörigkeit entsteht, bei anderen Erkrankten verläuft die Erkrankung oft schubweise über Jahre, wobei im Laufe der Zeit meist auf dem betroffenen Ohr eine mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit auftritt und bestehen bleibt.
Das Hörvermögen wird parallel zum Schwindel ebenfalls mehr oder weniger stark in Mitleidenschaft gezogen. Es kommt zur (einseitigen) Schwerhörigkeit und zwar handelt es sich um eine ‚senso-neurale Schallempfindungs-Schwerhörigkeit vom cochlearen Typ’.
Im Tonaudiogramm findet sich charakteristischerweise die „typische Ménière-Wanne“. Außerdem findet sich ein „positives Recruitment“ (= der Lautheitsausgleich bei Schwerhörigkeit; d.h. starke Schallreize werden trotz der erhöhten Hörschwelle auf dem erkrankten Ohr ebenso laut [und oft sogar lauter] empfunden wie auf dem gesunden Ohr).
Das Hörvermögen des erkrankten Ohres schwankt – von leichtgradiger und nur kurze Zeit bestehender Hörminderung bis zum massiven Hörverlust –. Mit Fortdauer der Erkrankung (bzw. mit wiederholten Schwindel-Attacken) neigt das Gehör allerdings zu fortschreitender Verschlechterung. Dies kann (und führt auch dazu) in schweren Verlaufsfällen bis zur völligen Taubheit auf der betroffenen Ohrseite (z.B. so beim berühmten deutschen Komponisten, Ludwig van Beethoven) führen!
Das Ohrgeräusch im Sinne von Ohrensausen (Tinnitus aurium – s. später) wird subjektiv zumeist wahrgenommen als ein dumpfes und tiefes Brummen oder auch als zischende Geräusche. Dieses Geräusch kann dabei entweder konstant oder intermittierend sein und sich sowohl vor, als auch während und/oder nach dem Schwindelanfall verschlimmern.
In vielen Fällen kündigt der Tinnitus den Ménière-Anfall an!
Mit Einsetzen des Schwindels treten auch die vegetativ-funktionellen Symptome bedingt durch Nystagmus schlagartig auf.
Bei dem Nystagmus [= „Augenzittern“] handelt es sich zu allermeist um einen sogen. horizontalen Spontan-Nystagmus und meist zur kranken Seite hin.
Das bedeutet:
Bereits in Ruhestellung - Augen in Fernblickstellung - kommt es zum Auftreten von unwillkürlichen und rhythmischen Augenbewegungen und zwar mit einem „Augenzittern“, wobei einer langsamen Bewegung auf der einen Seite eine schnellere nachfolgt , die zudem in der entgegen gesetzten Richtung erfolgt auf der anderen Seite; und nach der schnelleren wird der Nystagmus benannt.
Eine zweite Variante ist ebenfalls möglich:
Es kommt zu gleichmäßig pendelnden, wellenartigen Bewegungen (= undulierender Nystagmus).
Was die Intensität angeht, so kann es sich um einen fein-, mittel- und grobschlächtigen Nystagmus handeln. Stets handelt es sich beim M. Menière um einen horizontalen (was die Ebene angeht) und um einen spontanen Dreh-Schwindel (was die Schwindelform betrifft).
In sehr vielen Fällen kommt es zur Ausbildung eines spezifischen Phänomens, des sogen. Dandy-Syndroms (benannt nach dem US-amerikan. Neurochirurgen Dandy).
Das heißt:
Bei Bewegungen des Kopfes scheinen sich feststehende Gegenstände zu bewegen.
Bedingt durch den Nystagmus einerseits und den Schwindel andererseits werden dann die vegetativ-funktionellen Symptome ausgelöst. Zumeist sind dies: Sehstörungen (als unmittelbare Folge des Nystagmus) und dann Brechreiz/Übelkeit/Erbrechen; aber auch Hypersalivation (= vermehrter Speichelfluss), Hyperhidrosis (= starke Schweißausbrüche), Diarrhoe (= Durchfall), Blässe und Kopfschmerzen.
Nicht wenige Betroffene klagen über ein wechselndes ‚Verstopfungs- und Druckgefühl’ im betroffenen Ohr.
