Читать книгу Operation Sandmann Band 1 - Harry Urben - Страница 7
2 Die Ankunft
ОглавлениеDas gigantische kugelrunde Raumschiff näherte sich mit gedrosselter Geschwindigkeit dem nach einer ersten Analyse 3.500 Kilometer messenden Mond, der in einer gebundenen Rotation um den blauen Planeten kreiste. Es wurde entschieden, das Mutterschiff vorerst in einen lunaren Parkorbit zu bringen, um von dort aus das eigentliche Ziel zu erkunden. Die künstliche Intelligenz diagnostizierte, dass wegen der äußerst unwirtlichen Beschaffenheit der Oberfläche sowie der gänzlich fehlenden Atmosphäre und somit einer tödlichen Strahlenbelastung auf dem Trabanten des blauen Planeten kein Leben zu erwarten sei. Deshalb war er für die Aliens vorerst von geringerem Interesse und es wurde keine lunare Landung geplant.
Nachdem das Mutterschiff den endgültigen kreisrunden Orbit um den Mond erreicht hatte, wurden die Vorbereitungen für eine einzelne unbemannte Erkundungskapsel abgeschlossen. Diese hatte die Aufgabe, zur Erde zu fliegen und dort in der Atmosphäre zwanzig kleine Aufklärungsdrohnen auszusetzen. Je nach Ergebnis der Analysen sollte dann das Mutterschiff folgen und in einen Orbit um den Planeten einschwenken. Erst vor Ort würde dann entschieden, ob die zwölf vorgesehenen Landekapseln bemannt oder nur mit Robotern ausgerüstet werden sollten. Es war zwar zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen, dass die Aufklärungsdrohnen selbst auf dem Planeten landen sollten, aber sie waren natürlich auch für solche Aktionen ausgerüstet.
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Die autonome Erkundungskapsel hatte die obere Mesosphärenschicht erreicht und schoss die erste der runden scheibenförmigen Aufklärungsdrohnen in eine tiefere Schicht der Atmosphäre. Nach einer horizontalen Standortänderung von mehreren tausend Kilometern wurde die nächste Drohne freigesetzt. Nach diesem Procedere wurden alle zwanzig Drohnen in der Erdatmosphäre verteilt. Die Drohnen änderten nach einem vorprogrammierten Ablauf die vertikale und horizontale Position in der Atmosphäre und sammelten Luftproben, die umgehend automatisch analysiert wurden. Zudem wurde die Topographie mit Sensoren abgetastet und visuell aufgezeichnet. Sämtliche Resultate wurden von der Erkundungskapsel zum Mutterschiff übermittelt und dort von den Wissenschaftlern ausgewertet.
Eine der Drohnen, die sich über der heute als Borneo bekannten Landmasse befand, sank langsam bis etwa fünfhundert Meter über den Grund. Aus dieser Perspektive waren einzelne riesige Bäume eines dichten Dschungels erkennbar. Sie ragten weit über den grünen Waldteppich hinaus. Organisches Leben war zwar reichlich vorhanden, aber höhere Lebensformen waren aus dieser Höhe im Dickicht des Dschungels keine erkennbar.
Eine andere Drohne flog tausende Kilometer entfernt über eine weite, von vereinzelten Baumgruppen durchsetzte Steppe. In der Nähe einer solchen Baumgruppe entdeckte der Bewegungssensor etwas ungewöhnliches. Dutzende graubraune vierbeinige Wesen stapften gemächlich auf säulenartigen Beinen durch das hohe Gras. Die Drohne ließ sich bis auf fünfzehn Meter sinken, um die riesigen Lebewesen genauer zu analysieren. Neugierig blieben die Giganten stehen und klappten zwei fächerartige Ohren aufgeregt auf und zu. Vorne am bulligen Kopf befanden sich je zwei lange, nach unten gekrümmte Stoßzähne und dazwischen eine rüsselartige Nase, die nun witternd in die Höhe gereckt wurde. Da von der Drohne kein Geräusch ausging und sie auch sonst keine Gefahr darzustellen schien, blieben die Lebewesen, die als Gomphotherium - den urzeitlichen Vorfahren der heutigen afrikanischen Elefanten - bekannt sind, einfach nur stehen. Sie beobachteten gleichgültig die leicht gewölbte Scheibe, die langsam in sicherer Distanz die Herde umkreiste.
