Читать книгу Supervision & Coaching - Harald Pühl - Страница 14
Einleitung
ОглавлениеDie systematische Beschäftigung mit den Voraussetzungen und Methoden der Team-Supervision ist noch relativ jüngeren Datums und steckt somit noch in den Anfängen (vgl. Zeitschrift ‚supervision‘ 2/1982; Conrad/Pühl 1983).
Ich möchte deshalb kurz erläutern, was zu meiner Motivation, Teamsupervisor zu werden, wesentlich beigetragen hat, weil ich hier auch das erste Mal erlebt habe, wie unbewusste Gruppenprozesse die sozialpädagogische Arbeit beeinflussen können.
In meiner ersten Stelle als Sozialarbeiter arbeitete ich im Gruppendienst eines Heimes. Dort erlebte ich, die durch die starke Fluktuation der Mitarbeiter keine Auseinandersetzungen über gemeinsame Vorstellungen möglich waren. Beratungsgespräche mit der Heimpsychologin brachen wir nach kurzer Zeit ab, weil wir große Vorbehalte hatten, dass sie nicht vertraulich mit unseren Beiträgen umgeht. Als wir daraufhin eine neutralen Supervisor von außerhalb durchsetzen konnten, erlebte ich eindrucksvolle Veränderungen in den Beziehungen zu den Kollegen und zu den betreuten Jugendlichen:
In unserer Gruppe von Jugendlichen gab es immer wieder Sündenböcke, die von einem Großteil der anderen Jugendlichen stark abgelehnt und diskriminiert wurden. Erst im Laufe der Team-Supervision konnten wir herausfinden, dass auch wir jüngeren Erziehungskollegen einen älteren Mitarbeiter ablehnten. Wir fanden ihn in seiner Arbeit nicht konsequent genug, seine Weichheit den Jugendlichen gegenüber empfanden wir als Nachgiebigkeit, die uns ärgerlich machte. Direkt haben wir dem Kollegen dies nicht sagen können. Vielmehr wurde das Verhalten des Kollegen zum Thema bei ausgedehnten Kneipengesprächen unter uns jüngeren Mitarbeitern. Durch die Team-Supervision kamen wir zu dem Punkt, dass der von uns abgelehnte Kollege in der Gruppe wertvolle ‚mütterliche‘ Anteile einbrachte, die wir erst mal ablehnten, die für die Jugendlichen in ihrem berechtigten Wunsch nach Versorgt werden aber wichtig waren.
Diese Auseinandersetzungen unter uns Erziehern übertrug sich wie automatisch auf unsere betreuten Jugendlichen. Plötzlich finden auch sie an, sich in langen Gesprächen auszutauschen, sich zu sagen, was sie am anderen schätzten und was nicht. Auch, wenn es phantastisch klingen mag, aber ohne dass wir Betreuer direkt mit den Jugendlichen über unsere Auseinandersetzungen im Team gesprochen haben, übertrug sich unsere geänderte Einstellung auch auf die Jugendlichen und veränderte das gesamte Klima der Gruppe. Die destruktiven Belästigungen einzelner Jugendlicher hörten schlagartig und nachhaltig auf.
Für mich hat sich hier gezeigt, wie stark sich atmosphärisch Haltungen und Einstellungen übertragen. Oder anders ausgedrückt, wie sich unbewusste Prozesse in den Gruppen widerspiegeln.
Vielleicht zeigt dieses kleine Beispiel auch, in welcher Weise Team-Supervision wirksam werden kann. Letztlich geht es immer um die Verbesserung der Situation der Klienten , und dazu ist freilich der ‚Umweg‘ über die Betreuer und Berater nötig.
Nach meiner Supervisorenausbildung berate ich nun selbst seit mehreren Jahren Arbeitsteams, in erster Linie Erzieher, Sozialarbeiter und Pädagogen. Nach meinen Erfahrungen wünschen fast alle Teams dann eine Supervision, wenn sie ihre Konflikte untereinander selbst nicht mehr klären können.