Beim sogen. Lermoyez-Syndrom - benannt nach dem französ. HNO-Arzt Marcel Lermoyez (1858-1929) - handelt es sich um eine seltene Innenohr-Erkrankung; wie der M. Ménière mit anfallsartigem Charakter. Von einigen Wissenschaftlern wird er als ‚Variante‘ des M. Ménière angesehen - als sogen. „symptomatischer M. Ménière“ - und nicht als eine eigenständige Erkrankung.
Die Symptomatik beim M. Lermoyez ähnelt der des M. Ménière.
Die Patienten leiden während des Anfalls unter Drehschwindel, teilweise mit Tinnitus. Und:
Eine bereits bestehende Schwerhörigkeit bessert sich jedoch im akuten Anfall.
Lermoyez beschrieb 1919 Menière-Patienten, bei denen die typische Symptomatik in sogen. umgekehrter Reihenfolge auftraten. Ohrgeräusche und Hörverlust traten vor den Gleichgewichts-Erscheinungen auf. Die anfängliche Hörminderung verstärkt sich, bis starker Schwindel einsetzt.
In kurzer Zeit erholt sich dann das Gehör jedoch.
Wenn es sich beim M. Lermoyez nicht um die Vorstufe der eigentlichen Ménière-Erkrankung handelt, dann lassen sich die Ursachen suchen und finden in Ohr-Erkrankungen (chron. adhäsive Mittelohrprozesse, Tubenstenose, nicht-eitrige Erkrankungen des Innenohrs; aber auch Lues = Syphilis, Leukämie, Arteriosklerose mit Kreislaufstörungen, Hirntumoren, Multiple Sklerose, hormonelle Dysfunktionen, oder auch allergische und/oder toxische Schädigungen [u.a. Alkohol, Nikotin, Drogen], Infektionsherde, u.a. ...).
Festzuhalten ist:
Ohrgeräusche im Sinne eines Tinnitus [bzw. Pseudo-Tinnitus] und Minderung des Hörvermögens [Schwerhörigkeit] bleiben nach dem ersten Ménière-Anfall bestehen. Die übrigen Symptome bilden sich (weitgehend bis vollständig) zurück.
Und:
Nach dem Ménière-Anfall besteht ansonsten absolutes subjektives Wohlbefinden!
Weiter noch:
Den „typischen Ménière-Kranken“ gibt es (eigentlich) nicht.
Dennoch fällt dem Fachmann auf, dass eine Mehrzahl der Betroffenen ausgeprägt und auffallend ängstlich ist und schnell in Panik gerät und dies bekanntermaßen völlig berechtigt!
Grund: wegen des zumeist plötzlich einsetzenden Anfallsgeschehens.
Zudem handelt es sich oft bei den Betroffenen um „vegetativ labile“ Menschen.
Eine letzte Anmerkung:
30-45% der Patienten berichten über eine Aura (Vorboten der eigentlichen Schwindelattacke), die der Attacke um wenige Minuten vorausgeht. Die Aura besteht aus leichteren oder Teil-Symptomen der Attacke mit Tinnitus, Hörminderung, Ohrdruck oder Völlegefühl im Ohr.
Bei einer großen Zahl von Kranken trten die Beschwerden in sogen. „Clustern“ auf, d.h. Episoden mit häufigen Anfällen und dazwischen Beschwerdefreiheit.
Ursachen
Die Ätiologie des Morbus Menière ist bisher nicht eindeutig geklärt. Diskutiert wird ein Endolymph-Hydrops durch:
eine Abflussstauung bzw. Resorption der Endolymphe im Bereich des Ductus endolymhaticus bzw. Saccus endolymphaticus
eine Überproduktion der Endolymphe im Bereich der Stra vascularis.
Der Hydrops des Endolymphraumes soll einen Riss der „Reissner-Membran“ verursachen, die den Endo- vom Peri-Lymphraum trennt. Dadurch kommt es zur Verschiebung von Kalium von der Endo- zur Perilymphe, die eine Depolarisation der vestibulären und cochleären Haar-Zellen hervorruft.
Entstehung und Vorkommen
Die Krankheit manifestiert sich in der Regel zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr mit einer Inzidenz (Häufigkeit) von ungefähr 50 je 100.000 Einwohner.