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Laufend wurden die Daten der einzelnen Drohnen von der im Erdorbit kreisenden Erkundungskapsel an das Mutterschiff weiter geleitet. Die Wissenschaftler an Bord klassifizierten die einzelnen Lebensformen in verschiedene Entwicklungsstufen. Intelligentes Leben konnte allerdings in keiner Form nachgewiesen werden, was jedoch nicht zwingend bedeuten musste, dass keines vorhanden war.
Am vierten Tag der Erderkundung ereignete sich ein Vorfall, der die weiteren Vorgehensweisen der Drohnenflüge maßgeblich beeinflussen sollte. Auf einer großen Insel in der nördlichen Hemisphäre - dem heutigen Island - ging eine der Drohnen auf spektakuläre Art und Weise verloren. Sie war in langsamem Tiefflug über die geologisch interessante Insel einem engen Tal gefolgt, als urplötzlich ein gigantischer heißer Wasserstrahl mit extrem hohen Druck die Drohne traf und aus der Bahn warf. Zwar versuchte die KI noch eine rettende Kurskorrektur vorzunehmen, aber dafür war es zu spät. Durch die
Fliehkraft wurde die Drohne gegen eine Felswand gedrückt und zerbarst in mehrere Teile. Der ganze Vorfall wurde in Echtzeit an die Erkundungssonde im Orbit übertragen und von dort zum Mutterschiff weitergeleitet. Eine sofortige Analyse des Bildmaterials und der Flugdaten entkräftete die erste Vermutung einer absichtlichen Attacke. Es war allem Anschein nach nur ein unglücklicher Zufall gewesen. Aufgrund des Ereignisses wurde für alle weiteren Drohnenflüge ein Sicherheitsabstand von hundert Metern über Grund festgelegt und entsprechend fernprogrammiert.
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Der Kommandant besprach mit seinen engsten Mitarbeitern und dem wissenschaftlichen Leiter das weitere Vorgehen.
»Wir wissen, dass die Atmosphäre dieses Planeten ideale Bedingungen für höheres Leben bietet. Ob darunter auch Kandidaten für eine intelligente Entwicklung zu finden sind, werden wir auf den nächsten Expeditionen herausfinden. Die bisher bewährte Zusammensetzung von Zweierteams mit Roboterunterstützung scheint auch hier angebracht zu sein. Die Zusammensetzung und der Druck der Atemluft auf dem Planeten stellt für uns kein Problem dar. Wir können auf Schutzanzüge verzichten. Aber aufgrund der Artenvielfalt an Lebewesen möchte ich, dass jeder Expeditionsteilnehmer trotz der Roboter seine persönliche Selbstschutzwaffe mit sich führt.«
Der wissenschaftliche Leiter der Aliens richtete seine Gedanken an alle Anwesenden.
»Prädestiniert für unsere Versuche sind vor allem Spezies ab einem gewissen Hirnvolumen. Sie sollten geeignete Gliedmaßen zur Werkzeugherstellung und -benutzung aufweisen. Von den Drohnen sind zwar bis jetzt noch keine entsprechenden Lebewesen entdeckt worden, aber die Voraussetzungen auf diesem Planeten sind trotzdem vielversprechend.«
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Nachdem nun sichergestellt war, dass keinerlei Bedrohung etwa durch eine mögliche versteckte hochzivilisierte Spezies zu befürchten war, beschloss der Kommandant die Verlegung des Mutterschiffs von der Mondumlaufbahn in einen weiten kreisrunden Erdorbit. Von dort aus konnten neben der Suche nach höher entwickeltem Leben mit den Sensoren an Bord die oberflächlichen Bodenschätze geortet werden, die dann von den Landeteams genauer spezifiziert werden sollten. Für die Antriebsenergie des Mutterschiffes war zwar auf lange Zeit hin gesorgt, aber andere Ressourcen beispielsweise für die Landekapseln oder die Drohnen mussten regelmäßig beschafft werden. In einem so gewaltigen Raumschiff gab es auch immer wieder Reparaturen jeglicher Art zu verrichten und die dafür benötigten Rohmaterialien waren an Bord nicht endlos vorhanden.
