Читать книгу Türen - Harry Flatt-Heckert - Страница 14

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Für immer. Das war schon sehr früh ein Gedanke, der mir auf eigenartige Weise ambivalent war. Dass meine Mutter für immer tot sein würde und ich sie für immer vermissen werden müsste, erschreckte mich zwar als Kind, die Hoffnung, dass mein Vater ebenfalls für immer von mir gegangen war, erfüllte mich später dagegen mit tiefer Ruhe und Entspannung. Ich vermisste ihn nicht. Überhaupt nicht. Es war für mich eine regelrechte Befreiung. Denn nun würde ich für immer Ruhe haben. Das durfte ich natürlich niemandem sagen. Dafür hätte niemand Verständnis gehabt. Wie auch? Aber das erwartete ich auch nicht. Ich musste auch gar nicht darüber reden, ich redete ja ohnehin nicht viel. Ich redete nicht, und mit mir wollte eigentlich auch nie wirklich jemand reden. Allerdings war auch zu befürchten, dass ich dafür dieses diffuse Schuldgefühl, das mich seit dem Tod meiner Eltern beschlichen hatte, ebenfalls für immer behalten würde. Es gab mir natürlich niemand offen die Schuld daran. Aber sie ließen mich spüren, dass ich es war. Sie ließen es mich spüren und hofften gleichzeitig, dass ich es nicht merken würde. So, wie ich nie etwas merkte. Meinten sie.

Dass ich aller Voraussicht nach und hoffentlich nicht für immer bei Tante Hedwig, Onkel Franz und meinen nervenden Cousinen würde leben müssen, weil ich ja ganz sicher und ganz bestimmt irgendwann auf eigenen Beinen stehen würde, war eine durchaus anzustrebende Aussicht. Auch die Gewissheit, dass meine Zeit auf dem blöden Gymnasium in Schillig, das ich so sehr hasste, auch nicht mehr für immer dauern würde, erfüllte mich mit unbändiger Vorfreude auf das Ende von „für immer“. Dafür würde ich wohl sicher auch für immer als Loser in die Annalen der Schule eingehen. Für immer würde ich die Flasche, der Hansel, das Synonym für Versagertum sein. Aber was scherte mich das? „Für immer“ war also für mich ein durchaus zweischneidiges Schwert. Einerseits beruhigte mich der Gedanke an Konstanz, an Stetigkeit und Verlässlichkeit, weil ich mich so nicht ständig auf etwas Neues einstellen musste. Ich hasste Veränderung. Andererseits ängstigte mich dieser Gedanke auch, weil er mir so wenige Ausstiegchancen ließ. Das war diese unheimliche Ambivalenz, die mich so verwirrte. Dieses Einerseits und das Andererseits. Ich musste das wohl aushalten, wie es schien. Für immer.

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