In der letzten Zeit - stressbedingt, schadstoffbedingt? – kommt M. Ménière zunehmend aber auch bereits ab dem 25. Lebensjahr vor!
Die Prävalenz liegt bei etwa 0,5%. Männer sind etwas häufiger betroffen.
Bei jedem 5. Patienten konnte eine positive Familienanamnese erhoben werden – zumeist Verwandter 1. Grades –, so dass auch von einem genetischen Faktor ausgegangen werden kann.
Häufig kommt es zu Remissionen und in nicht wenigen Fällen nach dem 1. bzw. 2. Anfall zur sogen. „Spontan-Heilung“. Nicht selten hält die Krankheit aber über Jahrzehnte an. In einigen Fällen kommt es - ohne fassbaren Grund - zum sogen. „Ausbrennen“; d.h. die Krankheits-Aktivität erlischt.
Schweregrade bei M. Ménière
Beim M. Ménière gilt es verschiedene Stadien – nach Prof. Dr. Klaus Jahnke (1994 – ehemaliger Direktor der Uni-HNO-Klinik Essen) – zu unterscheiden:
Akuter Anfall
Stadium I
Fluktuierendes Hörvermögen, da sich nach dem Schwindelanfall (s.o.) vollständig normalisieren kann
Stadium II
Schwindel und fluktuierendes Hörvermögen, das sich spontan bessert, aber nicht mehr normalisiert
Stadium III
Deutliche Hörminderung ohne Fluktuation, weitere Schwindelanfälle
Symptome
Die Akut-Symptomatik des Morbus Ménière ist charakterisiert durch die klassische Symptomen-Trias bzw. -Quartett:
1. anfallsartige Schwindel-Attacken (Drehschwindel)
Oft einhergehend mit Brechreiz, Übelkeit, Erbrechen und häufig dazu mit Orientierungsverlust
2. Hörverlust
Als fluktuierende, einseitige Hör-Minderung während des Schwindel-Anfalls; zu Beginn besteht eine ‚Tiefton-Bass-Schwerhörigkeit‘ (mit einem Frequenz-Verlust bei 500-1.000 Hz), später sind alle Hör-Frequenzen betroffen
3. Ohrgeräusche (Tinnitus aurium) auf der erkrankten Seite
Als ‚Begleit-Symptom‘ tritt meist simultan auf ein
4. Nystagmus
[aufgrund des Nystagmus kann der Kranke seinen Blick nicht auf einen festen Gegenstand fixieren, was seine Standunsicherheit erhöht]
Dazu kommen zumeist sehr rasch noch:
5. vegetativ-funktionelle Beschwerden
(u.a. Ängste bis Panikzustände, Schweißausbrüche, Unruhe, Zittern, Herzrasen)
Hinweis:
Im Intervall zwischen den Ménière-Anfällen leidet der Patient nicht unter Drehschwindel.
Die Symptome Tinnitus, Druckgefühl und Tieftonschwerhörigkeit können jedoch chronisch vorhanden sein und über den Anfall hinaus andauern.
In Bezug auf die Schwerhörigkeit ist oftmals eine Verschlechterung im Verlauf festzustellen: Während sich das Hörvermögen anfänglich nach den Anfällen erholt und vollständig wiederkehrt, ist es möglich, dass bei längerer Erkrankungsdauer das Hörvermögen auch in der beschwerdefreien Zeit vermindert bleibt. In der Regel wird dann eine pantonale Schwerhörigkeit angegeben, die um 40-60 dB liegt. Eine völlige Gehörlosigkeit wird nicht angegeben.
Diagnostik
Man möchte meinen - zumindest der Laie -, dass das eindeutige Vorliegen und Vorkommen des typischen und charakteristischen „Ménière-Symptomen-Trios bzw. Quartetts“ ausreichender Beleg für die Krankheit wäre und dadurch eine weitere und weiter gehend Diagnostik (zumindest in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle) nicht mehr erforderlich wäre, sich also erübrige.
Weit gefehlt!
Es ist – bzw. es sollte so sein! –, dass die Diagnose „M. Ménière“ schlussendlich das Resultat einer ‚Ein- und Ausschluss-Diagnostik’ ist.