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Nach Erreichen eines kreisrunden Orbits rund tausend Kilometer über der Erdoberfläche öffneten sich sechs Schleusentore gleichzeitig und entließen im Abstand von wenigen Minuten je zwei Landekapseln in das All. Sogleich begannen die zwölf Kapseln mit dem Abstieg, wo beim Eintritt in die oberste Atmosphärenschicht durch kurze Bremsmanöver der Triebwerke die Sinkgeschwindigkeit angepasst wurde. Die Eintrittsgeschwindigkeit in die dichtere Atmosphärenschicht wurde soweit reduziert, dass die Luftreibung keine markante Erhitzung der Außenhülle verursachen konnte. Solche Flugmanöver, die eigentlich allen astrophysikalischen Gesetzen widersprachen, konnten von den Landefahrzeugen der Aliens nur mittels fortschrittlicher Technik und Effektivität der Antriebe erreicht werden.
Die Landezonen waren aufgrund der Ereignisse während den Erkundungsflügen der Drohnen sehr sorgfältig ausgewählt worden. Die vielversprechendsten Gegenden befanden sich im Tropengürtel eines heute als Afrika bekannten Kontinentes. Sechs der zwölf Landekapseln flogen in Formation rund tausend Kilometer südlich des Äquators. Nach einiger Zeit löste sich die Formation auf und jede Kapsel steuerte in eine andere Richtung.
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Am Oberlauf des Sambesi-Flusses im heutigen Grenzgebiet zwischen Angola und Kongo folgte eine Gruppe von kleinwüchsigen affenartigen, mehrheitlich aufrecht gehenden Hominiden einem ausgetrockneten Flussbett. Diese Wesen werden nach aktuellem Wissensstand den Australopithecus zugeordnet. Geschickt die Deckung der spärlichen Büsche ausnutzend pirschten sie sich an eine friedlich grasende Antilopenherde heran. Einige von ihnen stützten sich auf lange stockartige Äste. Langsam kreisten sie die Zwergantilopen ein. Sie verständigten sich gegenseitig mit Gesten. Plötzlich hoben die Antilopen ruckartig ihre Köpfe. Ein seltsames Rauschen war zu hören. Auch die Hominiden schauten suchend um sich. Die Antilopen begannen nervös hin und her zu trippeln. Sie hatten die sich heranpirschenden Jäger längst bemerkt, aber ihre Aufmerksamkeit galt nun etwas ganz anderem.
Ein dunkler Schatten wie von einer Gewitterwolke legte sich schlagartig über das Flusstal. Die Antilopen stoben in großen Sprüngen panisch davon. Die affenähnlichen Jäger hoben erstaunt den Kopf in Richtung Himmel und sahen etwas seltsames Fremdes über sich schweben. Eine große schwarze Kugel näherte sich dem Talboden. Ein durchdringendes Sirren erfüllte die Luft. Etwa zwanzig Meter über dem Boden fuhren sechs teleskopartige Landebeine aus der Kugel.
Die Hominiden blieben wie angewurzelt stehen und betrachteten angsterfüllt mit offenem Mund und aufgerissenen Augen das Geschehen. Als sich jedoch unter der Kugel eine Plattform mit einem riesigen Roboter zum Boden senkte, ließ der Fluchtinstinkt die Gruppe Hominiden blitzartig in alle Richtungen davon rennen. Einer von ihnen strauchelte in dem lockeren Sand des Flussbettes und fiel so unglücklich auf einen flachen Stein, dass er kurzfristig das Bewusstsein verlor. Als er wieder zu sich kam, war er vor Schreck wie gelähmt. Über ihm stand eine riesige Gestalt und starrte ihn mit schwarzen ausdruckslosen Augen an. Unfähig sich zu bewegen, fühlte er, wie ihn der Roboter mit seinen klauenartigen Fingern im Genick packte und wie eine junge Raubkatze vom Boden hob.