Unabdingbar ist – diesem Fachgebiet kommt das uneingeschränkte Primat zu – eine umfassende Untersuchung beim Hals-Nasen-Ohren-Facharzt.
Anmerkung:
Die Diagnose eines Morbus Menière kann gestellt werden, wenn mindestens zwei spontane Anfälle mit Drehschwindel von mindestens 20 Minuten Dauer aufgetreten sind, ein Tinnitus mit oder ohne Druckgefühl auf dem Ohr vorliegt und ein Hörverlust mit audiometrischen Tests objektiviert werden konnte.
1. umfassende, akribische Anamnese
[mit Angabe des bisherigen Krankheitsverlaufs, die Häufigkeit der Anfälle, als Einzel- oder Cluster-Anfälle mit allen Symptomen, die weiteren Symptome, Krankheits-Befürchtungen – kommt Krankheit in der engen Familie vor? – welche weiteren Krankheiten bestehen? – was wurde bisher diagnostisch und therapeutisch vorgenommen? – derzeitige Medikation – Lebensgewohnheiten, Stress, Ansehen in Beruf und Gesellschaft]
2. Basis-Untersuchung
z.B. durch den Hausarzt bzw. hausärztlichen Internisten
mit sofortiger Zuweisung zum HNO-Arzt
3. HNO-ärztliche Untersuchung
mit entsprechenden apparativen Optionen:
3.1 Elektro-Cochleographie
[Testung der Funktionstüchtigkeit der Haarzellen des Hörorgans, sowie des Hörnervs (Vergrößerung des Summen-Aktions-Potentials bei Hydrops)]
3.2 Audiometrische Untersuchungen
[Ménière-typischeHörkurve, Positives ‚Recruitment‘ im SISI-und Fowler-Test, Glyceroltest]
3.3. Weber-Test
[Lateralisierung zur gesunden Seite hin]
3.4 OAE-Test
[OAE = Oto-Akustische Emissionen; d.i. die Messung von Schallaussendungen der äußeren Haarzellen des Innenohrs. Mit den OAE kann gezielt die Funktion der Cochlea (Hörschnecke) geprüft werden]
3.5 BERA-Test
[= Hirnstamm.Audiometrie]
3.6 Gleichgewichtsprüfungen
[Vestibularis-Diagnostik]
3.7 Kernspin-Tomographie/MRT
[zum Nachweis eines endolymphatischen Hydrops]
Hinweis:
Mithilfe dieser Untersuchungen kann die weit überwiegende Zahl von Krankheiten mit dem Symptom „Gleichgewichtsstörungen“ (s.u. Differential-Diagnostik) ausgeschlossen werden!
Differential-Diagnose
Ein Morbus Ménière muss abgegrenzt werden gegen:
Vascular-loop-Syndrom
[dabei führt die Ausbildung einer Gefäßschlinge der Arteria cerebelli inferior posterior im Porus acusticus internus zu einer Kompression von Hirnnerven. Betroffen sind häufig der Nervus vestibulocochlearis, der Nervus facialis und der Nervus trigeminus]
Perilymph-Fistel
Tumarkin-Anfall/Tumarkin-Krise
[wird heute als Sonderform des M. Ménière angesehen – Charakteristisch für einen Tumarkin-Anfall ist ein plötzlicher Sturz aus völligem Wohlbefinden und dies „ohne jegliche Vorwarnung“ /drop attack)! Als weiteres Symptom treten reißende Kopfschmerzen auf. Tumarkin-Anfälle dauern 10 bis 20 Sekunden an und treten in der Regel erst in den späteren Krankheitsstadien des Morbus Ménière auf. Das Bewusstsein bleibt erhalten]
Bandscheiben-Vorfall
Im Bereich der Halswirbelsäule/HWS
Otitis media akuta
Therapie
!Wichtig!
1. Mit als die allererste Maßnahme muss der Kranke dazu angehalten werden, regelmäßig ein „Anfall-Tagebuch“ zu führen!
2. Dann muss dem Kranken – ohne Drohung, was z.B. sonst auf den Kranken zukommen kann/wird – klar erklärt werden, dass es sich bei der Krankheit bzw. deren Behandlung um einen oftmals langwierigen und immer wieder von Rückfällen (Rezidiven) gepflasterten Verlauf handelt.
Last but notg least:
3. Dem Kranken muss klargemacht werden, dass er Gesundung unabdingbar seinen Eigenleistungs-Beitrag einbringen muss.
I. Eigenleistungen des Ménière-Kranken
a. Überprüfung des bisherigen Lebensstils („Lifestyle“)
[Ernährungs-Vorlieben, Spätmahlzeiten, Konsum an Genussmitteln Ruhepasuen, Schlaf (gewohnheiten), Stress-Belastung, berufliche Situation (Kollegen, Vorgesetzte), berufliche Mehrfach-Tätigkeit, Urlaub, Situation in Familie und Gesellschaft – unbedingt nunmehr: fester Wille, die „Fehler“ im Lebensstil auszumerzen und außerdem bereit zu sein, die vorgesehene Behandlung konsequent einzuhalten (Compliance)]
b. Ernährung
[diese sollte sein eine: „Bedarfs-gerechte, frisch zubereitete, Basen-überschüssige Vollwertkost mit enger Anlehnung/Ausrichtung nach der „Mittelmeer-Küche“ und den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. – dabei ist Sorge zu tragen, dass eine stets bedarfs-gerechte Versorgung mit Flüssigkeit (u.a. Mineralwasser, Tee) erfolgt]
c. Genussmittel
1. Rauchen/Tabakwaren
Optimal: Sofort den Konsum in jeglicher Form (von der Zigarette über Kautabak bis zur Shisha) für immer beenden!
2. Alkohol
Sogen. „harte Alkoholika“ (Whiskey, Cognac/Weinbrand, klare Schnäpse, Sekt/ Chamgagner) sollten ab sofort nicht mehr konsumiert werden – alle anderen alkoholischen Getränke sollten nur noch streng limitiert betrunken werden.
Wichtig zu wissen:
Neben der Beendigung des Gebrauchs von Rauchen/Tabak sollte nicht gleichzeitig auch eine Beendigung des Konsums an Alkoholika erfolgen, denn dann kommt es oft zu „Entzungs-Syndromen“!
3. Bohnenkaffee und Schwarztee
Bis zu 2-3 Tassen, Bohnenkaffe und Schwarztee (nur mäßig ‚stark‘ gebraut) zusammengerechnet, können täglich getrunken werden.
Empfehlung:
Anstelle von Bohnenkaffee – zumindest ab mittags/nachmittags – einen Espresso trinken.
Anstelle von Schwarztee – zumindest ab mittags/nachmittags – einen Mate Tee oder noch besser einen Grünen Tee trinken.
4. Süßigkeiten (fest & flüssig)
Vom regelmäßigen und oftmals überreichlichen Verzehr reduzieren auf weniger, weniger oft.
5. Snacks salzig, fettig
Hier gilt dasselbe wie für Süßigkeiten
d. Körperliche Aktivitäten
heißt: regelmäßig und moderat ist allemal besser als nur gelegentlich und dann zuviel für den Körper.
Zu empfehlen:
Outdoor-Maßnahmen sind für den Körper besser als Indoor. – Das Verhältnis sollte sein 60:40 für Outdoor.
Hier kann Jedermann/-Frau sich sein Aktivitäts-Programm nach Vorlieben selsbt zusammenstellen, es sollte aber nicht einförmig sein, sondern es sollte abwechselnde Maßnahmen enthalten.
e.Entschleunigung und ‚Psycho-Balance‘
heißt: Stress und Hektik des Lebensalltags soweit als irgend möglich reduzieren; Unwichtiges – insbesondere privat und im Gesellschaftsleben – weglassen.
Hilfreich: Anwendung eines Entspannungsverfahrens (s. später).
II. Schulmedizinische Therapie(optionen)
Wichtig zu wissen:
Zurzeit (Frühjahr 2021) gibt es keine primäre = Kausal-Therapie des M. Ménière!