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Festgeschnallt auf einer Art Untersuchungstisch blickte der kleine Hominide angsterfüllt um sich. Die zwei großen Gestalten, die an einer Apparatur hantierten, schienen ihn nicht zu beachten. Er versuchte sich verzweifelt zu befreien, was ihm jedoch aufgrund der strammen Bandagen um seine Arme und Beine nicht gelang. Einer der Aliens drehte sich um und beugte sich über ihn. Leise gab er eine lange Folge summender Laute von sich, die offensichtlich eine beruhigende Wirkung auf den kleinen Kerl hatten. Er entspannte sich zusehends und bemerkte nicht einmal, wie ihm der Alien eine feine Kanüle in die Armbeuge stach. Langsam glitt er in einen Dämmerzustand ohne jedoch das Bewusstsein ganz zu verlieren. Der Alien tippte auf einer mit Symbolen versehenen Tastaturfolie des DNS-Diagnosegerätes eine Abfolge von Befehlen ein. In wenigen Minuten wurden sämtliche relevanten genetischen Werte des Hominiden analysiert und angezeigt.
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»Diese Spezies ist prädestiniert für einen künstlichen Evolutionssprung. In vier bis fünf Generationen kann das Ziel erreicht werden. Die anderen Teams haben ähnliche Lebewesen entdeckt, aber diese Art hier scheint von allen am besten geeignet zu sein. Für die genetische Umformung brauchen wir aber mehrere Exemplare dieser aus zwei Geschlechtern bestehenden Gattung. Für eine erfolgreiche Weiterzüchtung brauchen wir von beiden genug.«
Der wissenschaftliche Leiter richtete seine Gedanken an den Kommandanten. Dieser überlegte kurz und befürwortete den Vorschlag.
»So soll es sein. Wir senden nochmals mehrere Teams auf die Suche nach Artgenossen dieser Spezies. Sei dafür besorgt, dass bei ihm jegliche Erinnerung an die Untersuchung gelöscht wird und setzt ihn möglichst nahe am Fundort wieder aus.«
Nachdenklich schaute der Kommandant auf die riesige holografische Darstellung, welche die langsam unter ihnen vorbeiziehende Erdoberfläche zeigte. Mit speziellen Filtern konnte die dichte, mit Feuchtigkeit vollgesogene Atmosphäre ausgeblendet werden, so dass ein störungsfreier Blick auf die äußerst interessante Topographie möglich war. Äußerlich ruhig betrachtete er die Landschaft, die in hoher Auflösung in dem Hologramm dargestellt wurde. Seine Gedanken jedoch überschlugen sich. So lange waren sie nun schon zwischen den Galaxien unterwegs und hatten außer zahllosen rohstoffreichen Himmelskörpern noch kein einziges Planetensystem mit höher entwickelten Lebensformen gefunden. Aber nun schien die Suche ein Ende zu haben, denn endlich war es ihnen gelungen, einen für ihre Zwecke geeigneten Planeten ausfindig zu machen. Die Zerstörung ihres Heimatplaneten zwang sie zu einem ultimativen Vorgehen. Durch die genetische Vermischung mit geeigneten Lebensformen würde der Fortbestand der eigenen Spezies endlich gesichert sein.
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Nach einer Beobachtungszeitspanne von etlichen Dekaden waren die Wissenschaftler an Bord des intergalaktischen Raumschiffes überzeugt, dass der künstlich herbeigeführte Evolutionssprung bei den selektierten Lebewesen auf dem blauen Planeten erfolgreich war. In regelmäßigen Intervallen flogen die mit künstlicher Intelligenz gesteuerten Erkundungsroboter auf den Planeten, um die Entwicklung der mutierenden Hominiden zu überwachen. Die Fortschritte waren unübersehbar.
Aber etwas anderes machte sich auch bemerkbar. Immer häufiger meldeten die Roboter klimabedingte Abwanderungen der Lebensformen aus den Steppengebieten des südlichen Äquatorgürtels. Die sprunghaften Temperaturanstiege und die daraus resultierenden Dürren zwangen die meisten Lebewesen zur Suche nach fruchtbareren Regionen. Die überwachten Hominiden sammelten sich zu großen Gruppen und wandten sich aufgrund der geologischen Gegebenheiten größtenteils nach Norden. Die koordinierten Wanderungen sowie die Herstellung von Werkzeugen wurden von den Aliens wohlwollend als positive Prognose der geistigen Weiterentwicklung der Hominiden gewertet.
Nach eingehender Beratung wurde entschieden, der weiteren Evolution ihren freien Lauf zu lassen und den Planeten nur noch sporadisch zu Kontrollzwecken zu besuchen. Schließlich gab es in dieser Galaxie noch andere unerforschte Regionen, die auf ihre Entdeckung warteten...