Die Behandlung ist ausgelegt auf die Minderung der bestehenden Symptome.
a. Allgemein-Maßnahmen
Vermeidung von Stürzen während eines Ménière-Anfalls – zu empfehlen ist während des akuten Schwindels und der Gleichgewichtsstörungen Hinlegen (Couch, Bett) – Ausschalten von ‚Außenreizen‘ (Fernsehen, Radio, lautes Sprechen)
b. arzneiliche Optionen
Antiemetika
bei/gegen Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen – z.B. Dimenhydrinat, Metoclopramid, Meclozin
Schwindelzustände und Gleichgewichtsprobleme
Behandlung mit z.B. Betahistin zur Verbesserung der Innenohr-Durchblutung und zur Stabilisierung der zentralen Gleichgewichts-Regulation
Kalium-sparende Diuretika
(Kombination Hydrochlorothiazid/HCT + Triamteren) – um den Flüssigkeitsstau im Innenohr auszuschwemmen.
Corticoide
Pikrotoxin
[auch „Cocculin“ genannt – d.i. ein Äquimolar-Gemisch aus zwei natürlich vorkommenden chemische Verbindungen: Picrotoxin + Picrotin: beides Sesquiterpen-Lactone aus der ‚Indischen Scheinmyrte‘ (Cuphea hyssopifolia) – Pikrotoxin erzielt einen relevanten Rückgang von Häufigkeit & Intensität der Schwindel-Attacken]
Gentamycin
Bei starker Belastung des Patienten kann mithilfe von intra- bzw. trans-tympanaler Einbringung des vestibular-toxischen Antibiotikums/AB der Versuch unternommen werden, das Gleichgewichts-Organ völlig auszuschalten.
!Vorsicht!
Diese Schädigung ist „irreversibel“!
Labyrinth-Anästhesie
[Einbringung des Lokal-Anästhetikums durch einen Trommelfellschnitt in das Mittelohr eingebracht. Von dort diffundiert es in das Gleichgewichtsorgan und schaltet es aus]
Zuletzt eine kontrovers-diskutierte und ‚umstrittene‘ Option:
Ginkgo biloba (Fächerblattbaum)
[Dosierung: initial mit 2-3xtgl 240 mg, dann langsam reduzieren und zuletzt ausschleichen]
Meine persönliche Meinung:
Ich habe darunter eine Verbesserung der Innenohr-Durchblutung erreichen können.
c. „Vestibuläre“ Physiotherapie
[Gleichgewichtsübungen können in das Therapieprogramm des Ménière-Patienten eingefügt werden, damit sich keine generelle Stand- und Gang-Unsicherheit entwickelt. Die Sicherheit in der Bewegung wird damit gefördert bzw. kann zum Teil wieder erlangt werden]
d. Innenohr-Chirurgie
[Konnte trotz einer intensiven ‚konservativen‘ Therapie (s.o.) und der Physiotherapie das Ausbleiben der Attacken nicht erreicht werden, dann sollte ein „operativer Eingriff“ in Erwägung gezogen werden.
Möglich Eingriffe sind:
Pauken-Drainage
Sakkotomie
(für die Effektivität dieser OP hat sich in einer Studie keine Evidenz finden lassen!)
[diese OP gilt heute als „obsolet“]
Bei folgenden Eingriffen wird das Hör- bzw. Gleichgewichtsorgan dauerhaft ausgeschaltet:
Neurektomie des Nervus vestibulo-cochlearis
Labyrinthektomie
e. Sonstige Maßnahmen
Ist das Hörvermögen des Patienten in dem Maß beeinträchtigt, dass eine Behinderung der alltäglichen Kommunikation und Aktionen vorliegt, können technische Kompensationshilfen wie ein ‚Hörgerät‘ oder auch das sogen. ‚Lippen-Ablese-Training‘ bis hin zum ‚Cochlea-Implantat‘ in Erwägung gezogen werden.
f. Psychotherapie, Psychiatrische Therapie
Rat: Bei bestehenden diesbezüglichen Beschwerden/Störungen frühzeitig eim Psychiater oder Psychologen zuweisen!
Dort erfolgt dann aufgrund der Untersuchungs-Ergebnisse eine „individuelle und befund-angepasste Therapie“ aus arzneilichen und bes. nicht-arzneilichen Maßnahmen.
III. Biologisch-naturheilkundliche Therapie(optionen)
[wiederum individuell, befund-adaptiert, selektiv, variabel]
Cortisonum (DHU)
Glob D6 und D12
Ds: Erst- und Akut-Phase-Therapie mit je Beschwerdebild 3xtgl 5-7-10 Glob D6 (unter der Zunge zergehen lassen) über die Dauer von 2-3 Wochen, ggfls. auch darüber hinaus – nachgehend dann für mindestens 2-3 Monate 2xtgl 5-7 Glob D12
Gingkobil® (ratiopharm)
Tbl
(Extrakt vom Fächerblattbaum)
Ds: in der Akut-Phase je nach Intensität der Beschwerden Erwachsene und Jugendliche >16 Jahren über 6-8 Wochen 2xtgl 1 Tbl 240mg, Jugendliche und Kinder bis zu 8 Jahren 1xtgl 1 Tbl.; dann langsames Ausschleichen über weitere 6-8 Wochen Erwachsene 2-1xtgl 1 Tbl 120mg, Jugendliche und Kinder bis zu 8 Jahren 1xtgl 1 Tbl. – Tbl. im Mund zergehen lassen; Tropfen unter die Zunge geben
Vertigoheel® (HEEL)
Tbl, Tr
= homöopathisches Komplexmittel
[u.a. Kokkelskörner (Hinweis: in den K.-K. ist erstmals der Wirkstoff „Pikrotoxin“ nachgewiesen wirden!), Gefleckter Schierling, Grauer Amber]
Ds: in der Akut-Phase je nach Intensität und Beschwerden Erwachsene und Jugendliche >12 Jahre 3-5xtgl. 1 Tbl bzw. 30 Tr; Kinder zwischen 7-11 Jahren 2-4xtgl 1 Tbl bzw. 20 Tr, Kinder 4-6 Jahre 2-4xtgl ½ Tbl bzw. 10 Tr
LABO’LIFE-2L ZONA (Labo’Life, Brüssel / Internet)
Kps mit darin enthaltenen Glob
= Arzneimittel der MIT
[IL-2, IFN-alpha, DNA, RNA, SNA®]
Ds: initial über 2 Monate 2xtgl 1 Kps, dann für mindestens weitere 6 Monate 1xtgl 1 Kps
suis-Injeel-Organ-Therapeutika (HEEL)
= homöopathisierte Organ-Therapeutika/OT
mit jeweils 1x1 Amp von:
Os petrosum suis-Injeel (Felsenbeim)
Cerebellum suis-Injeel (Kleinhirn)
Arteria suis-Injeel (Arterie)
Procedere: Mischspritze der 3 Arzneimittel
Ds: Erstbehandlung je nach Schweregrad Serie mit 5-10 Injektionen i.m./i.v. alle 3-4 Tage – Wiederholung nach 6-9 Monaten
Neuraltherapie ‚Ganglion stellatum‘
nach Dr. med. Hanspeter Hemgesberg©
bds. am Mastoid
mit: Vertigoheel® + Gelsemium®-Homaccord (HEEL)
Ds: Erstbehandlung über 2 Wochen (mo-fr = 10x) – danach individuell je nach Klinik
2. Nicht-Arzneiliche Therapie
Verfahren der Bioresonanz ()
[u.a. Oberon®-NLS-Therapie, BICOM® u.a.]
Otosan Ohrenkerze (Functional Cosmetics Campany / u.a. Internet)
Ohrkerze
Ds: in der Akut-Phase 1xtgl optimal am frühen Abend – bei Kindern <8 Jahren nur ½ Kerze.
Akupunktur der Traditionellen Chinesischen Medizin/TCM
Hinweis:
Unbedingt ausgewiesenen und qualifizierten Akupunkteur aufsuchen!
Gyrotonic Expansion System®-Therapy/GEST ()
Entspannungsverfahren
[u.a. Autogenes Training, Yoga, Progressive Muskelentspannung]
Prognose und Krankheitsverlauf
Wie Morbus Ménière im Einzelnen verläuft, ist nicht genau vorhersagbar. In den meisten Fällen verläuft die Krankheit jedoch chronisch. Zwischen den Attacken können lediglich ein paar Tage liegen, aber auch Monate oder sogar Jahre.